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Fall Khashoggi: Saudischer Prinz laut USA wohl immun vor Strafverfolgung

Fall Khashoggi: Saudischer Prinz laut US-Regierung wohl immun vor Strafverfolgung

18.11.2022, 15:1318.11.2022, 20:49
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Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman muss in den USA vorerst keine Strafverfolgung wegen einer möglichen Beteiligung an der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi fürchten. Die US-Regierung kam zu dem Schluss, Bin Salman könne in den USA im Zusammenhang mit der Tat nicht belangt werden, solange er Ministerpräsident seines Landes sei. Als Regierungschef Saudi-Arabiens besitze er Immunität vor US-Strafverfolgung, hiess es in einem gerichtlichen Schriftstück des Justizministeriums, das am Donnerstagabend (Ortszeit) veröffentlicht wurde. Hintergrund ist ein Rechtsstreit, den Khashoggis Verlobte Hatice Cengiz in den USA angestrengt hatte. Sie reagierte empört auf die Entscheidung.

epa10312247 Saudi Crown Prince Mohammed bin Salman attends an APEC Leader's Informal Dialogue with Guests during the Asia-Pacific Economic Cooperation (APEC) Summit 2022, in Bangkok, Thailand, 18 ...
Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman.Bild: keystone

Nach dem Mord an dem saudischen Regierungskritiker und Journalisten Khashoggi vor vier Jahren hatte seine Verlobte in den USA Klage gegen den saudischen Kronprinzen und andere eingereicht, denen sie eine Beteiligung an der Tötung des Reporters vorwirft. Khashoggi hatte unter anderem als Kolumnist für die renommierten US-Zeitung «Washington Post» gearbeitet. In dem Rechtsstreit argumentierten die Anwälte von Mohammed bin Salman Anfang Oktober schliesslich, die Ernennung zum Ministerpräsidenten Ende September sichere dem Kronprinzen Immunität zu. Das Gericht solle die Klage daher abweisen.

Ein Gericht in der Hauptstadt Washington bat das US-Justizministerium um eine Einschätzung zum Immunitätsstatus von Mohammed bin Salman. Das Ministerium betonte nun, die US-Regierung habe gegenüber der saudischen Führung grosse Besorgnis über die «schreckliche Ermordung» Khashoggis zum Ausdruck gebracht und auch Sanktionen verhängt. Die Doktrin der Immunität des Staatsoberhauptes sei rechtlich jedoch fest verankert, unabhängig vom Gegenstand eines jeweiligen Rechtsstreits.

Khashoggis Verlobte Cengiz warf US-Präsident Joe Biden auf Twitter vor, er habe den «Mörder» und «Kriminellen» durch die Gewährung der Immunität gerettet und sich so selbst in das Verbrechen verwickelt.

Hatice Cengiz, the fiancee of murdered Saudi journalist Jamal Kashoggi, poses for a photograph during an interview with The Associated Press in Istanbul, Turkey, Thursday, July 14, 2022. Cengiz descri ...
Hatice Cengiz, die Verlobte des ermordeten Jamal Khashoggi.Bild: keystone

Auf die Frage, ob Biden die Entscheidung abgesegnet habe, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Freitag, der Präsident habe Kenntnis von dem juristischen Verfahren und der rechtlichen Festlegung. Es handele sich um eine Festlegung des Aussenministeriums, die dann das Justizministerium auf Bitten des Gerichts vorgelegt habe. «Diese rechtliche Feststellung hat absolut nichts mit der Sache selbst zu tun», betonte er.

Biden habe sich sehr deutlich zu dem «brutalen, barbarischen Mord» an Khashoggi geäussert und sich dafür eingesetzt, das Regime dafür zur Rechenschaft zu ziehen, sagte Kirby weiter. Die juristische Festlegung habe auch nichts mit den bilateralen Beziehungen zwischen den USA und Saudi-Arabien zu tun, die derzeit bekanntermassen angespannt sein. Präsident Biden sei weiter der Ansicht, dass das Verhältnis zu dem Land zu überdenken sei. Die Prüfung dazu laufe.

US-Geheimdienste beschuldigen Mohammed bin Salman, für den Mord an Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul durch ein Mordkommando 2018 verantwortlich zu sein. Der Kronprinz bestreitet, Drahtzieher der Tat zu sein. Der Mord hatte zeitweise zu einer internationalen Isolierung des Thronfolgers geführt und die Beziehungen vieler westlicher Staaten zu Saudi-Arabien in eine Krise gestürzt, auch das Verhältnis zu den USA. Sanktionen, die Bidens Regierung gegen Saudi-Arabien verhängte, verschonten Mohammed bin Salman allerdings.

Nach einer zwischenzeitlichen Wiederannäherung hatte Riad zuletzt erneut grossen Ärger aus Washington auf sich gezogen, als das Land einer Förderkürzung für Öl zustimmte. Die US-Regierung kritisierte das scharf und wertete es als Unterstützung für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Saudi-Arabien und Russland gelten als die führenden Kräfte im Ölverbund Opec+, der die Drosselung der Ölförderung beschloss. Die USA hatten dagegen seit Monaten von der Opec+ ein Aufdrehen des Ölhahns gefordert - auch im Interesse der Weltwirtschaft. (sda/dpa)

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Die Chronologie des Falls Khashoggi
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Die Chronologie des Falls Khashoggi
2. Oktober: Der saudische Journalist Jamal Khashoggi besucht das saudische Konsulat in Istanbul. Er benötigt Papiere, um seine türkische Verlobte heiraten zu können. Seitdem fehlt von ihm jede Spur.
quelle: ap/trt world
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14 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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dieBied
18.11.2022 15:57registriert Mai 2017
Wie kann es sowas wie "Immunität vor dem Gesetz" überhaupt geben?! Absolut unverständlich, dass sich einige Individuen einfach alles erlauben können!
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