Es ist eine Angst, die für Frauen ein ständiger Begleiter beim Feiern ist: K.-o.-Tropfen im Drink. Selbst wenn so ein Vorfall doch eher die Ausnahme ist, geht man lieber auf Nummer sicher: Im Unterbewusstsein vieler Frauen ist längst das Verhalten eingespeichert, den eigenen Drink niemals offen herumstehen zu lassen. Genaue Zahlen zu Delikten mit K.-o.-Tropfen gibt es bei der Polizei nicht, die Dunkelziffer ist jedoch hoch, wie Experten vermuten. Denn die Tropfen lassen sich nur einige Stunden lang im Körper nachweisen.
Eigentlich sollten beim Thema K.-o.-Tropfen die Täter, meist Männer, in die Verantwortung genommen werden. Und das patriarchale System, in dem es auch in Deutschland täglich sexuelle oder körperliche Gewalt gegen Frauen gibt. Doch leider ist es Realität, dass es Männer gibt, die Frauen vergewaltigen. Deshalb ist es wichtig, dass Frauen wissen, wie sie sich schützen können – auch beim Feiern.
Wir haben Tipps, wie du dich gegen K.-o.-Tropfen schützen kannst und was bei einem Verdacht zu tun ist.
Als K.-o.-Tropfen und -Mittel gelten eine Vielzahl an Substanzen, die eine Person ausser Gefecht setzen, sie manipulierbar, wehrlos und bewusstlos machen können – auch Alkohol zählt dazu. «Wenn ich gezielt eine Person abfülle, ist das auch ein K.-o.-Mittel», sagt Nina Fuchs, Mitgründerin des Vereins «KO – Kein Opfer» in der SZ.
Mehr als 100 Substanzen verfügen zumindest ansatzweise über Eigenschaften, die den Missbrauch als K.-o.-Mittel ermöglichen. Darunter viele Medikamente, die auch als Partydrogen missbraucht werden. Zu den K.-o.-Mitteln gehören Medikamente wie Benzodiazepine, die eigentlich in Schlaf- und Beruhigungsmittel enthalten, in der Szene aber als Benzos bekannt sind.
Auch Medikamente, die zur Behandlung allergischer Symptome, Depressionen und Schizophrenie genutzt werden, können gefährlich werden. Einige dieser potenziellen K.-o.-Mittel entfalten ihre ausknockende Wirkung gerade in Kombination mit Alkohol.
Eine weitere Partydroge, die am häufigsten als K.-o.-Mittel genutzt wird, ist Gamma-Hydroxybuttersäure (GHB), umgangssprachlich Liquid Ecstasy genannt. Der Zugang zu GHB ist wegen der Missbrauchsgefahr bereits in vielen Ländern erschwert worden, doch häufig wird auch Gamma-Butyrolacton (GBL) verwendet, das eigentlich ein Reinigungsmittel ist.
Das Tückische an K.-o.-Tropfen ist, dass es fast unmöglich ist, sie in einem Getränk zu erkennen oder zu schmecken – denn sie sind sowohl geruchs- als auch geschmacklos. Die Opfer sind nach der Aufnahme in der Regel hilflos und willenlos. Oft ist ihre Erinnerung am nächsten Tag verschwunden, wie bei einem Filmriss. Nicht selten werden Menschen unter Drogen beraubt, Frauen auch vergewaltigt.
Es ist sehr schwer zu unterscheiden, ob das Opfer zu viel Alkohol getrunken oder K.-o.-Tropfen erhalten hat. Die Wirkungen von K.-o.-Tropfen sind abhängig von der Dosis und können von Gefühlen der Euphorie über Schwindel bis hin zur Bewusstlosigkeit reichen. Wenn sich der Zustand der Person jedoch sehr schnell verschlimmert oder man weiss, dass sie nur einen oder zwei Drinks hatte, sollte man vorsichtshalber Hilfe holen. Die Wirkung der farblosen, flüssigen Substanz kann innerhalb von zehn bis dreissig Minuten eintreten und etwa drei Stunden anhalten.
