Die Konfliktparteien im Sudan sollen ihre Zusagen zur Erleichterung der humanitären Hilfe einhalten. Dies fordert die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric, im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
«Diese Hilfe ist dringend. Es ist wichtig, dass der humanitäre Zugang gewährleistet wird», betont Spoljaric, die in New York weilte, wo sie von der Schweiz zu einer hochrangigen Debatte im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (Uno) über den Schutz der Zivilbevölkerung eingeladen worden war. Im Sudan war ein lange schwelender Machtkampf am 15. April gewaltsam eskaliert.
Die Organisation setze ihre Bemühungen in dem Land trotz grosser Schwierigkeiten fort. «Die Möglichkeit, sich im Land zu bewegen, ist begrenzt. Wir hatten nur Zugang zu einigen Krankenhäusern und es konnte nur wenig Hilfe verteilt werden», sagt Spoljaric. Die sonst üblichen Besuche bei Häftlingen könnten nicht durchgeführt werden. Die Infrastruktur einiger Institutionen wurde seit Mitte April gezielt angegriffen oder geplündert.
Das Leid der Zivilbevölkerung sei bei Konflikten schon immer im Mittelpunkt gestanden. «Die Kriege sind nicht schlimmer geworden», sagt Spoljaric. «Aber wir beobachten eine Beschleunigung der Krisen mit sich gegenseitig verstärkenden Auswirkungen». Im Ukraine-Konflikt habe es weitere Fortschritte bei den Besuchen von Gefangenen gegeben. «Aber das ist für uns immer noch nicht zufriedenstellend», betont Spoljaric, die den Zugang zu allen Gefangenen fordert.
Seit Beginn des Krieges konnte das IKRK in fast 5300 Fällen Kontakt zu Kriegsgefangenen aufnehmen. «Diese Arbeit ist das Herzstück unseres Engagements für den Schutz von Zivilisten», sagt Spoljaric, die ihr Amt vor acht Monaten angetreten hat - als erste Frau an der Spitze der Organisation. «Für Familien ist es wichtig, zu wissen, wo ihre Angehörigen sind - selbst wenn sie tot sind», fügt sie hinzu.
Die rund um den Globus stattfindenden Verletzungen des humanitären Völkerrechts werden vom IKRK regelmässig angeprangert. Trotzdem ist Spoljaric der Ansicht, dass dieses weiterhin von allen Staaten anerkannt wird. «Der Konsens hinter den Genfer Konventionen ist wahrscheinlich der höchste Konsens in der Welt». Und diese «bleiben genauso relevant» wie vor über 70 Jahren, als sie verabschiedet wurden.
Das IKRK selbst sieht sich intern derweil mit grossen Schwierigkeiten konfrontiert. Zuletzt kündigte die Organisation an, dass sie etwa 1500 Stellen abbauen wolle.
So oder so: Angesichts der aktuellen Spannungen «braucht die Welt immer noch eine Organisation, die neutral bleibt», sagt die Präsidentin und fügt hinzu, dass die Organisation mit rund 390 bewaffneten Gruppen weltweit in Kontakt stehe. Das Rote Kreuz müsse nun sicherstellen, dass es seine Einsatzbereitschaft angesichts der verschiedenen Konflikte aufrechterhalten könne. (oee/sda)