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Putschversuch in Bolivien: Präsident Luis Arce verteidigt sich

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Am 26. Juni versuchten bewaffnete Truppen der bolivianischen Armee, in das Regierungsgebäude in La Paz einzudringen.Bild: keystone

Verwirrung um Putschversuch in Bolivien: Präsident weist Vorwürfe zurück

28.06.2024, 05:3928.06.2024, 05:39
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Nach dem gescheiterten Staatsstreich in Bolivien ist Präsident Luis Arce dem Vorwurf entgegengetreten, mit den Verschwörern unter einer Decke zu stecken. Die Putschisten hätten auf eigene Faust gehandelt, sagte der Präsident am Donnerstagabend (Ortszeit) bei seiner ersten Pressekonferenz nach dem Umsturzversuch. «Ich bin kein Politiker, der seine Popularität durch das Blut des Volkes gewinnen will.»

Am Mittwoch hatten abtrünnige Militärs mit gepanzerten Fahrzeugen den zentralen Platz von La Paz besetzt und waren in den Regierungspalast vorgedrungen. Präsident Arce bot den Putschisten die Stirn und tauschte sofort die gesamte Führungsriege der Streitkräfte aus. Die neuen Chefs der Teilstreitkräfte ordneten daraufhin den Rückzug der Truppen an.

epa11442390 Bolivian President Luis Arce speaks during a press conference in La Paz, Bolivia, 27 June 2024. On 26 June, a group of soldiers led by Bolivian Army general commander Juan Jose Zuniga ente ...
Luis Arce verteidigt sich vor den Medien und weist jegliche Vorwürfe zurück.Bild: keystone

Insgesamt wurden nach dem Putschversuch 17 Militärs festgenommen. «Wir werden dieses antidemokratische Netzwerk stoppen, wir werden nicht ruhen, bis alle Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden. Es ist an der Zeit, die Putschisten von der Strasse zu holen und sie hinter Gitter zu bringen», sagte Boliviens Innenminister Eduardo del Castillo auf einer Pressekonferenz.

Den Putschisten drohen bis zu 30 Jahre Haft

Zu den Festgenommenen zählen auch die Anführer General Juan José Zúñiga und Vizeadmiral Juan Arnez Salvador. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem bewaffneten Aufstand gegen die Souveränität des Staates und Angriff auf den Präsidenten vor. Im Falle einer Verurteilung drohen ihnen bis zu 30 Jahre Haft.

Zúñiga hatte vor seiner Festnahme behauptet, der Putsch sei mit Präsident Arce abgestimmt gewesen. «Der Präsident hat mir gesagt, dass die Situation sehr schlecht ist. Es sei notwendig, etwas vorzubereiten, um seine Popularität zu steigern», sagte General Zúñiga im Fernsehen. «Ich habe ihn gefragt: »Holen wir die Panzer raus« und er hat geantwortet: »Holt sie raus«.» Die Regierung wies die Darstellung zurück. «Das Ziel von Zúñiga war es, die Macht im Land zu übernehmen, gegen den Willen des Volkes», sagte Innenminister Del Castillo.

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Die Generäle Juan Mario Paulsen Sandi und Anibal Aguilar Gomez werden nach dem Putschversuch verhaftet und der Presse vorgeführt. Bild: keystone

Das Motiv für den Putschversuch war zunächst unklar. Möglicherweise richtete er sich gegen eine erneute Präsidentschaftskandidatur des früheren Staatschefs Evo Morales (2006-2019). Berichten zufolge hatte Zúñiga gesagt, Morales dürfe nicht als Präsident zurückkehren, und gedroht, sich ihm in diesem Fall in den Weg zu stellen. Wegen dieser Äusserungen sei Zúñiga bereits am Dienstagabend darüber informiert worden, dass er seinen Posten räumen müsse, sagte Verteidigungsminister Edmundo Novillo.

Ex-Präsident Morales und Staatschef Arce ringen um die Macht

Der linke Staatschef Morales - der erste indigene Präsident Boliviens - war 2019 unter dem Druck des Militärs zurückgetreten, nachdem ihm von der Opposition und internationalen Wahlbeobachtern Betrug bei der Präsidentenwahl vorgeworfen worden war. Obwohl ihm das in mehreren Gerichtsentscheidungen eigentlich untersagt wurde, will Morales 2025 erneut bei der Präsidentenwahl kandidieren. Derzeit ringen Morales und sein ehemaliger Verbündeter Arce um die Macht in der Regierungspartei MAS.

Nach den ersten Berichten über den Putschversuch habe er seinen Rivalen Morales sogar angerufen und gewarnt, sagte Arce nun bei seiner Pressekonferenz. «Wir haben unsere Meinungsverschiedenheiten, aber das bedeutet nicht, dass ich ihn im Falle eines Staatsstreichs nicht warne», sagte Arce. «Es war klar, dass sie erst mich holen würden und dann ihn. Letztendlich sind wir Genossen, deshalb habe ich ihn angerufen, damit er Vorsichtsmassnahmen treffen kann.»

Nach dem gescheiterten Putschversuch gingen zahlreiche Demonstranten zur Unterstützung der Regierung auf die Strasse. Sie errichteten zwischen dem Regierungssitz La Paz und der höher gelegenen Schwesterstadt El Alto Strassenblockaden, wie die Zeitung «La Razón» berichtete. «Wir werden nicht zulassen, dass die Demokratie angegriffen wird», sagte die Bürgermeisterin von El Alto, Eva Copa. In der Industriestadt auf 4100 Meter Höhe hat die Regierung unter den Arbeitern und Indigenen zahlreiche Anhänger. (leo/sda/dpa)

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Putsch in Bolivien scheitert kläglich – doch es gibt einen düsteren Verdacht
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