Ich hatte mal Latein. Zwei Jahre im Untergymi. War kein bisschen nachhaltig, wie wir sehen. Aber egal. Ich werde hier nicht über Sinn oder Unsinn unseres Schulsystems reden. Eigentlich will ich gar nicht reden.
Sina wollte reden.
Wir erinnern uns? Sina ist die Frau, mit der ich drei wirklich gute Monate verbracht habe. Schöne Mittwochnächte. Guter Sex. Unkompliziert und entspannt. Es war alles im Butter. BUTTER! Dass ich keine Beziehung will, nicht mit ihr und auch sonst mit niemandem, das habe ich ihr von Anfang an gesagt. Ich war transparent und klar. Habe keine falschen Versprechungen gemacht. Wirklich, da kann mir niemand einen Vorwurf machen! Ich habe vier (oder drei oder fünf) Schwestern, remember?
Ich bin übrigens nicht der Jüngste der Familie, ich bin nur der einzige Sohn. Was sage ich «nur» ... ich bin der König der Sippe! Aber die Tage sind gezählt. Eine Schwester ist schwanger. Der erste Nachwuchs! Ein JUNGE!
Item.
Sina hat sich nach unserem Gespräch nicht mehr gemeldet. Ich mich auch nicht bei ihr. Hätte ich daneben gefunden. Ich respektiere ihre Entscheidung. Sie hat eine andere Definition von REAL DEAL und will mich nicht mehr treffen. Ihr gutes Recht.
Am Mittwoch, also vorgestern, zwei Wochen nach unserem Treffen, hat sie dann doch eine Nachricht geschickt:
Ich musste fast lachen. Es war kurz nach neun und ich gehe nie vor Mitternacht ins Bett. Das weiss sie.
In den nächsten Nachrichten fragte sie umständlich, ob ich Lust hätte, noch etwas trinken zu gehen und wir trafen uns in der Bar, in der man sich trifft, wenn man niemandem begegnen will, den man kennt.
Those who know, know.
Sie wiederholte, was sie bei unserem letzten Treffen gesagt hatte. Ich wiederholte, was ich bei unserem ersten Treffen gesagt hatte. Sie will eine Beziehung. Nicht irgendeine. Die richtige, wahre, das will sie. Gerne bald! Sie sei schon in Verzug.
«Mit was?», fragte ich.
«Meinem Lebensplan», sagte sie.
Mit 28 wollte sie sich verloben, mit 30 heiraten, mit 32 das erste Kind bekommen. Ein Mädchen. Zwei Jahre später ein Junge. Sie ist jetzt 34, also «in Verzug». Sie lachte, das sei schon nicht ganz ernst gemeint alles. «Also doch, eigentlich schon», fügte sie hinzu. Wir drehten noch ein paar Runden um das Thema, ohne wirklich weiterzukommen und … Ich überspringe die nächsten zwei Stunden. (Zusammenfassung: Bier, Rosé, Bier, Bier, Rosé, Knutschen, Uber, weil müde, dazwischen reden.)
Es ist nie richtig, Sex mit einer Frau gegen ihren Willen zu haben. Das müssen wir nicht diskutieren. Nun gibt es aber diese verzwickte Situation, dass eine Frau keinen Sex haben will, aber dann doch damit anfängt. Sie sagt laut, «wir sollten das nicht tun!» und tut es dann doch. Schwierig! Das ist irgendein absurder Kampf von Hirn und Körper. Jedenfalls hat Sina immer wieder unterbrochen. Sie klagte, sie hätte sich so sehr vorgenommen, nicht mehr mit mir zu schlafen, sie hätte nicht geplant, hier zu sein, das sei alles falsch. Ich nickte. Sie sagte, es sei alles so kompliziert, ich nickte abermals und wir machten weiter. Ich fand, dass sie genug alt und nüchtern war, um zu wissen, was sie tut. Dieses Spiel wiederholten wir mehrmals und irgendwann… ich finde es seltsam, dass ich mich dafür schäme, aber ich brach ab. Ich wollte und konnte nicht mehr. Es war mir alles zu anstrengend. Ich habe keine Lust auf Drama.
Am nächsten Morgen hörte ich, wie sie ihre Haare föhnte. War wohl doch nicht ganz ungeplant alles.
Sie hat mir vor zwei Stunden geschrieben, sie würde gerne nochmals mit mir reden. Ich weiss noch nicht, was ich ihr antworte.
So long,
Ben
Sina ist verschossen in dich, könnte sich vorstellen, mit dir ihren Lebensplan zu verwirklichen, weil ticktack, die Uhr tickt. Bitte brich den Kontakt ab, um deinetwillen und um ihrentwillen.
Ich war mal eine Sina. Gefangen in meinen Gedanken und Vorstellungen. In der Hoffnung lebend, ich müsse nur besser werden, mehr investieren, dass ER dann doch noch eine Beziehung mit mir möchte. Wollte er nicht, wie du auch nicht.
Es dauerte lange um zu merken, dass es nicht an mir liegt, sondern an den Umständen. Heute bin ich froh, dass es nicht klappte.
Zu den Lebensplänen: 1. kommt es anders und 2. als man denkt. Oder wie ging der Spruch?
Zum Problem: Ich würde vermutlich ablehnen, nicht aus Scham sondern weil mir das einfach zu blöd wäre. Casual Sex ist grossartig weil unkompliziert, vorbeikommen, vögeln, vielleicht noch Pizza bestellen und übernachten.
Aber jedes mal noch das Drama mit stundenlangem im Kreis labern in einer Bar und dann noch ein mühsames "ich will, ich will nicht, ich will doch" Spiel im Schlafzimmer? Nope