Als Schutz vor solchen K.-o.-Tropfen gibt es einige clevere Ideen – und wenig überraschend sind sie alle von Frauen.
Diese kleine, unauffällige Armband sieht aus wie ein Festival-Bändchen – und du kannst es sogar ganz easy für nur 5.99 Euro im Drogeriemarkt kaufen. Entwickelt wurde das Xantus-Drinkcheck-Armband von einem kleinen Start-up.
Das Drinkcheck-Armband kann die Substanz GHB in zwei Getränken nachweisen. Trotzdem warnen bereits einige Tester:innen davor, dass das Tool erstens nicht für alle Stoffe funktioniert und zweitens die Verfärbung nicht klar erkennbar ist. Das Armband bietet also nur bedingt Sicherheit vor K.-o.-Tropfen.
Die 16-jährige Shirah Benarde aus Florida erlebte selbst, wie eine Freundin mit K.-o.-Tropfen betäubt wurde. Deshalb erfand sie eine simple, aber geniale Lösung, um den Drink gegen unerwünschte Substanzen zu schützen. Das Nightcap sieht aus wie ein Haargummi, lässt sich aber um den Drink spannen und dichtet ihn so weitgehend ab. Nur ein kleines Loch für den Strohhalm bleibt als Öffnung übrig. Man kann das Nightcap ausserdem zusammengerollt als Haargummi oder Armband unauffällig jederzeit mitnehmen. Die Erfindung macht die junge Amerikanerin zur Millionärin.
Eine andere Erfinderin entwickelte, nachdem sie ebenfalls selbst K.-o.-Tropfen im Glas hatte, eine Art Coronatest für Drogen. Zumindest haben die KnoNaps eine starke Ähnlichkeit – und funktionieren im Prinzip auch wie ein Coronatest. Auf das Testfeld kann man die Flüssigkeit aus dem Drink tröpfeln, wenn Drogen enthalten sind, sieht man zwei Striche auf der Anzeige.
Der Test schlägt bei zwölf verschiedenen Stoffen an, darunter Flunitrazepam (Rohypnol oder Roofies), Alprazolam (Xanax), Diazepam (Valium), Diazepam (Diastat), Temazepam (Restoril), Oxazepam (Serax), Lorazepam (Ativan), Etizolam (Arophlam), Triazolam (Halcion), Nitrazepam (Mogadon), Ketamine und Norketamine.
Sofern du es noch schaffst, fahre zur nächsten Notaufnahme für eine Blut- und Urinkontrolle oder rufe einen Krankenwagen. Wichtiger Hinweis: Im Blut sind GHB und GHL aus K.-o.-Tropfen rund sechs Stunden lang nachweisbar, im Urin rund zwölf Stunden lang – also doppelt so lange. Ansonsten kannst du auch das Personal oder umstehende Personen auf deine Notlage aufmerksam machen. Als Codewort in der Clubszene hat sich die Frage «Ist Luisa hier?» etabliert, um unauffällig nach Hilfe zu fragen, wenn man K.-o.-Tropfen im eigenen Drink vermutet.
Hast du den Verdacht auf sexuellen Missbrauch oder Vergewaltigung, solltest du unbedingt das Arztpersonal informieren, um gegebenenfalls auch DNA-Proben zu nehmen. So bald wie möglich solltest du dich ausserdem an die Polizei wenden. Wenn du nach dem Vorfall noch Hilfe brauchst, wirst du über opferhilfe-schweiz.ch fündig.
In Deutschland gibt es ein spezielles Opfertelefon des Opfern-Vereins Weisser Ring, kostenfrei und täglich zwischen 7 und 22 Uhr unter der Nummer 116 006 erreichbar.
Frauenberatungsstellen, die dir nach K.-o.-Tropfen weiterhelfen, gibt es in jeder grösseren Stadt.