Die Hoffnungen auf einen Waffenstillstand in Syrien rücken weiter in die Ferne. Der syrische Präsident Baschar al-Assad zeigte sich skeptisch zu der von der internationalen Kontaktgruppe angestrebten Feuerpause für sein Land.
In der Praxis sei es «schwierig», über eine Feuerpause zu reden, sagte Assad laut der amtlichen Nachrichtenagentur Sana am Montag. Die Syrien-Kontaktgruppe wolle zum Ende der Woche eine Waffenruhe. «Wer ist fähig, alle Bedingungen binnen einer Woche zu schaffen? Niemand.»
«Waffenruhen kommen zwischen Armeen und Staaten vor, aber nicht zwischen einem Staat und Terroristen, dieser Begriff ist also falsch», fuhr der Machthaber demnach fort. Er beschuldigte den Westen, die Türkei und Saudi-Arabien, den Terrorismus zu unterstützen.
Jeder sei ein Terrorist, der die Waffen gegen den syrischen Staat und sein Volk erhebe. Das in der saudiarabischen Hauptstadt Riad ansässige Hohe Verhandlungskomitee (HNC) der Opposition nannte Assad eine «Mischung aus Verrätern und Terroristen».
Verschärft wurden die Spannungen in Syrien zuletzt durch Raketenangriffe auf mindestens fünf Spitäler und zwei Schulen in den nördlichen Provinzen Aleppo und Idlib, bei denen am Montag nach UNO-Angaben fast 50 Menschen ums Leben kamen, darunter viele Kinder. Von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) veröffentlichte Bilder einer Klinik in der Stadt Maret al-Numan (Provinz Idlib) zeigten das Ausmass der Zerstörung.
MSF ging allein dort von mindestens sieben Toten und weiteren acht vermissten Mitgliedern des Klinikpersonals aus, die wahrscheinlich ebenfalls umgekommen seien. Die Organisation sprach von einem anscheinend «gezielten Angriff» auf die Klinik, legte sich aber nicht fest, wer die Schuld daran trägt.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach von einem Verstoss gegen internationales Recht und erklärte, die Angriffe würden «ein Schatten» auf die Bemühungen um ein Ende des seit fast fünf Jahre dauernden Bürgerkriegs werfen.
Der syrische Botschafter in Moskau warf den USA vor, für den Angriff auf das von Ärzte ohne Grenzen betriebene Krankenhaus in Idlib verantwortlich zu sein. Russland habe nichts damit zu tun, es handele sich um einen «Propaganda-Krieg» der USA, sagte Riad Haddad dem staatlichen russischen Fernsehen.
Aus Regierungskreisen in Damaskus verlautete, der Syrien-Gesandte Staffan de Mistura sei am Montag in die syrische Hauptstadt gereist und wolle dort am Dienstag Muallem treffen. Bei den Gesprächen solle es um den geplanten Waffenstillstand und den Zugang zu Hilfslieferungen gehen. Auch die für Ende Februar geplante Wiederaufnahme der Genfer Friedensgespräche sei Thema.
Die Syrien-Kontaktgruppe hatte sich in der Nacht zum Freitag in München auf eine Feuerpause in dem Bürgerkriegsland verständigt, die binnen einer Woche in Kraft treten soll. Der Kampf gegen die Terrormiliz «IS» und andere radikale Gruppen soll aber fortgesetzt werden. Laut der Vereinbarung sollte die Gewalt in dem Bürgerkrieg «sofort reduziert» werden. Davon kann jedoch bislang keine Rede sein.
Zudem verschärft sich der Ton zwischen der Türkei und Russland zunehmend. Moskau warf Ankara am Montag wegen seiner Angriffe auf kurdische Einheiten und syrische Regierungstruppen Unterstützung des «internationalen Terrorismus» vor. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bezichtigte Russland, sich wie «eine Terrororganisation» zu verhalten.
Die türkische Armee beschiesst seit Tagen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) im Norden Syriens, um zu verhindern, dass sie ihr Gebiet ausdehnen. Ankara betrachtet die YPG als syrischen Ableger der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), während der Westen sie als wichtigen Verbündeten gegen die Dschihadisten sieht. Russland fliegt seit Ende September zur Unterstützung der syrischen Armee Luftangriffe auf Dschihadisten und andere Rebellen in Syrien.
Derweil eroberten die von Kurden geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) nach Angaben von Aktivisten die strategisch wichtige Stadt Tall Rifaat in der nordsyrischen Provinz Aleppo aus der Hand von Rebellen. Das teilte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit, deren Angaben vor Ort kaum zu überprüfen sind. Damit halten die Rebellen nur noch wenige Bastionen in Aleppo, darunter Marea östlich von Tall Rifaat und die Grenzstadt Asas. (sda/afp/dpa)