International
Russland

Ukraine-Krieg: Russische Storm-Z-Truppen setzen Strafgefangene ein

Storm-Z
«Storm-Z»-Truppen: Einige von ihnen beschwerten sich in einem Video über die miserablen Verhältnisse in der Einheit.Bild: Screenshot Twitter

«Sturmkämpfer sind nur Fleisch»

In der russischen Armee finden sich vermehrt «Storm-Z»-Truppen. Zu ihren Kämpfern gehören Strafgefangene – und reguläre Soldaten, die sich falsch verhalten haben sollen.
04.10.2023, 08:4504.10.2023, 10:45
Sophie Woelk / t-online
Mehr «International»
Ein Artikel von
t-online

Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine kämpfen nun sogenannte «Storm-Z»-Einheiten. Sie sollen jeweils etwa 100 bis 150 Mann umfassen und grösstenteils aus rekrutierten Straftätern russischer Gefängnisse bestehen. Entgegen offizieller russischer Berichte werden diese Sturmtruppen laut der Nachrichtenagentur Reuters allerdings als regelrechtes Kanonenfutter in den heftig umkämpften Frontgebieten eingesetzt.

Im Gegensatz zu der im Juni aufgelösten Gruppe aus Wagner-Söldnern stehen die «Storm-Z»-Kämpfer unter direktem Einfluss des russischen Verteidigungsapparates. Sie sollen wohl vor allem gegen die Gegenoffensive der Ukraine im Osten und Süden kämpfen, berichtet Reuters. Durch Russland offiziell bestätigt wurde ihre Existenz nicht, allerdings führten mehrere unabhängige Denkfabriken, darunter auch das US-amerikanische Institute for the Study of War (ISW), Beweise über die Truppe auf.

«Entbehrliche» Truppen

Neben Häftlingen, die durch ihren Kriegseinsatz auf Begnadigung und finanzielle Vergütung hoffen, werden allerdings wohl auch reguläre Soldaten in die Sturmtruppen versetzt. Sie sollen so wegen disziplinarischer Verstösse, wie Alkohol- oder Drogenkonsum, bestraft werden. Die genaue Anzahl der «Storm-Z-»-Kämpfer konnte Reuters nicht ermitteln, Hinweise deuten allerdings auf mindestens eine Zahl im höheren dreistelligen Bereich hin.

Besonders attraktiv sollen die Truppen für die russische Militärführung aufgrund ihrer «Entbehrlichkeit» sein. Wie aus Interviews zwischen Reuters und anonymen Mitgliedern sowie deren Angehörigen deutlich wird, seien die «Storm-Z»-Kämpfer in den Augen der russischen Offiziere «weniger wert». Ein Zeitsoldat der Armee-Einheit Nr. 40318, der im Mai und Juni in der Region um Bachmut kämpfte, sagte: «Sturmkämpfer sind nur Fleisch» und sie erhielten aus diesem Grund Befehle, die sie direkt in den Tod schickten.

Vom Gefängnis in den Tod

Artjom Schtschikin, ein 29-Jähriger aus der Region Mordowien in Zentralrussland, sass seit Dezember 2021 wegen Raubes hinter Gittern, als er das Angebot bekam, in eine der Sturmtruppen aufgenommen zu werden. Obwohl seine Haftstrafe sich dem Ende neigte, willigte er angesichts der verhältnismässig guten Vergütung in Höhe von umgerechnet 2000 pro Monat ein. Er beabsichtigte, so seine Familie finanziell unterstützen zu können.

Seitdem seine Einheit im Juni unter Beschuss geraten war, hörte seine Familie nichts mehr von ihm. Das Verteidigungsministerium habe nicht auf ihre Nachfragen zu seinem Verbleib geantwortet. Ein Verwandter sagte: «Sie gehörten zu einer Sturmabteilung. Für sie wird es niemand eilig haben.»

