Nach der Absetzung des thailändischen Ministerpräsidenten Srettha Thavisin durch das Verfassungsgericht sucht das Königreich einen Nachfolger. Die Regierungspartei Pheu Thai werde bei einer Sondersitzung im Repräsentantenhaus am Freitag ihre Parteivorsitzende Paetongtarn Shinawatra nominieren, hiess es am Nachmittag (Ortszeit) in einer Mitteilung.
Die 37-Jährige ist die Tochter des früheren Regierungschefs Thaksin Shinawatra und die Nichte der früheren Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra. Paetongtarn wäre nach ihrer Tante erst die zweite Frau an der Spitze der Regierung des südostasiatischen Landes.
Die Nominierung kommt überraschend, nachdem zuvor der ehemalige Justizminister Chaikasem Nitisiri (75) als Spitzenkandidat gehandelt wurde. Medien hatten berichtet, dies wäre ein strategischer Schritt gewesen, um möglichst schnell wieder für Stabilität in dem südostasiatischen Land zu sorgen. Gleichzeitig gibt es Spekulationen, dass der Politiker nicht bei bester Gesundheit sei.
Srettha (62) war am Mittwoch im Rahmen einer Klage von 40 Senatoren nach weniger als einem Jahr im Amt abgesetzt worden. Die Senatoren hatten dem Regierungschef vorgeworfen, mit der Ernennung des Politikers Pichit Chuenban zum Minister gegen die ethischen Regeln verstossen zu haben – denn dieser ist vorbestraft. Dem stimmte das Verfassungsgericht – für viele überraschend – zu.
Der Milliardär Thaksin, der seit 2008 im selbst auferlegten Exil war, war erst im August vergangenen Jahres nach Thailand zurückgekehrt. Im Juni wurde er wegen Majestätsbeleidigung angeklagt.
Thaksin gilt trotz vieler juristischer Probleme weiterhin als einflussreicher Strippenzieher. Berichten zufolge soll er selbst den erfahrenen Juristen Chaikasem als Kandidaten bevorzugt haben. Die Pheu-Thai-Abgeordneten sprachen sich jedoch für seine Tochter Paetongtarn aus.
Bei der Wahl muss ein Kandidat mehr als die Hälfte der Stimmen der 493 Abgeordneten auf sich vereinen - also mindestens 247. Die Regierungskoalition verfügt über eine komfortable Mehrheit von 314 Stimmen.
Es sind erneut politisch unruhige Zeiten in Thailand, wo es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Staatsstreiche, Militärregierungen und Strassenproteste der Demokratiebewegung gab. Erst in der vergangenen Woche hatte das Verfassungsgericht auf Druck konservativer Kräfte die Auflösung der progressiven Move-Forward-Partei (MFP) angeordnet.
Die Partei hatte die Parlamentswahl im vergangenen Jahr klar gewonnen - war aber dann ausgebootet worden und musste in die Opposition. Nach ihrer Auflösung hat sich die MFP kürzlich unter einem anderen Namen neu gegründet: People's Party (PP/Volkspartei). (sda/dpa)