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Fastkollision zwischen Patrouille Suisse und einem Segelflugzeug

The Patrouille Suisse performs prior to the men's Super G race at the Alpine Skiing FIS Ski World Cup, in Wengen, Switzerland, Friday, January 17, 2025. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Geringe Abstände sind für Piloten der Patrouille Suisse im Normalfall kein Problem – wenn es sich um eingeübte Formationsflüge handelt.Bild: keystone

So kam es zu einer Fastkollision zwischen Patrouille Suisse und einem Segelflugzeug

Bei einer Vorführung der Patrouille Suisse am Flugtag in Schupfart ist es im Sommer 2018 beinahe zu einem Unfall zwischen einem Tiger-Jet und einem Segelflugzeug aus Deutschland gekommen. Nun ist klar: Das war richtig knapp. Nur wenige Meter trennten die Flugzeuge von einer Kollision.
10.02.2025, 15:4710.02.2025, 15:47
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Der Segelflieger startete am Vormittag vom Flugplatz Winzeln-Schramberg im Schwarzwald für einen Rundflug. Der 30. Juni 2018 war ein sonniger Tag, beinahe wolkenlos. Die Sichtweite betrug vierzig Kilometer.

Etwa eine Stunde nach dem Start überquerte das Flugzeug die Landesgrenze bei Bad Säckingen und flog zunächst gut einen Kilometer östlich am Flugplatz Fricktal-Schupfart vorbei. Als das Segelflugzeug aber an Höhe verlor, stellte der 50-jährige deutsche Pilot per Funk Verbindung zum Tower her und bat um Erlaubnis, landen zu dürfen.

Das wurde ihm nicht gestattet. Der Pilot sah zudem, dass in Schupfart bereits Vorbereitungen für einen Flugtag getroffen wurden: Der Regionalverband Fricktal des Aero-Clubs der Schweiz feierte das 50-Jahr-Jubiläum des Flugplatzes Fricktal-Schupfart mit vielen Flugshows, darunter einer Kunstflugvorführung der Patrouille Suisse.

Zur Minimierung des Risikos von unerwünschten Annäherungen oder gar Kollisionen zwischen der Patrouille Suisse und den übrigen Luftraumnutzenden wurden rund um den Flugplatz Schupfart zwei temporäre Flugbeschränkungsgebiete eingerichtet. Diese Flugbeschränkungsgebiete wurden in der Notice To Airmen (Notam) und im Daily Airspace Bulletin Switzerland publiziert. So steht es im summarischen Bericht der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle Sust.

Segelflieger: Richtung Olten und zurück

Der Pilot des Segelflugzeuges habe nach der Absage durch den Tower in Schupfart zunächst entgegnet, dass er halt dort landen werde, wo er müsse, schreibt die Sust in ihrem Bericht. Darauf sei ihm mitgeteilt worden, dass nachher eine «Restricted Area» um den Flugplatz gelte und er sich früh genug entscheiden solle.

Durch einen Aufwind gewann der deutsche Segelflieger dann doch wieder an Höhe, also setzte der 50-Jährige seinen Rundflug in Richtung Flugfeld Olten fort. Auf der weiteren Reise schienen die thermischen Bedingungen weiterhin gut, durch mehrmaliges Kreisen in Aufwinden konnte das Segelflugzeug eine Flughöhe von etwa 1580 Metern erreichen. Nach ungefähr einer halben Stunde entschied sich der Pilot, umzukehren und doch wieder zurück in Richtung Flugplatz Fricktal-Schupfart zu fliegen.

Dieses Mal wollte er westlich daran vorbeifliegen. Mittlerweile war der Durchflug dort aber nicht mehr erlaubt. Ob der Pilot vom Tower bei seinem ersten Vorbeiflug wirklich darüber informiert worden war, dass um die Mittagszeit der Luftraum für eine Vorführung der Patrouille Suisse gesperrt ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Dies liess sich auch durch die Untersuchung nicht klären, wie es im Sust-Bericht heisst.