Am 28. Juni rebellierte eine der Sturmtruppen und nahm ein Video auf, in dem sie verweigerten, an die Front zurückzukehren und sich über ihre Behandlung aufregten. In dem nicht verifizierbaren Video sagten sie: «An der Front, wo wir waren, bekamen wir keine Munitionslieferungen. Wir bekamen weder Wasser noch Lebensmittel. Die Verletzten wurden nicht abtransportiert, die Toten verrotten noch immer.» Laut Angehörigen der Kämpfer wurden diese von Militärpolizisten als Reaktion auf den Aufstand heftig verprügelt und sie wüssten nicht, wann sie das Militär verlassen dürften, berichtete Reuters.

Verwendete Quellen:

  • reuters.com: "'They're just meat': Russia deploys punishment battalions in echo of Stalin" (englisch)
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Diesen russischen Oligarchen geht die EU an den Kragen
1 / 21
Diesen russischen Oligarchen geht die EU an den Kragen
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat die EU Sanktionen gegen Russland, einige Unternehmen und Einzelpersonen verhängt. Darunter fallen auch viele russische Oligarchen. Oligarchen sind Personen, die mit ihrem Reichtum direkt die Geschicke eines Landes oder einer Region beeinflussen. Die EU hat das Vermögen der Milliardäre in Europa eingefroren und die Personen mit einem Einreiseverbot belegt. Folgend einige der wichtigsten betroffenen Oligarchen: ... Mehr lesen
quelle: keystone / alejandro zepeda
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Video scheint zu zeigen, wie Russland seine Friedhöfe ausbauen muss
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
60 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Gandalf der Weise
04.10.2023 09:30registriert Januar 2023
"Im Gegensatz zu der im Juni aufgelösten Gruppe aus Wagner-Söldnern stehen die «Storm-Z»-Kämpfer unter direktem Einfluss des russischen Verteidigungsapparates."

Verteidigungsapparat? Wohl eher Angriffsapparat.
15110
Melden
Zum Kommentar
avatar
MasterMic
04.10.2023 09:06registriert August 2023
Hier zeigt sich doch, wie unterschiedlich der Entwicklungsstand der Menschen ist. Während sich viele Menschen aus den westlichen Ländern in andere Menschen hineinversetzen können, mitfühlen können, ein schlechtes Gewissen entwickeln und eher hilfsbereit agieren, trifft man auf dieser Welt auch auf Menschen die sich wie Tiere verhalten! Sie morden, foltern und töten ohne mit der Wimper zu zucken. Die Menschheit hat noch einen sehr weiten Weg vor sich, ob sie jemals ans Ziel kommt?
11418
Melden
Zum Kommentar
avatar
Die Geschichte wiederholt sich...
04.10.2023 10:18registriert Februar 2022
Ist doch eine Win-Win Situation für Putin. Er hat Kanonenfutter und muss nicht seine Elitesoldaten verheizen. Gleichzeitig leeren sich seine Gefängnisse und er löst damit auch noch gerade dieses Problem, so dass er für den unerwünschten Abschaum keinen GULAG errichten muss. Er kann sie auch einfach an der Front verheizen.

Ich könnte kotzen. Putin verkommt immer mehr zu Stalin 2.0. Ich persönlich betrachte jeden gefallenen russischen Soldaten ebenfalls als Opfer. Ein Opfer des blutrünstigen und grausamen Regime Putins.
698
Melden
Zum Kommentar
60
    Experten rätseln über Uran-Verbleib nach US-Angriffen im Iran
    Wurden die Vorräte vor den Angriffen in Sicherheit gebracht? Wo sind sie jetzt? Noch ist unklar, ob und wo der Iran die Uran-Vorräte hingebracht hat. Ein Satellitenbild nährt aber die Vermutung. Es zeigt eine LKW-Schlange bei Fordo vor den Angriffen.

    Der Schaden, den die USA den Nuklearanlagen im Iran zugefügt haben, sei «monumental». Die Anlagen seien komplett zerstört worden. Das sagte zumindest US-Präsident Donald Trump. Verteidigungsminister Pete Hegseth bleibt offener. Er spricht von einem «überwältigenden Erfolg». Auch im Pentagon ist man bei der Formulierung des Schadensausmasses vorsichtiger. So gab es laut US-Generalstabschef Dan Caine «schwere Schäden», wie Medien ihn zitieren.

    Zur Story