International
USA

US-Medienkonzern Fox zahlt Wahlmaschinenfirma 787,5 Millionen Dollar

Davida Brook, left, Justin Nelson, center, and Stephen Shackelford, right, attorneys for Dominion Voting Systems, exit the New Castle County Courthouse in Wilmington, Del., after the defamation lawsui ...
Die Anwälte von Dominion Voting Systems verlassen das New Castle County Courthouse in Wilmington, Delaware, nachdem die Verleumdungsklage von Dominion Voting Systems gegen Fox News kurz vor Beginn des Geschworenenprozesses beigelegt wurde.Bild: keystone

US-Medienkonzern Fox zahlt Wahlmaschinenfirma 787,5 Millionen Dollar

18.04.2023, 22:4019.04.2023, 09:37
Mehr «International»

Der konservative US-Medienkonzern Fox hat sich mit dem Wahlmaschinenhersteller Dominion aussergerichtlich auf eine Schadenersatzzahlung von 787.5 Millionen US-Dollar (knapp 720 Millionen Euro) geeinigt. Die Summe bedeute Rehabilitierung und Rechenschaft, sagte der Anwalt von Dominion, Justin Nelson, nach der Einigung am Dienstag. «Lügen haben Konsequenzen.» Der Chef von Dominion, John Poulos, sagte, Fox habe zugegeben, Lügen über Dominion verbreitet zu haben, die seiner Firma, den Beschäftigten und Kunden enormen Schaden zugefügt hätten. Fox teilte auf seiner Webseite mit, die Einigung spiegele die Verpflichtung von Fox wider, sich an «höchste journalistische Standards» zu halten.

Dominion hatte in dem Rechtsstreit ursprünglich rund 1.6 Milliarden US-Dollar (rund 1.5 Milliarden Euro) gefordert, weil Fox News Berichte über angebliche Manipulation der Wahlcomputer verbreitet hatte. Das Management des Senders berief sich auf die Pressefreiheit und beharrte darauf, man habe die Darstellungen des damaligen US-Präsidenten Donald Trump und seiner Anwälte legitimerweise als Nachricht wiedergegeben. Dominion wollte dagegen nachweisen, dass Fox News vorsätzlich Falschnachrichten ausgestrahlt habe.

Enthüllungen zur Präsidentschaftswahl 2020

Der Prozess hatte erst am Dienstagvormittag (Ortszeit) mit der Auswahl der Geschworenen begonnen. Für den Nachmittag waren dann die Eingangsstatements beider Seiten erwartet worden. Stattdessen kam es zu einer mehrstündigen Verzögerung, in der die Anwälte beider Seiten Berichten von Journalisten im Gerichtssaal zufolge miteinander verhandelten. Kameras wurden bei dem Prozess nicht zugelassen. Lediglich der Ton wurde ausserhalb des Gerichtssaals übertragen. Mehr als zwei Stunden nach dem geplanten Beginn der Sitzung entliess der vorsitzende Richter, Eric Davis, die Geschworenen mit den Worten: «Die Parteien haben den Fall geklärt.»

Wenig später traten die Anwälte und der Chef von Dominion vor dem Gerichtsgebäude in der Stadt Wilmington im Bundesstaat Delaware vor die Presse und verkündeten die Einzelheiten des Deals. Für viele Beobachter war es eine Überraschung, dass die Höhe der Schadensersatzzahlung bekannt wurde. Oftmals ist dies bei derartigen Einigungen nicht der Fall.

Fox-Moderatoren verbreiteten bewusst Lügen über Wahl 2020

Der Fall war in den USA mit grosser Aufmerksamkeit verfolgt worden. Er hatte bereits spektakuläre Erkenntnisse über das Verhältnis zwischen dem konservativen US-Fernsehsender Fox News und dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump zutage gefördert. So hatte der Eigentümer von Fox, der Medienmogul Rupert Murdoch, zugegeben, dass einige seiner Moderatoren bewusst Lügen in Bezug auf die Präsidentschaftswahl 2020 verbreitet hätten. Das ging laut US-Medien aus Gerichtsdokumenten hervor, die eidesstattliche Aussagen Murdochs von Anfang Februar wiedergeben. «Einige unserer Kommentatoren haben dem zugestimmt», sagte der 92-Jährige demnach mit Blick auf falsche Behauptungen, die Wahl sei dem damaligen Amtsinhaber Donald Trump gestohlen worden.

