Es war ein Trugschluss der Branche. Während der Coronapandemie ging die Aviatikindustrie davon aus, dass sich nach der Krise zuerst die Geschäftsfliegerei erholen und dann der Tourismusverkehr erst mit grösserer Verzögerung folgen würde. Doch es kam andersrum. Die Strände locken seit längerem wieder Scharen von Flugpassagieren an, während sich Kaderleute an Onlinemeetings via Teams oder Zoom gewöhnt haben. Sprich: Den Sand will man spüren, den Händedruck nicht unbedingt. Zudem können die Firmen mit weniger Business-Trips rasch viel Geld sparen.
Doch langsam zeigen auch die Zahlen der Geschäftsreisenden wieder nach oben. Dies zeigt eine neue Auswertung der Lufthansa-Tochter Airplus, die auf den Verkauf von Dienstreisen spezialisiert ist. Demnach buchten Schweizer Unternehmen im vergangenen Jahr rund einen Fünftel mehr Tickets für ihre Angestellten als noch im Vorjahr. Damit erreichten die Ausgaben für Flugbillette 88 Prozent des Vor-Krisen-Jahres 2019. Laut Airplus liegt dieser Wert der Schweizer Passagiere deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 76 Prozent.
Derweil hätten sich die Flugpreise innert Jahresfrist kaum verändert, kommt Airplus zum Schluss. Demnach kostete ein Ticket für einen Sitz in der Businessclass im Schnitt 4388 Franken - nur 16 Franken mehr als im Vorjahr. In der Economyclass sei der durchschnittliche Preis bei rund 600 Franken verharrt.
Allerdings: Gegenüber dem Vor-Krisen-Jahr 2019 kosteten die Business-Tickets 10 Prozent mehr, die Economy-Tickets sogar 18 Prozent mehr. Dies überrascht nicht. Schliesslich kämpfte die Branche im vergangenen Jahr mit Engpässen, sowohl bei den internationalen Lieferketten wie auch beim Personal. Dies führte zu einer Situation mit einer hohen Nachfrage, die das Angebot überstieg. Lufthansa-Chef Carsten Spohr liess sich daraufhin im Frühling zum Spruch hinreissen, er habe keine Eile, die Kapazitäten zu erhöhen. Denn die hohen Erträge «machen einfach zu viel Spass» (CH Media berichtete). Immerhin: Laut Airplus sei es in den vergangen drei Monaten wieder zu Preissenkungen gekommen.
«Die Unternehmen betrachten Geschäftsreisen als wichtige Investition in vertrauensvolle Beziehungen und damit letztlich ins Geschäft», sagt Andy Stehrenberger, Geschäftsführer von Airplus in der Schweiz. Während die Airlines sehr rasch wieder ihr USA-Angebot hochfuhren, dauerte es mit der Rückkehr der Asien-Flüge länger. Die Flugkapazitäten nach Asien würden nun aber stetig steigen, sagt Stehrenberger. «Wir sind daher optimistisch, dass Asien und insbesondere China sich dieses Jahr weiter dem Vor-Corona-Niveau annähern werden.»
Nach der Pandemie haben sich neue Trends ergeben. Einerseits heben die Geschäftsreisenden nach wie vor weniger oft ab als vor Corona, doch wenn sie es tun, sitzen sie lieber weiter vorn im Flugzeug: 17,8 Prozent buchten im vergangenen Jahr einen Sitz in der Businessclass, gegenüber 14,6 Prozent im Jahr 2019. Andererseits sind Wochenendflüge beliebter. Dabei wird die geschäftliche Reise oft mit einem privaten Aufenthalt kombiniert. In der Branche nennt sich das «Bleisure» - eine Kombination aus Business (Geschäft) und Leisure (Freizeit). Dazu passt, dass nur noch knapp 5 Prozent der Passagiere einen eintägigen Kurztrip buchten - das sind fast halb so viele wie vor der Krise.