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Dieser Surf-Profi segelt um die Welt mit einer Mission: «Ich will den Menschen klarmachen, dass das Meer voller Plastik ist – obwohl man es nicht sieht»

Dieser Surf-Profi segelt um die Welt mit einer Mission: «Ich will den Menschen klarmachen, dass das Meer voller Plastik ist – obwohl man es nicht sieht»

Der Windsurfprofi Florian Jung hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Meer – und damit seinen Arbeitsplatz – vor der völligen Verschmutzung zu retten. Für seine Mission hat er mit einem Katamaran den Atlantik überquert.
18.06.2015, 11:5818.06.2015, 17:17
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Profiwindsurfer Florian Jung will die Ozeane retten
Florian Jung ist einer der wenigen deutschen Windsurfer, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat.
quelle: pierre bouras / pierre bouras
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Florian, gemeinsam mit deinem Team bist du 72 Tage quer durch den Atlantik gereist, um die Ozeane vor dem Plastik zu retten. Wie bist du auf diese Idee gekommen?
Florian Jung: Letztes Jahr war ich zum Surfen auf Bali – und das hat wirklich keinen Spass mehr gemacht. Es hat dort so gestunken, das hat mich angeekelt. Dort schwamm nicht einfach nur Plastik im Meer, sondern auch anderes Abwasser. Da ist mir klar geworden, dass ich gegen die Meeresverschmutzung kämpfen und ein Zeichen setzen will.

Ist dir das Problem erst dort so bewusst geworden? 
Nein, ich surfe auch viel in Marseille. In meiner Wahrnehmung ist das der dreckigste Spot in ganz Europa. Dort ist es vielleicht nicht ganz so schlimm wie in Indonesien, aber letztlich ist das Problem überall vorhanden und es betrifft uns alle.

Florian Jung in seinem Element.Bild: Pierre Bouras

Wie genau kommt bei eurer Atlantik-Überquerung der Umweltschutz ins Spiel? 
Während der gesamten Reise haben wir – sofern es nicht gerade gestürmt hat – ein sehr engmaschiges Planktonnetz hinter uns hergezogen. So konnten wir Mikropartikel aus den verschiedenen Zonen sammeln, die nun im Labor untersucht werden. Die Ergebnisse werden uns Aufschluss darüber geben, wo das Plastik, das im Meer herumschwimmt, genau herkommt. Ausserdem fliessen die Ergebnisse in eine grösser angelegte Studie aus den USA ein.

Fährt man mit dem Boot durch riesige Plastikteppiche, oder wie darf ich mir das vorstellen? 
Das ist eben genau das Problem. Die Leute fragen mich jetzt die ganze Zeit: «Warum hast du mir gar keine Fotos von dem ganzen Plastik geschickt?» Grundsätzlich sah das Meer auf unserer Reise ganz normal – also blau – aus. Natürlich kommt einem hier und da mal eine Plastiktonne oder Müll, den andere Menschen vom Boot aus ins Meer geworfen haben, entgegen. Aber das eigentliche Problem ist der grosse Teppich, der sich unter der Wasseroberfläche befindet.

Was man mitten im Ozean so findet.
Was man mitten im Ozean so findet.Bild: Pierre Bouras

Und den sieht man nicht? 
Nein, dieser Teppich besteht aus winzig kleinen Plastikpartikeln. Aber gerade weil sie so klein sind, sind sie so gefährlich. Das Plankton und all die Fische, die dort leben, sind voll davon – und verenden deswegen kläglich. Die Tatsache, dass dieser Teppich aber quasi unsichtbar ist, macht das Thema für die Menschen so schwer greifbar. Unser Ziel ist es, zu zeigen, dass es ihn aber wirklich gibt. Würden im Meer richtige Berge von Plastik rumschwimmen, wäre das deutlich einfacher.

Hast du eine Idee, wie man dieses unsichtbare Problem sichtbar machen kann? 
An manchen Stellen ist das Plastik durchaus sichtbar. Zum Beispiel an den Stränden. Während unserer Tour haben wir an mehreren Spots gemeinsam mit Kindern die Strände aufgeräumt. Es ist mir ein Anliegen, dass vor allem Kinder auf das Problem aufmerksam gemacht werden. Aber vielleicht gibt es bald auch eine Möglichkeit, den grossen Plastikteppich mitten im Meer sichtbar zu machen.

Wie das? 
Es gibt ein Forschungsteam, das versucht, diesen Plastikteppich auf Satellitenbildern sichtbar zu machen. Diesem Projekt werden wir unsere Daten zur Verfügung stellen. Und wenn unsere Ergebnisse mit deren Satellitenbildern zusammenpassen, wäre das ein grosser Schritt. Im Moment steckt dieses Projekt aber noch in den Kinderschuhen.

