Die Kolonie Kathputly existiert bereits seit 40 Jahren. Die Heimat indischer Strassenkünstler ist ein Slum im Westen von Neu-Delhi. Geschätzte 2'800 Familien leben hier: Sie sind Puppenspieler, Maler, Musiker, Akrobaten, Volkssänger, Seiltänzer, Feuerspucker, Schwertschlucker und Zauberer.
Der britische Fotograf Mark Leaver hat sich in diese bunt-schmutzige Welt von Künstlern aufgemacht, um sie noch ein letztes Mal fotografisch festzuhalten, bevor sie für immer verschwindet.
Hier ist es überall dreckig und es stinkt nach Müll, nach Fäkalien. Dieser Schmutzfleck ist ein Dorn im Auge der indischen Behörden. Sie wollen ihn aus dem Weg räumen und durch ein 54-stöckiges Wohnhaus ersetzen. Eines mit einem riesigen Einkaufscenter, in dem sich die künftigen Luxuswohnungsbesitzer ihre Luxusgüter kaufen können. Wie viel Kultur mit dem Verschwinden des Artisten-Slums verloren geht, interessiert nicht.
«Seit ich denken kann, soll die Kolonie angeblich abgerissen werden», sagt der 19-Jährige Satish, der in Kathputli aufgewachsen ist. Doch dieses Mal scheint es ernst zu sein: Die Stadt hat die Hütten bereits nummeriert und ein Ort für das Übergangsquartier der Bewohner soll bereits gefunden worden sein.
Wer Dokumente über seine Behausungen im Slum besitze, bekomme eine neue Wohnung zugewiesen, heisst es.
Nur fehlen vielen der Slumbewohner die entsprechenden Papiere: Anfangs wurde Kathputli zwar legal erbaut, aber die Kolonie wuchs – und das ziemlich unübersichtlich; Eltern haben ihren Kindern neue Hütten errichtet, die nirgends verzeichnet sind. Wenn der Slum tatsächlich abgerissen wird, werden diese Familien kein Zuhause mehr haben.
Für Kailash ist aber klar: «Wir leben hier seit Jahrzehnten gemeinsam. Also gehen wir entweder alle – oder keiner.»
(rof)