Ob bei Optikern oder in Onlineshops, die Antwort ist überall dieselbe: «Derzeit nicht verfügbar». Seit Monaten hapert es beim Nachschub mit der Linsenflüssigkeit Aosept aus dem Alcon-Konzern. Und ein Ende der Lieferprobleme ist nicht in Sicht. Mittlerweile sind auch die Lager aufgebraucht und die Restbestände weg.
Alcon bestätigt auf Anfrage die Probleme bei der Linsenflüssigkeit Aosept, welche in einem konzerneigenen Werk in den USA hergestellt wird: Konkret fehlt es derzeit an Materialien für die Herstellung des Deckels des Linsenbehälters, wie Alcon-Sprecherin Cara Jones Faye erklärt. Das sei eine Folge der Unterbrüche in den globalen Lieferketten.
Bei Aosept handelt es sich um ein Ein-Schritt-Pflegesystem auf Basis einer Peroxidlösung. Die Kontaktlinsen werden über Nacht ins Peroxid eingelegt, gereinigt und desinfiziert. Nach einigen Stunden neutralisiert sich die ätzende Flüssigkeit, sodass die Linsen dann wieder eingesetzt werden können. Das Alcon-System funktioniert mit einem speziellen Linsenbehälter mit sternförmigem Platin-Einsatz, weshalb der Konzern hier nicht einfach auf einen Standardbehälter ausweichen kann.
Weil Peroxid-Pflegemittel keine Konservierungsstoffe enthalten, sind sie besonders bei Allergikern und Personen mit empfindlichen Augen beliebt. Onlinehändler wie zum Beispiel Discountlens empfehlen als Ersatz für Aosept nun Easysept des US-Unternehmens Bausch & Lomb. Auch das Thurgauer Unternehmen Conil bietet mit Futuro Monosept eine Peroxid-Lösung an, die mit Platin-Stern funktioniert. Weiter gibt es auch Ein-Schritt-Pflegesysteme, bei denen man fürs Neutralisieren eine Tablette hinzufügen muss.
Ganz ohne Reinigungsmittel kommen die Trägerinnen und Träger von Tageslinsen aus. Und es werden immer mehr: Der Marktanteil der Tageslinsen ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen und liegt mittlerweile europaweit bei über 50 Prozent, schätzt eine Studie des europäischen Verbands der Linsenhersteller Euromcontact aus dem Jahr 2021. Dass die Linsen nach dem Gebrauch einfach entsorgt werden können, dürfte dabei eine entscheidende Rolle spielen.
Wann genau Aosept wieder verfügbar sein wird, kann Alcon-Sprecherin Jones Faye nicht beantworten. Der Konzern rechne damit, dass sich die Situation bei der Produktion ab dem zweiten Quartal 2023 «allmählich verbessern» sollte. Also eigentlich ab jetzt. Doch vorerst bleiben die realen und virtuellen Regale leer.
Der 9-Milliarden-Dollar-Konzern Alcon, spezialisiert auf Augenchirurgie und Augenpflegemittel, ist an der Schweizer Börse gelistet und gehört zum SMI-Club der 20 wertvollsten börsenkotierten Firmen im Lande. Ursprünglich gegründet wurde das Unternehmen 1945 in den USA von zwei Apothekern. 1977 wurde es vom Nahrungsmittelkonzern Nestlé übernommen, der damit ins Pharmageschäft einstieg.
2002 brachte Nestlé einen Teil der Alcon-Aktien an die Börse, wo Novartis zuschlug und letztlich den Augenspezialisten ganz übernahm. Aber auch nicht für lange: 2019 entliess Novartis Alcon wieder an die Börse. Seit der Abspaltung steigerte Alcon den Umsatz im Durchschnitt jährlich um 5.5 Prozent - trotz des coronabedingten Einbruchs des Kontaktlinsengeschäftes und Lieferkettenproblemen. (aargauerzeitung.ch)