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So herzig (und schlüpfrig) waren Liebesbriefe vor 265 Jahren

© The National Archives / Renaud Morieux Liebesbriefe
Bild: © The National Archives / Renaud Morieux

So herzig (und schlüpfrig) waren Liebesbriefe vor 265 Jahren

Im Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) wurden unzählige Liebesbriefe an gefangene Seemannsleute geschrieben. Nun wurden 100 davon erstmals geöffnet.
07.11.2023, 20:04
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«Ich könnte die ganze Nacht damit verbringen, dir zu schreiben ...»
Marie Dubosc an louis chambrelan

Diese Worte stammen aus einem Brief von Marie Dubosc an ihren gefangenen Ehemann Louis Chambrelan.

Chambrelan war Kriegsgefangener im Siebenjährigen Krieg, der von 1756 bis 1763 ausgetragen wurde. Auf der einen Seite kämpften Preussen und Grossbritannien, auf der anderen Seite eine Allianz aus der Habsburgermonarchie, dem Heiligen Römischen Reich sowie Frankreich, Russland und Spanien. Dabei ging es um die Vorherrschaft in Amerika und Indien, die Herrschaft über die transatlantischen Seewege sowie um Handelsvorteile.

Genau wie Chambrelan bekamen viele Kriegsgefangene von ihren Frauen unzählige Liebesbriefe zugeschickt. Diese kamen jedoch nie bei den Gefangenen an, da sie von den Wächtern abgefangen und ungeöffnet aufbewahrt wurden. 100 der Briefe wurden nun erstmals geöffnet und wissenschaftlich untersucht.

«Sehr emotionaler Moment»

An das Unterfangen hat sich Renaud Morieux von der Geschichtsfakultät der Universität Cambridge gewagt. Ihm wurde erlaubt, als erster Mensch seit 265 Jahren die Briefe für Forschungszwecke zu öffnen. «Es war für mich ein sehr emotionaler Moment», so der Historiker. Dies, weil er die Chance hatte, etwas zu lesen, was die eigentlichen Empfänger nie zu Gesicht bekamen.

© The National Archives / Renaud Morieux
Bild: © The National Archives / Renaud Morieux

Morieux hat 102 Briefe aus dem britischen Nationalarchiv in London entziffert. Dabei machten ihm krakelige Handschriften, fehlende Interpunktion und mangelnde Rechtschreibung zu schaffen. Die Ergebnisse hat er nun in der Fachzeitschrift Annales. Histoire, Sciences Sociales veröffentlicht.

Hier eine Übersicht zu den schönsten (und schlüpfrigsten) Liebesgeständnissen aus dem 18. Jahrhundert:

«Ich bin deine ewig treue Frau. Gute Nacht, mein lieber Freund, es ist Mitternacht. Ich glaube, es wird Zeit für mich, zu Bett zu gehen.»
marie dubosc an louis chambrelan

Diese Zeilen schrieb Marie Dubosc im Jahr 1758. Der Brief sollte ihren Ehemann Louis Chambrelan, einen Leutnant auf der Galatée, erreichen. Doch der Brief kam nicht an, Marie sah ihren Geliebten nie wieder. Sie starb nämlich ein Jahr später in Le Havre, noch bevor Louis Chambrelan aus der Kriegsgefangenschaft freigelassen wurde.

«Ich kann es kaum erwarten, dich zu besitzen.»

Diesen Satz schrieb Anne le Cerf an ihren Ehemann Jean Topsent. Ob sie mit «besitzen» eher eine Umarmung meinte oder Sex, konnte Morieux nicht bestimmen.

Es wurden jedoch nicht nur Liebesgeständnisse herumgeschickt:

«Am ersten Tag des Jahres hast du an deine Verlobte geschrieben. Ich denke mehr an dich als du an mich. Auf jeden Fall wünsche ich dir ein glückliches neues Jahr, erfüllt mit dem Segen des Herrn.
Ich glaube, ich bin reif für die Gruft, ich war drei Wochen lang krank. Grüsst Varin von mir, es ist nur seine Frau, die mir eure Nachricht überbringt.»

Diesen Brief schrieb Marguerite Quesnel ihrem Sohn Nicolas. Darin tadelte sie den Matrosen, dass er ihr keine Briefe schrieb. Kurz darauf schickte Nicolas' Verlobte ihm einen Brief und drängte ihn, seiner Mutter zu antworten.

Bild
Bild: © The National Archives / Renaud Morieux

Die Kriegsgefangenen

Obwohl Frankreich dazumal die besten Schiffe hatte, fehlten diesen die ausgebildeten Seemannsleute. Das machte sich England zum Vorteil und nahm so viele französische Mariner wie möglich fest.

Bereits im Jahr 1758 war von 60'137 französischen Seeleuten fast ein Drittel in Grossbritannien inhaftiert.

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Doppelpass
07.11.2023 20:44registriert Februar 2014
Offensichtlich ist die Schlüpfrigkeit in den Briefen dermassen schlüpfrig, dass sie total entschlüpft ist.
Ich habe sie auf jeden Fall noch nicht gefunden.
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Schlaf
07.11.2023 21:30registriert Oktober 2019
Das war jetzz irgendwie ziemlich mager.
Ist da was untergegangen?
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Grave
07.11.2023 21:33registriert April 2015
Am meisten fasziniert mich, dass damals briefe "um die halbe welt" gekarrt wurden und irgendwie trotzdem beim richtigen empfänger ankamen.
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