International
Ukraine

Umfrage in Russland: So stehen die Bürger zu Wladimir Putin

epa11676942 Russia? President Vladimir Putin gestures during the extended format meeting of the BRICS summit in Kazan, Russia, 23 October 2024. EPA/ALEXANDER NEMENOV / POOL
Scheint ziemlich fest im Sattel zu sitzen in Russland: Wladimir Putin.Bild: keystone

Umfrage in Russland: So stehen die Bürger zu Wladimir Putin

Wladimir Putin stellt sein Land auf Kriegswirtschaft um, den Bürgern mutet er viel zu. Dennoch geniesst er Rückhalt. Das liegt auch an seiner Selbstinszenierung.
24.10.2024, 06:09
Christoph Cöln / t-online
Mehr «International»
Ein Artikel von
t-online

Die Russen stehen mehrheitlich hinter ihrem Präsidenten. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Chronicles, über die russische Oppositionszeitungen berichten. Demnach sind 78 Prozent der befragten Bürger mit Wladimir Putins Regierung zufrieden.

Obwohl der russische Gewaltherrscher die Ukraine überfallen liess, sein Land immer stärker in Richtung Kriegswirtschaft umstellt, Oppositionelle und Kritiker scharf verfolgt und die Meinungsfreiheit in Russland extrem einschränkte, heisst eine Mehrzahl der Menschen in Putins Reich die Umtriebe des Autokraten im Kreml gut.

Der 71-Jährige geniesst also nach wie vor den Rückhalt seiner Landsleute. Das berichten die Zeitungen «Meduza» und «Current Time» und beziehen sich auf eine Umfrage, die zwischen dem 10. und 17. September vom unabhängigen russischen Meinungsforschungsinstitut Chronicles durchgeführt wurde.

Allerdings wächst zugleich auch der Unmut. Es gibt offenbar (leise) Kritik am autoritären Präsidenten. So wünschen sich viele der Befragten, dass Putin sich mehr um die Belange der Bürger kümmern möge. Dazu zählen die sozialen und wirtschaftlichen Probleme im Inland (83 Prozent), das Aushandeln eines Friedensvertrags mit der Ukraine, der gegenseitige Zugeständnisse beinhaltet (61 Prozent), und die Wiederherstellung der Beziehungen zu westlichen Staaten (43 Prozent).

Putins Bedingungen kämen Kapitulation gleich

Putin hat die russische Wirtschaft faktisch auf Kriegswirtschaft umgestellt, auch wenn der Kreml dies bislang dementiert. Alleine für das kommende Jahr hat sich Russlands Autokrat eine Steigerung des Wehretats von 68 auf 80 Prozent vom Parlament absegnen lassen. Umgerechnet 103 Milliarden Euro wird Russland dann für das Militär ausgeben, beinahe ein Drittel des Gesamthaushalts und mehr als je zuvor seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion.

«Putin wird auf Dauer grosse wirtschaftliche Schwierigkeiten bekommen», sagte Christoph Heusgen, ehemaliger Merkel-Berater und Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, jüngst im Interview mit dem «RND».

«Putin glaubt nur, dass er einen längeren Atem hat als wir. Wir müssen beweisen, dass er falsch liegt.»

Anstatt auf die Verteidigung und die nationale Sicherheit wünschen sich die Russen laut der Umfrage aber einen stärkeren Fokus auf die Sozialpolitik konzentriert. Auch würden viele von ihnen ein Ende des Ukrainekrieges begrüssen. Solange dieser andauert, stehen sie aber dennoch hinter ihrem Präsidenten.

Putins Selbstinszenierung als fürsorglicher Patriarch

Putin hat zuletzt wiederholt gezeigt, dass er nicht daran interessiert ist, Zugeständnisse an die Ukraine zu machen. Zu Verhandlungen ist er laut Kreml nur bereit, wenn die Ukraine im Gegenzug die russischen Bedingungen akzeptiert. Diese kämen jedoch einer Kapitulation des Nachbarlandes gleich.

Was Putin in den Rückhalt der Russen sichert, ist nach Ansicht der Politikanalysten des Instituts für Kriegsstudien seine Inszenierung als zupackender Patriarch. So geht er öffentlichkeitswirksam auf Distanz zu vermeintlich inkompetenten und korrupten Beamten der russischen Verwaltung. Stattdessen stellt ihn die Kremlpropaganda fürsorglichen Führer dar, der die Probleme der Durchschnittsrussen schnell und unbürokratisch zu lösen in der Lage ist. Dafür verzeihen ihm offenbar die meisten Russen, dass er das Land in den Krieg mit der Ukraine geführt und die Freiheiten drastisch eingeschränkt hat.

Verwendete Quellen:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
112 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Raki
24.10.2024 06:28registriert Januar 2024
Habe in Südostasien einige Russen kennengelernt. Keiner der Jüngeren (u40) will irgendwas vom Krieg wissen oder verteidigt diesen. Selbst wenn sie ihn allenfalls befürworten, bleiben sie still. Für Putin finden sie kaum nette Worte, weil er ihnen die Perspektiven im Westen genommen hat und nach China will kein einziger. Anders bei den ü55, welche es als Rache für die Schmach des Zerfalles der UdSSR, das folgende Chaos und den 'Verrat des Westens' betrachten. Mit denen kann man nicht reden oder ihnen helfen, die haben einfach nen gigantischen Flick ab und enorme Minderwertigkeitskomplexe.
18312
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gina3
24.10.2024 06:38registriert September 2023
„ Allerdings wächst zugleich auch der Unmut. Es gibt offenbar (leise) Kritik am autoritären Präsidenten. „

Leise, aber wirklich leise… wie denn sonst?
Durch das Fenster posaunend?
Wundert sich jemand über Russland? Oder über andere demokratische Länder, in denen der Präsident mit 98 % der Stimmen gewählt wird?
996
Melden
Zum Kommentar
avatar
Haarspalter
24.10.2024 07:38registriert Oktober 2020
Die grosse Mehrheit der Russen befürwortet also das Abschlachten der Ukrainischen Zivilbevölkerung, die Unterdrückung der Meinungsfreiheit und die Liquidierung politischer Gegner.

Gehört und notiert.

Ein Putin konnte nur auf dem Boden der Russischen Mentalität und Kultur gross werden.

Die Russen werden sich nach dem Krieg - und dieser Tag wird irgendwann kommen - nicht aus der Verantwortung stehlen können.

Die Konsequenzen werden noch Jahrzehnte nach Putins Tod zu spüren sein.
9718
Melden
Zum Kommentar
112
    «Jack the Ripper»: Nachfahrin von Opfer fordert Wiederaufnahme des Falls

    Mehr als 135 Jahre nach den grausamen Morden von «Jack the Ripper» in London hat die Nachfahrin eines seiner Opfer neue Ermittlungen gefordert. Die Zeit sei reif für eine Wiederaufnahme des Falls, sagte Karen Miller in einem am Montag veröffentlichten Interview der «Daily Mail».

    Zur Story