Er selbst habe aber ernsthafte Zweifel an diesen Behauptungen gehabt, erklärte Murdoch. Er hätte Auftritte von Getreuen des unterlegenen Trump, die die Lüge vom Wahlbetrug auf Fox nach der Wahl verbreiteten, stoppen können, sagte Murdoch demnach. «Aber ich habe es nicht getan», gab er zu.

«Ich hasse ihn leidenschaftlich»

Auch weitere pikante Details aus dem Innenleben des Medienkonzern wurden vor dem Prozess bekannt. So habe beispielsweise der quotenstarke Fernsehmoderator Tucker Carlson, der Trump in seinen Sendungen offen unterstützte, den Ex-Präsidenten hinter den Kulissen «gehasst», berichteten US-Medien unter Berufung auf die Gerichtsakten. Carlson habe demnach einem Mitarbeiter zwei Monate nach der Präsidentenwahl 2020 per Textnachricht geschrieben: «Wir sind sehr, sehr nahe dran, Trump an den meisten Abenden zu ignorieren. Ich kann es wirklich kaum erwarten. Ich hasse ihn leidenschaftlich.»

Fox erklärte sich zu der Schadensersatzzahlung möglicherweise auch deshalb bereit, um weitere peinliche Enthüllungen zu vermeiden. Der Richter in dem Fall habe Fox vor Prozessbeginn sanktioniert, weil der Sender Beweismittel nicht zur Verfügung gestellt habe, berichtete der Sender NBC. Davis habe angekündigt, es Dominion zu erlauben, Murdoch noch einmal zu befragen, hiess es.

Weitere Klagen

Die Einigung mit Fox könnte auch Signalwirkung auf weitere Verleumdungsklagen haben, die Dominion gegen andere konservative Nachrichtensender und mehrere Einzelpersonen angestrengt hat. «Wir sind noch nicht fertig», sagte Dominion-Anwalt Nelson am Dienstag. Ausser gegen Fox hat Dominion unter anderem auch Klage gegen die Anwälte Rudy Giuliani und Sidney Powell sowie den Geschäftsmann Mike Lindell eingereicht, die alle aus Trumps Umfeld stammen. Sie hatten ohne Belege behauptet, Dominion habe mit der Wahlsoftware die Abstimmung zugunsten von Trumps Herausforderer Joe Biden manipuliert.

Trump weigert sich bis heute, seine Niederlage gegen Biden einzugestehen. Er behauptet ohne jeden Nachweis, er sei durch Betrug um einen Wahlsieg gebracht worden. Seine Verbündeten verbreiteten die Behauptungen damals ebenfalls und reichten diverse Klagen ein, die allesamt scheiterten. (oee/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
58 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Viva Svizzera
19.04.2023 00:48registriert März 2023
Ohhhh... so schade. Sie haben sich aussergerichtlich geeinigt. Ich hätte so gerne gesehen wie Laura Ingraham, Tucker Carlson, Sean Hannity und Konsorten hätten aussagen müssen. Leider werden wir jetzt nie die Beweise sehen, die gesammelt wurden. Die Zahlung ist ein Schuldeingeständnis.
1094
Melden
Zum Kommentar
avatar
x%8Tz*3GsUf3
19.04.2023 01:00registriert Dezember 2020
Also, einer kommt daher, sagt "hey das ist Verleumdung" ich will *horrent hohe Summe X*, und der andere zahlt 800mio (!) in aussergerichtlicher Einigung. Für mich heisst es pauschal "sorry Du hast Recht, wir müssen dafür nicht mal vor Gericht, weil ich muss sonst noch mehr zahlen". Für mich sind 800mio ein Geständnis. Eine Spende an Dominion ist es garantiert nicht 🤣
855
Melden
Zum Kommentar
avatar
Xsa
19.04.2023 00:32registriert Oktober 2021
Schade, ein Prozess hätte hier ein richtungsweisendes Urteil erzielen können. So durfte der Rüpel sich wieder mal freikaufen. Ich bezweifle dass Fox nun gemässigter Antritt...
743
Melden
Zum Kommentar
58
    Kranz und Schweigeminute: König Charles gedenkt Weltkriegsende

    Der britische König Charles III. hat den 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs mit einem Gottesdienst in der Westminster Abbey und einer Schweigeminute begangen.

    Zur Story