Zusammen mit einheimischen Kindern wird der Strand aufgeräumt.Bild: Pierre Bouras

Zu Beginn habt ihr noch auf einigen Inseln ein paar Zwischenstopps hingelegt. Und dann ging es einmal über den Atlantik. 
Genau, die längste Etappe war 2700 Seemeilen lang, das sind etwa 5000 Kilometer. Dafür haben wir 15 Tage gebraucht.

Was war das für ein Team, mit dem du unterwegs warst? 
Unsere Crew bestand jeweils aus sieben oder acht Leuten. Der Kapitän, die Meeresbiologin und ich – wir waren während des gesamten Trips dabei. Und dann gab es noch weitere Athleten, Umweltschützer, Fotografen und Kamerateams, die abwechselnd dabei waren.

Mit diesem Katamaran war die Crew rund um Florian Jung 72 Tage lang unterwegs.
Mit diesem Katamaran war die Crew rund um Florian Jung 72 Tage lang unterwegs.Bild: PIERRE BOURAS 

Und mit was für einer Art von Boot seid ihr gereist? 
Ich habe mich für einen 16 Meter langen Katamaran entschieden. Ein solches Boot ist zwar auf hoher See nicht so einfach zu segeln – vor allem wenn es stürmt –, aber es bietet unheimlich viel Platz. Da wir mit unseren Surf-Brettern und dem ganzen Tauchequipment wahnsinnig viel Gepäck hatten, war der Katamaran für diese Mission ideal. Und dann braucht es auch noch einen Kapitän, der bei einem solchen Trip mitmachen will. Denn ich selber bin zwar Windsurfprofi – aber kein Segler.

Dann hat eigentlich der Kapitän die meiste Arbeit geleistet? 
Nicht ganz. Ich musste einen Crashkurs machen und mir das Segeln relativ schnell aneignen. Denn drei von uns haben den Katamaran im Wechsel für jeweils drei Stunden gesteuert. Dafür hat mir der Kapitän nachher auch freie Hand gelassen. Das hat super gepasst.

Ist es nicht gefährlich, mit einem verhältnismässig kleinen Boot quer über den Atlantik zu segeln? 
Wir sind schon in ein paar Stürme geraten, die waren nicht ganz ohne. Da können die kleinsten Fehler dazu führen, dass etwas kaputt geht. Ich habe das Boot einmal übersteuert, da ist das Segel umgeschlagen und gerissen. Zum Glück konnten wir es bergen und notdürftig flicken, denn vom Segel hängt das Leben der Leute an Bord ab. Es hat uns zum Teil ganz schön herumgeschleudert. Die Hauptsache ist aber, dass niemand über Bord gegangen ist. Denn unter solchen Bedingungen kommst du da unter Umständen nicht mehr wieder zurück.

Mit Sack und Pack unterwegs auf dem Ozean.
Mit Sack und Pack unterwegs auf dem Ozean.Bild: Pierre Bouras
«Es war eine persönliche Herausforderung, den Atlantik zu überqueren.»
Florian Jung

Warum hast du dich für einen so risikoreichen Trip entschieden, um auf das Problem der Wasserverschmutzung aufmerksam zu machen? 
Wenn du eine Exkursion in dem Bereich machen willst, dann kannst du nicht einfach mal zwei Tage übers Meer schippern und das war's dann. Wir wollen den Menschen die vielen verschiedenen Facetten des Meeres aufzeigen. Ausserdem war es auch für mich eine persönliche Herausforderung, den Atlantik zu überqueren. Und letztlich sind es auch diese abenteuerlichen und sportlichen Aspekte, mit denen wir das Interesse der Leute wecken wollen.

Warum sollte gerade dein Projekt die Leute aufrütteln, wie willst du das hinbekommen? 
Die Verbindung von Sport und Wissenschaft hebt mein Projekt von anderen ab. Mit der Doku, die am Ende entsteht, will ich das Problem der Umweltverschmutzung aus der Sicht eines Windsurfers aufzeigen. Vor allem junge Menschen kann ich damit vielleicht aufrütteln.

Wann und wo soll diese Doku erscheinen? 
Geplant ist, dass wir Ende des Jahres fertig sind. Wahrscheinlich wird sie dann an Filmfestivals gezeigt. Vielleicht kommt sie aber auch ins Kino. Auch eine Kooperation mit einem TV-Sender wäre denkbar. Das ist aber alles noch nicht sicher.

Was bedeutet dieser Trip für dich persönlich? 
Dieses Projekt bot für mich genau den richtigen Mix: Es war ein absolutes Abenteuer und ich konnte selber wahnsinnig viel über unsere Meere lernen. Denn bisher habe ich die Ozeane ja meist nur zum Schwimmen oder Windsurfen genutzt – also um einfach nur die Natur zu geniessen.

Der Trailer zur Aquapower-Expedition:

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