Angriffe in Form von Sabotage, Mordkomplotten oder Beschädigung von kritischer Infrastruktur hätten zugenommen, sagte James Appathurai, der bei der NATO unter anderem für Strategien zur Abwehr hybrider Angriffe zuständig ist und auch den Generalsekretär berät, dem Sender Sky News in einem Interview.
Der Sender veröffentlichte Ausschnitte des Interviews in einem Beitrag, in dem es um Russlands hybride Kriegsführung geht. In den gezeigten Ausschnitten nennt Appathurai Russland selbst nicht, sagt aber auf eine Frage zur Kriegsgefahr zwischen der NATO und Russland:
Darauf müsse das Verteidigungsbündnis vorbereitet sein. Es müsse wissen, was dann zu tun sei.
Es habe bereits bis zu Hundert solcher Angriffe gegeben, viele scheiterten aber auch, sagte Apparthurai. «Wir erleben jetzt, was vor fünf Jahren völlig inakzeptabel gewesen wäre, aber wir haben uns immer stärker daran gewöhnt.» Das sei sehr gefährlich. Hybriden Angriffen ist eigen, dass die Verantwortlichen nur schwer ausgemacht und zur Rechenschaft gezogen werden können.
Appathurai brachte den Anstieg hybrider Angriffe mit der gross angelegten Invasion Russlands in der Ukraine im Februar 2022 in Verbindung. Sein Team überarbeitet derzeit die NATO-Strategie, um die Bedrohungen durch hybride Kriegsführung besser zu verstehen, abzuwehren und darauf zu reagieren. Die bisherige Strategie aus dem Jahr 2015 gilt als veraltet, weil sich die Sicherheitslage wegen Russland dramatisch verschärft hat.
Die neue Strategie soll Pläne zur Bekämpfung verschiedener Arten hybrider Angriffe aus Russland sowie anderer Gegner wie China, Iran und Nordkorea beinhalten.
Auch hybride Angriffe könnten eine kollektive militärische Reaktion gemäss Artikel 5 der NATO auslösen. Demnach wird ein Angriff auf ein Mitglied als Angriff auf alle betrachtet. Das Problem laut Appathurai:
Apparthurai erklärte, die NATO-Mitgliedsstaaten müssten sowohl untereinander als auch in ihren Beziehungen zu Moskau klar definieren, ab welchem Grad an «Grauzonen»-Aktionen eine kollektive Reaktion des Verteidigungsbündnisses, darunter auch der mögliche Einsatz militärischer Gewalt, erforderlich sei.
In der Ostsee kam es zuletzt öfter zu mutmasslich mit Absicht herbeigeführten Schäden an kritischer Infrastruktur im Meer. Vor Finnland wurde vor wenigen Tagen ein Unterwasserstromkabel beschädigt. Geprüft wird, ob es sich um Sabotage handeln könnte.
Im Fokus der Ermittler steht ein Schiff, das die EU mit Russland in Verbindung bringt. Nach der Beschädigung des Kabels kündigte die NATO an, ihre Präsenz in der Ostsee stärken zu wollen.
Anfang November wurden zwei Kabel in der Ostsee durchtrennt, eines zwischen Schweden und Litauen und ein weiteres zwischen Deutschland und Finnland, was die Mitgliedstaaten und die NATO sofort alarmierte und auf Sabotage schliessen liess.
Appathurai hatte schon damals auf die Bedrohung durch Russlands Schattenflotte hingewiesen. «Sie haben sogenannte Forschungsschiffe. Sie haben kleine U-Boote. Sie haben unbemannte, ferngesteuerte Fahrzeuge. Sie haben Taucher und Sprengstoff.»
(dsc/sda/dpa)