Wer zum Arzt geht, erwartet die bestmögliche Behandlung. Das scheint für viele eine Selbstverständlichkeit zu sein. Doch ganz so evident ist das nicht.
Beispielsweise erhalten Personen mit Kniebeschwerden wie Arthrosen oft eine Kniegelenkspiegelung, eine Kniearthroskopie. Schädlich ist das zwar nicht. Aber bereits vor sechs Jahren kam das Swiss Medical Board zum Schluss, dass es «keine Evidenz eines Nutzens der Kniearthroskopie für Patienten mit degenerativen Kniebeschwerden» gibt. Die vertiefte Nutzenabklärung ergab, dass «lediglich eine leichte, klinisch nicht relevante, Schmerzreduktion» kurz nach der Behandlung sichtbar wird.
Obwohl die wissenschaftliche Abklärung – die Branche spricht von Health Technology Assessment (HTA) – keinen medizinischen Nutzen verspricht, werden in der Schweiz weiterhin fleissig Knie gespiegelt. Das ist teuer und ineffizient. Und eigentlich gesetzeswidrig.
Denn das Krankenversicherungsgesetz ist klar: Eine medizinische Leistung, die von der Krankenkasse finanziert wird, muss den WZW-Kriterien entsprechen. Das heisst, sie muss wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Prämienzahlende müssten also Kniespiegelungen nicht weiter berappen, tun es aber trotzdem.
Zunächst ist der HTA-Prozess für die Kniearthroskopie noch nicht abgeschlossen: Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist seit fünf Jahren daran, die Anwendung einzuschränken. Doch die betroffenen Ärzte wehren sich. Denn auch Medizin ist nicht schwarz-weiss. Im Einzelfall kann eine Kniearthroskopie durchaus wirken, bei gewissen Untergruppen soll sie darum weiterhin angewandt werden. Aber eben nicht flächendeckend.
Der Entscheid steht aber bevor. Und das BAG verspricht sich Einsparungen von über 67 Millionen Franken pro Jahr, wie ein neuer Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) zeigt. Sie attestiert, dass das BAG guten Fortschritt machte. Bis im September realisierte das Amt rund 86 Millionen Franken an Einsparungen – jährlich wiederkehrend. Laut Angaben des BAG sind es unterdessen über 100 Millionen Franken.
Am wirksamsten erweisen sich die Einschränkungen bei der Vergütung von Vitamin-D-Tests. Die Änderung führt laut BAG zu direkten jährlichen Einsparungen in der obligatorischen Krankenversicherung von 45 Millionen Franken. Der zweite grosse Posten ist der Ausschluss von Medizinalcannabis. Seit die Krankenkasse dieses nicht mehr generell vergütet, konnten rund 34 Millionen Franken Prämiengelder gespart werden.
Weitere Einschränkungen stecken in der Pipeline. Laut EFK befinden sich verschiedene Gesundheitstechnologien in der Schlussphase, die nochmals rund 100 Millionen Franken an Einsparpotenzial bringen könnten.
Dass HTA wichtig sind, ist unbestritten. Auch politisch ist die Forderung alt – und poppt immer wieder auf. Seit 2017 arbeitet das Bundesamt für Gesundheit daran. Der EFK-Bericht zeigt nun, dass die Bemühungen langsam Wirkung zeigen und der Zug an Fahrt aufnimmt. Er zeigt aber auch, wo es weiterhin hapert. So wird kaum eine Leistung komplett gestrichen. Meistens werden sie lediglich auf gewisse Anwendungen limitiert – wie das bei der Kniearthroskopie der Fall ist.
Weiter zeigt sich, dass gerade im Bereich der Medikamente eine Umsetzung lange herausgezögert werden kann, indem die Änderungen eingeklagt werden. Beispielsweise ist die Eisentherapie mit einem jährlichen Einsparpotenzial von 10 Millionen Franken seit zwei Jahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hängig. Ein Weiterzug ans Bundesgericht ist theoretisch möglich.
Die Finanzkontrolle mahnt auch, wo das BAG nachbessern muss: Es mangelt an Themeneingaben. Anstatt 20 bis 30 Leistungen schickt das BAG nur zwischen 5 und 15 Leistungen pro Jahr in ein HTA-Verfahren. Die EFK kritisiert, die Zahl müsse «für eine gute HTA-Auswahl mindestens dreimal höher liegen».
Das BAG wiederum erklärt, es arbeite daran und habe die Krankenkassen bereits zu einem Workshop eingeladen. Auch die Öffentlichkeit ist berechtigt, Vorschläge zu machen. Dann gelingt es vielleicht auch, jährlich die Prämienzahler um 100 bis 200 Millionen Franken zu entlasten. Und ja, Patientinnen und Patienten haben so auch die Gewähr, dass die Behandlung am Knie auch tatsächlich wirksam ist. (aargauerzeitung.ch)
Die Homöopathie z.B. hat absolut gar keine Wirkung, und wird trotzdem bezahlt 😆
Ich denke wir sollten zuerst da ansetzen.