Sein Profilbild ist lustig. Er hält ein Schild hoch: «Ich bin nur wegen Emma Amour hier», steht da.
Ich muss herzhaft lachten. Dabei habe ich mehr gelangweilt als inspiriert mal wieder die Dating-App geöffnet. Ich gebe dem Kerl ein Superlike.
«It’s a Match».
Halleluja.
Eigentlich will ich das Gespräch eröffnen. Er kommt mir aber zuvor: «Falls du wirklich Emma bist, will ich dich möglicherweise heiraten. Bist dus nicht, hör auf, meine Zeit zu vergeuden.»
«Ich bins», antworte ich.
«Keine Verarsche?», fragt er.
«Keine Verarsche», schreibe ich.
«Krass», findet er.
«Enttäuscht?», frage ich.
«Nein, eventuell einfach noch nicht genug Kohle auf der Seite für eine adäquate Hochzeit.»
«Können easy im Suff für 10 Dollar in Vegas heiraten», sag ich.
«Gebongt», findet er.
Ich schaue den Guten nochmal an. Sehr verstrubbelte Frisur, weisses T-Shirt, biz Bart. Dunkelblond. Auf den ersten Blick ein wahnsinnig cooler Kumpel. Ob da noch mehr als grosse Sympathie ist, weiss ich noch nicht.
Nennen wir den Guten ET. ET will daten. Glaubt er. Ganz sicher ist er nicht. ET glaubt immer noch, dass ich ihn verarsche. Wir machen ein Emma-Quiz. Ich muss sehr schnell auf folgende Fragen antworten:
1. Wie nennst du Kinder?
2. Wofür steht die Abkürzung SSMSS?
3. Wer sind «Olmabratwurst mit Bürli», «Bambusbjörn & Lilie» und «Snowy»?
Ich antworte im Nullkommanix natürlich absolut richtig. (Liebe Grüsse an zukünftige Kartoffeln, an Olmabratwursts Hemden und an die Lovestory von Bambusbjörn & Lilie.)
ET ist sich immer noch nicht ganz sicher, wills aber dennoch wissen. Und weil grad ein verregneter Sonntagnachmittag ist, verabreden wir uns auf Chicken Wings in einem trashigen Lokal, wo die Bedienung sehr knappe weiss-orange Klamotten tragen.
Ich bin etwas vor ET da. Er kommt rein, schaut mich an, lacht und sagt: «Du bist, schwierig zu sagen, irgendwie …. voll herzig.»
Ich lache. Bin nicht sicher, ob das ein Kompliment ist.
Ob er enttäuscht sei. «Nein, ich habe einfach eher mit so einer krassen Sex-Bombe gerechnet. Eine, deren Aura nach Blow Jobs, Quickies und Sex-Schweiss riecht.»
Ich glaube, ich bin ganz froh, dass ich nicht nach Sex-Schweiss rieche.
«Deine Stimme aber, die passt zum Bild, das ich hatte. Die ist verrucht, rauchig. Rauchst du wirklich nicht mehr?»
Nöö. Ganz grosses Ehren-Wort.
Wir setzen uns hin. ET starrt mich an. Und starrt und starrt. Bizli unangenehm ist es. «Frag alles», sag ich. «Stimmt es, was SSMSS über deine Brüste sagt?» Ich muss lachen. ET auch. «Nur en Witz gsi.»
Ob alle meine Geschichten wahr sind, will ET wissen. Ob es die Typen okay finden, wenn sie im Blog landen. Ob mir die Kommentare nicht mächtig auf den Sack gehen. Ob ich das Leben als Single immer geil finde. Wie viele Mails und Dick Pics ich bekomme. Und ob nicht vor allem viele Frauen eifersüchtig auf mich sind.
Am allermeisten aber interessiert ihn, ob ich wirklich Emma Amour bin. Bevor ich es nicht beweise, kann ers nicht ganz glauben. Ich frag, ob ich über das Treffen schreiben darf. «Un-be-di-ngt!», sagt ET.
Et voilà!
Warum er mich denn unbedingt treffen wollte, frage ich. «Du polarisierst. Du nervst, du amüsierst, du bist Sex, du bist FOMO, du bist lustig, du bist doof.»
Langsam, aber sicher schwatzt sich dieser ET sehr in my heart.
«Ich wollte unbedingt das Gesicht und die Stimme hinter all diesen Emotionen sehen.»
Jetzt holt ET etwas Luft. «Und fürwahr, du hast ein sehr hübsches Gesicht. Und du bist kleiner, als ich dachte. Und du bist nicht ganz so laut, wie ich dachte. Dafür hast du genau so ein tolles Lachen, wie es deine Freundin Cleo mal beschrieb.»
Wie viele falsche Emmas haben sich eigentlich gemeldet? «Viele», sagt ET. Die meisten fanden es lustig. Einige hätten ihn aber kritisiert. Was er denn von «so einer» wolle? Die habe doch keinen Plan. Und «benutze Männer wie Ware». ET hat die alle wortlos ge-unmatcht.
Wir überfressen uns hier jedenfalls gerade mit Chicken Wings und trinken Bier. Danach landen wir in einer ziemlich versifften Bar, wo ET die gesamte Belegschaft kennt. Wir setzen uns an den Tresen und reden und lachen und trinken und reden und lachen und trinken.
Irgendwann haben wir genug intus, dass ET sagt, dass er mich jetzt eigentlich küssen sollte. Da er mich ja eigentlich heiraten will. «Und wenn du schon mal die Chance hast, Emma Amour zu küssen, dann solltest du Emma Amour küssen.»
Ich lache und will mir grad überlegen, ob ich okay bin damit, als es aus ET rausplatzt:
«Ich finde dich super, Emma. Aber mehr so als beste Freundin. Ich will dich in den Arm nehmen und beschützen, ich will alle Miesepeter in der Kommentarspalte hauen und ich will dich am liebsten zum Traualtar begleiten, wo ich dich unter tosendem Applaus diesem unsäglichen und dennoch geilen SSMSS übergebe.»
Dann legt ET den Arm um mich und ich meinen Kopf an seine Schulter. Es ist genau so, wie ich es auf den ersten Swipe dachte: Der Typ hier ist super. Als Bro. Als vielleicht sogar einer meiner besten zukünftigen Bros.
Zum Abschied machen wir ein neues Foto für seinen Tinder-Account. Er hält jetzt ein Schild, auf dem steht: «Ich kenne brisante Geheimnisse von Emma Amour!» Ich habe das Schild unterschrieben. Und mit einem Herzli versehen.
Bitte, gern geschehen, liebe Tinderellas!
Adieu,
Wie oft gibst du dich, Emma, als Emma Amour zu erkennen?
Was hast du auf die Frage gesagt, wie du mit den Kommentaren hier umgehst?
Kommentiert ET selbst hier auch?