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Rassismus

«Heulneger»: Offener Hass gegen Niederländerin, die vom TV in die Politik wechselte

«Heulneger»: Offener Hass gegen Niederländerin, die vom TV in die Politik wechselte

31.05.2016, 14:3831.05.2016, 14:57
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Sylvana Simons muss sich mit offenem Rassismus herumschlagen.
Sylvana Simons muss sich mit offenem Rassismus herumschlagen.
Bild: EPA/ANP

Eine schwarze Niederländerin wechselt vom TV in die Politik. Ihr Lohn: ein Shit-Storm. Der blanke Rassismus schockt die Niederländer. Wo ist die Toleranz geblieben?

Vom TV-Star zum Volksfeind Nummer eins

Der Fall der Niederländerin Sylvana Simons war tief und schnell. Die ehemalige Moderatorin populärer Shows will im nächsten Frühling für die neue Partei «Denk» von zwei türkischstämmigen Abgeordneten ins nationale Parlament einziehen. Die Reaktion auf die Kandidatur war heftig. Ein wahrer Shit-Storm traf die 45-Jährige. Warum? Sie ist schwarz.

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Bild: EPA/ANP

Simons, die als Zweijährige mit ihren Eltern aus der früheren Kolonie Surinam in die Niederlande gekommen war, ist eine starke Frau mit ebenso starken Ansichten zu Diskriminierung in den Niederlanden. Sie warf Niederländern «strukturellen Rassismus» vor.

«Heulneger» und «Affe» wurde sie beschimpft. «Geh zurück in dein eigenes Land». Auf Facebook wurde die Seite «Abschied von Sylvana» eingerichtet, um ihren Rausschmiss aus dem Land gross zu feiern. Zehntausende klickten: «Gefällt mir». Inzwischen wurde die Seite gesperrt.

Rutte kritisiert asoziales Verhalten

«Es ist widerlich und asoziales Verhalten», verurteilte Premier Mark Rutte die Attacken. Hass, Häme und Hohn waren so massiv, dass inzwischen auch die Staatsanwaltschaft ermittelt. Für Sylvana Simons selbst war es nicht neu. Sie kennt solche Attacken.

Sylvana Simons vor einem Jahr über den alltäglichen Rassismus, den sie erlebt.
YouTube/RTL Late Night

Seit der Rechtspopulist Pim Fortuyn 2002 ermordet worden war, ist das öffentliche Klima vergiftet. Vor allem im Internet gingen alle Schleusen auf, und die gröbsten Beleidigungen und Hass-Attacken gegen Migranten, Schwarze und Muslime gehören zur Tagesordnung. Und nicht nur im Internet.

Der Rechtspopulist Geert Wilders lotet seit über zehn Jahren die Grenzen des Erlaubten aus. Mit Tiraden gegen den Islam und Muslime setzt er den Ton. Der Rechtsaussen mit der platinblonden Haartolle macht sich stark gegen den «Moloch Brüssel», die «Islamisierung» und die «Überfremdung» und ist daher für viele ein Held.

Längst verstecken sich die Autoren der hasserfüllten Kommentare nicht mehr hinter anonymen Internet-Identitäten. So wie der 23-jährige Donny Bonsink, der die Facebook-Aktion gegen die schwarze Politikerin startete. Manche Kommentare gingen zu weit, räumte er jetzt ein. «Aber gerade jetzt ist es wichtig, eine Faust zu machen, für die Zukunft der Niederlande.»

Rechtspopulist Geert Wilders.
Rechtspopulist Geert Wilders.
Bild: MIKE STONE/REUTERS

«Rassismus sitzt tief»

Doch es ist nicht nur ein rechter Pöbel, der im Internet sein Unwesen treibt. Das erfuhr der prominente Rapper Typhoon jetzt am eigenen Leibe. Er wurde in der Hansestadt Zwolle mit seinem Auto von der Polizei gestoppt.

Fetter Sound! «Hemel Valt» von Typhoon.YouTube/TopNotch

«Sein junges Alter und ein nagelneues Auto» waren die Gründe, räumte ein Polizeisprecher ein. «Aber auch seine Hautfarbe spielte eine Rolle.» Der schwarze Musiker ist 31 Jahre alt und trat erst vor vier Wochen vor dem Königspaar auf – und einem Millionenpublikum live im Fernsehen.

«Rassismus sitzt tief und das schon lange», kommentierte die Amsterdamer Tageszeitung «Het Parool». Schwarze Niederländer und Zuwanderer spüren das täglich: Von abfälligen Blicken in der Metro bis zur vergeblichen Jobsuche. Auch ein Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen stellte 2015 Rassismus in den Niederlanden fest.

Die niederländischen Kolonien im Pazifik 1939.
Die niederländischen Kolonien im Pazifik 1939.
bild: wikicommons/emok

Viele Niederländer beschämt

Der Fall Simons beschämt nun viele Niederländer. Doch die meisten wollen nach Umfragen nichts vom Rassismusvorwurf wissen: Schliesslich ist die holländische Toleranz fast schon sprichwörtlich bekannt.

Seit Jahrhunderten ist das Land ein Zufluchtsort für Andersdenkende und -gläubige. Menschen aus über 180 Kulturen leben friedlich zusammen. Als erstes Land der Welt gestattete es die Homo-Ehe, erlaubte weiche Drogen und die aktive Sterbehilfe.

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Die Niederlande waren lange ein Vorbildland für andere, der Trendsetter. Rassismus? Das gab es in Südafrika oder den USA – doch nicht bei uns, ist noch immer die Überzeugung der meisten weissen Niederländer. «Wir haben es immer geleugnet mit dem Hinweis auf unsere Toleranz», sagt die Professorin für Sozialgeschichte an der Universität Leiden, Marlou Schrover. «Aber so tolerant sind wir nicht.»

(sda/dpa)

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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simiimi
31.05.2016 15:33registriert März 2015
Mit ein Grund für den Shitstorm dürfte wohl auch sein, dass die Denk-Partei den Sozialmissbrauch propagiert, dem Sultan am Bosporus huldigt und den Propheten Mohammed von der Meinungsfreiheit ausgenommen sieht.
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pulcherrima*
31.05.2016 15:09registriert Mai 2016
Es ist erschreckend , wie Rassismus und Xenophobie in Europa immer salonfähiger wird. Jeder lernt über den Faschismus in der ersten Hälfte des 20. Jh. und viele sehen den Film "die Welle" und wohl die meisten sagen selber, so etwas könnte sich nie wiederholen. Die aktuellen Strömungen in Europa scheint das Gegenteil zu beweisen.
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