Corona, Ukraine-Krieg, Klimawandel – in den letzten Jahren häuften sich die Krisen, welche globale Preisschocks auslösten. Zuletzt waren es Rohstoffe wie Kaffee, Kakao und Olivenöl, bei denen sich die stets gleiche Abfolge zeigte: extremes Wetter, ausfallende Ernten, steigende Preise bei Rohstoffen und schliesslich steigende Preise in den Verkaufsregalen der westlichen Welt. Als Nächstes könnten Autoreifen und Velopneus an der Reihe sein.
Denn der Klimawandel trifft den globalen Handel mit Kautschuk doppelt, erklärt Kolumnist David Fickling vom Newsdienst Bloomberg. Die Nachfrage nach diesem wichtigen Rohstoff für Pneus und Reifen steigt, zugleich sinkt das Angebot. Fickling sagt darum etwas lapidar:
Auf der Angebotsseite muss sich erst zeigen, wie schädlich der Klimawandel genau sein wird – auf jeden Fall dürfte er sehr schädlich sein. Denn die höheren Temperaturen treffen auf einen sehr empfindlichen Baum, der höhere Temperaturen schlecht verträgt. Kautschukbäume benötigen das Jahr über durchschnittliche Temperaturen von 26 bis 28 Grad – sonst geht da gar nichts. In wärmeren Gebieten wurde er bisher nie kommerziell angebaut.
Doch mit dem Klimawandel wird es mit diesen 28 Grad schwierig, heisst es in einer Studie erstellt vom französischen Agrarforschungszentrum Cirad und mitfinanziert vom Reifenhersteller Michelin. In den meisten aktuellen Anbaugebieten würden diese 28 Grad überschritten werden. Gebiete, die neu passende Verhältnisse bieten, würden nur sehr wenige hinzukommen.
Was hingegen hinzukommt, ist eine Häufung von extremen Wetterereignissen: Hitzewellen und Dürren, Starkregenfälle und Überschwemmungen. Insgesamt rechnen die Studienautoren mit «erheblichen» Folgen für die globale Herstellung. «Die Anbaugebiete ohne klimatische Einschränkungen dürften drastisch reduziert werden.» Bei der Herstellung wird es also eng.
Derweil ist Kautschuk gefragt wie eh und je – und bald noch mehr. Denn die Strassen dieser Welt wandeln sich allmählich: Benzin verbrennende Autos weichen, Elektroautos nehmen ihren Platz ein – und verbrauchen dabei nicht weniger, sondern mehr Kautschuk.
Elektroautos haben zwar auch nur vier Reifen, verschleissen diese aber mit ihren schweren und besser beschleunigenden Batterien schneller. Reifen halten an Elektroautos also weniger lang – und zwar um ungefähr 20 Prozent, schätzte laut Bloomberg ein Topmanager des französischen Reifenherstellers Michelin. Das fällt ins Gewicht, wenn man bedenkt, wie viel Kautschuk von Motorfahrzeugen und ihren Reifen verbraucht wird: drei Viertel der globalen Produktion.
Bleibt die Frage, wie schnell der Wandel zur Elektromobilität voranschreitet. Die Antwort lautet: in den USA und in Europa zwar nur schleppend, aber in China umso schneller. In diesem Riesenland mit 1,4 Milliarden Menschen könnten laut «Financial Times» schon 2025 erstmals mehr Elektrovehikel als Verbrenner verkauft werden.
Alles in allem läuft es laut Bloomberg-Autor Fickling auf folgendes Fazit hinaus:
Der Klimawandel wird also die Preise in die Höhe heben – und hat vielleicht bereits damit begonnen. Es muss für künftige Lieferungen deutlich mehr bezahlt werden als vor zwei Jahren. Laut dem Finanzdienstleister «Trading Economics» gut 50 Prozent mehr. Wie es weiter heisst, erklären sich diese letzten Preisanstiege mit Sorgen, dass die Versorgung erneut knapp wird.
Denn über der Herstellung ziehen buchstäblich Unwetterwolken auf. In Thailand, dem weltweit führenden Exporteur, haben die Behörden vor schweren Regenfällen gewarnt, die Sturzfluten verursachen und die Produktion unterbrechen könnten. Derweil boomt die Nachfrage vielleicht nicht gerade, zieht aber weiter an.
In Vietnam rechnet der nationale Verband damit, den Exporterlös dieses Jahr um 10 Prozent steigern zu können. In Singapur berichten Händler von einer «soliden» Nachfrage aus China, dem grössten Kautschuk-Verbraucher der Welt. Anscheinend kann selbst Chinas schwere Wirtschaftskrise nicht verhindern, dass seine Autoindustrie schnell wächst – und dabei Unmengen an Kautschuk verschlingt.
Ein Preisanstieg von 50 Prozent beim Kautschuk bedeutet noch lange nicht einen ebenso grossen Preisanstieg bei Autoreifen oder Velopneus. Es ist wie immer bei weltweit gehandelten Rohstoffen, welche in Endprodukten verarbeitet und in westlichen Läden verkauft werden: Es kommt noch eine lange Reihe von Kosten obendrauf.
Westliche Reifenhersteller müssen nicht nur Kautschuk einkaufen – sondern allein für den Reifen selbst über 20 weitere Bestandteile. Dann müssen sie Miete und Löhne zahlen, Marketing, Buchhaltung, Verpackung. All diese Kosten schlagen sich im Verkaufspreis von Autoreifen oder Velopneus nieder. Sie wirken wie Puffer, die den Schock mildern, wenn die Rohstoffpreise explodieren.
Aber sie mildern ihn nur, sie schaffen ihn nicht aus der Welt. So war das schon mit Kaffeebohnen und Café crème, Kakao und Markenschokolade, Oliven und Olivenöl im Schweizer Detailhandel: Am Ende wurde es doch etwas teurer. Der Bloomberg-Kolumnist Fickling schreibt deshalb:
Heute haben Kleinwsgen schon 16er drauf und von den Grossen wollen wir gar nicht reden.
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