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Ukraine: Wie Ärzte und Freiwillige Tiere im Kriegsgebiet retten

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Geretteter Hund in Cherson: Die Sprengung des Kachowka-Staudamms war für die Helfer eine der härtesten Herausforderungen.Bild: www.imago-images.de

Tiere in der Ukraine: «Wenn der Beschuss beginnt, werden sie zurückgelassen»

Nicht nur die Menschen in der Ukraine leiden unter der russischen Invasion, sondern auch unzählige Tiere. Einige Freiwillige und Ärzte versuchen sich um die Tiere zu kümmern.
03.10.2023, 19:26
Sophie Woelk / t-online
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t-online

Von den Schrecken des russischen Angriffskriegs sind neben der ukrainischen Bevölkerung auch eine enorme Anzahl an schutzlosen Tieren betroffen. Erbittert kämpfen Tierärzte und andere Freiwillige täglich darum, möglichst viele von ihnen zu retten – und geraten dabei immer öfter selbst in Gefahr.

Zwei von ihnen sind Leonid und Valentina Stoyanova. Die studierten Tierärzte verfügen über eine Spezialisierung auf exotische Wildtiere. In der Ukraine soll es mittlerweile nur rund eine Hand voll solcher Experten geben, heisst es in einem Bericht des unabhängigen russischen Mediums «The Insider». Ein dementsprechend hohes Arbeitspensum hat das Ehepaar bei der Rettung der Tiere. Seit dem Beginn des Kriegs wird ihre Klinik regelrecht mit verletzten oder ausgesetzten Tieren überfrachtet. Notoperationen müssen die Ärzte seit den russischen Angriffen auf die ukrainische Energieinfrastruktur mitunter bei Stromausfall und nur mittels einer kleinen Taschenlampe durchführen.

Risikoreiche Rettungen

Unter ihren Patienten sollen sich neben Haustieren auch Reptilien, Chamäleons, Vögel und Wildtiere befinden. Einen Löwenjungen päppelten sie über Wochen auf und schliefen mit ihm sogar gemeinsam im Bett, da er unter so starken Bauchschmerzen litt, dass er regelmässig massiert werden musste. Auf Twitter teilten sie zudem das Video von einem geretteten Leoparden-Mädchen.

Sie reisen zudem regelmässig in Gefahrenzonen an der Front, um dort bestmögliche Hilfe zu leisten. Häufig fallen Vögel dort durch die Druckwellen der Raketen und Granaten vom Himmel und brechen sich die Flügel. Mehrmals wurden sie bei Rettungseinsätzen schon beschossen und auch verletzt. Jedoch halten sie gegenüber dem «Insider» fest, welche Bedeutung ihre Arbeit auch für sie selbst hat: «Vor kurzem haben wir einen Falken freigelassen – man lässt ihn frei, er fliegt in den Himmel und man denkt: 'Ich habe nicht umsonst gelebt, nicht umsonst'».

Dass auch sie nicht unverwundbar sind, zeigte sich jedoch im Mai 2023: Aufgrund des enormen Stressmangels erlitt Leonid Stoyanov einen schweren Herzinfarkt und war für zwei Minuten sogar klinisch tot. Bereits 10 Tage später kehrte er trotz ärztlicher Warnungen schon zu seiner Arbeit zurück.

Gestrandete Tiere in der überfluteten Cherson-Region: Für viele von ihnen kam die Rettung zu spät.
Gestrandete Tiere in der überfluteten Cherson-Region: Für viele von ihnen kam die Rettung zu spät.Bild: screenshot

Auch Natalia Popowa rettet in der Ukraine Tiere. Aufgrund der Gefahrensituation gebe es nicht viele Menschen, die sich in dem Land noch im Tiere kümmern würden. «Wenn der Beschuss beginnt, werden sie von den Menschen zurückgelassen – ohne Nahrung und Wasser.» Das Militär wende sich dann an Leute wie Popowa. Sie habe bereits mehr als 700 Haustiere gerettet.

Katastrophe nach gesprengtem Kachowka-Staudamm

Die Sprengung des Kachowka-Staudamms im Juni hatte für die umliegende Tier- und Pflanzenwelt tragische Folgen. Experten zufolge könnte es Jahre dauern, bis die Flora und Fauna wieder hergestellt ist. Mehrere Organisationen und Freiwillige waren unermüdlich im Einsatz, um möglichst viele Tiere zu retten. In den russisch besetzten Gebieten bestand eine weitere Herausforderung in dem Beschuss durch russische Truppen. Elena von der Tierschutzorganisation «UAnimals» berichtet dem «Insider»: «Einmal wurden wir von einer Welle zurückgeworfen, als eine Mine eintraf, und ein anderes Mal ging das Boot auf Grund.»

Die freiwilligen Helfer und Tierschutzorganisationen sind nicht nur durch ihre enorm herausfordernde Tätigkeit belastet, sondern teilweise auch finanziell in einer brenzligen Situation. Ihre Arbeit können sie nur durch Spenden und ausländische Partner fortsetzen.

Verwendete Quellen:

  • theins.ru: ""Пулями прошило машину, но лекарства мы довезли". Как волонтеры и ветеринары спасают животных в Украине — от собак до медведей и львов" (Russisch)
  • x.com: Profil von @crew_vet
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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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arbi
03.10.2023 20:13registriert August 2020
Ich habe allerhöchsten Respekt und grösste Achtung vor diesen Menschen, welche ihr eigenes Leben riskieren, um diesen hilflosen Geschöpfen zu helfen. Solche Nachrichten helfen einem, den Glauben an die Menschheit nicht ganz zu verlieren. 🙏
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Hyper80
03.10.2023 20:01registriert Juni 2020
Einfach nur traurig. Die Tiere werden zurückgelassen auf müssen sich alleine durchschlagen. Ohne Besitzer und zu Hause.
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Humanity
03.10.2023 23:31registriert April 2022
Das ist wirklich herzzerreissend, die Tiere verstehen gar nicht was passiert. Schön gibt es wenigstens ein paar wenige die sich noch versuchen zu kümmern.
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