Fakt ist aber: Der Pilot des Segelfliegers hatte sich vor Beginn seines Ausflugs nicht darüber informiert, ob und welche Einschränkungen im Schweizer Flugraum gelten. Zudem hatte er auch keinen erneuten Funkkontakt mit dem Tower aufgenommen.

Für die Jet-Piloten unsichtbar

Beinahe zeitgleich, als der Segelflieger also in das aktive Flugbeschränkungsgebiet rund um Schupfart einflog, starteten vom Militärflugplatz Emmen aus sechs F-5E Tiger der Patrouille Suisse. Acht Minuten später begann die Flugvorführung über dem Flugplatz Fricktal-Schupfart. Als die Patrouille Suisse dazu in einer hochgezogenen Rechtskurve den Flughafen in Richtung Westen überflogen, kam es über der Ortschaft Zeiningen zur Begegnung mit dem 50-jährigen Deutschen.

Diese Karte zeigt die Flugwege des Segelflugzeugs (blau) und der Patrouille Suisse (grün). Roter Kreis: Flugbeschränkungsgebiet.
Diese Karte zeigt die Flugwege des Segelflugzeugs (blau) und der Patrouille Suisse (grün). Roter Kreis: Flugbeschränkungsgebiet. bild: Screenshot SUST-Bericht

Das Problem: Das Segelflugzeug war nicht mit einem Transponder ausgestattet, was es für die militärische Einsatzzentrale unsichtbar machte. Der Leader der Patrouille Suisse erschrak, als er das Segelflugzeug entdeckte. Für ein Ausweichmanöver – zumal im Verband – blieb keine Zeit mehr.

Ähnlich ging es dem Segelflieger. Der war zu diesem Zeitpunkt nämlich erneut mit thermischem Kreisen beschäftigt, der Pilot hatte zunächst nur den Lärm von Jettriebwerken gehört. Als er Sichtkontakt hatte, war es zu spät für eine Reaktion. Und selbst wenn: Ein Ausweichmanöver des Segelflugpiloten hätte die gefährliche Situation ohnehin nicht beheben können, da das Segelflugzeug für die Patrouille Suisse – die rund siebenmal so schnell unterwegs war – mehr oder weniger ein stehendes Objekt war.

Und so kreuzten sich die Flugbahnen. Gemäss dem Luftwaffen-internen «Air Safety Report» wurde der geringste vertikale Abstand zwischen einem der F-5E Tiger im Verband der Patrouille Suisse und dem Segelflugzeug auf 10 bis 20 Meter geschätzt. Ein Fotograf konnte die Beinahekollision über Zeiningen im Bild festhalten:

Zu sehen sind das Segelflugzeug und fünf F-5E der Patrouille Suisse, die Nummern entsprechen den Positionen der Flugzeuge in der Formation.
Zu sehen sind das Segelflugzeug und fünf F-5E der Patrouille Suisse, die Nummern entsprechen den Positionen der Flugzeuge in der Formation.Bild: Screenshot Sust-Bericht

Es sei nur dem Zufall zuzuschreiben, so hält es der Untersuchungsbericht fest, dass es nicht zu einer Kollision kam. «Wie schon bei zahlreichen anderen gefährlichen Annäherungen muss einmal mehr festgestellt werden, dass durch das Fehlen eines betriebsbereiten und eingeschalteten Transponders im Segelflugzeug die gefährliche Annäherung nicht verhindert werden konnte», so die Sicherheitsuntersuchungsstelle.

Der Segelflieger kehrte anschliessend wieder nach Deutschland zurück, landete auf dem Flugplatz Hütten-Hotzenwald. Dort hatte er zwar mit örtlichen Segelfliegerkollegen über den Vorfall gesprochen, gemeldet hatte er die gefährliche Annäherung aber nicht. (phh/nro)

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