Es ist eine ganz kurze Sequenz in einem Beitrag der Tagesschau des Westschweizer Fernsehens RTS vom 5. Mai. Sie zeigt einen Mann mit dunklem Teint und Haarsträhnen auf der Stirn, gezeichnet auf eine Kartonzielscheibe, die während einer Grossübung der Schweizer Armee zum Einsatz kommt.
Brigitte Crottaz, SP-Nationalrätin aus dem Kanton Waadt, wittert einen Fall von Rassismus. «Es handelt sich klar um einen Mann mit maghrebinischem Profil», hält sie fest. Und: «Die aktuellen Geschehnisse zeigen, dass der Kampf gegen Rassismus nötig ist und im Alltag geleistet werden muss.»
Crottaz hob den Fall auf die höchste politische Stufe: Verteidigungsministerin Viola Amherd musste sich im Rahmen der Fragestunde des Nationalrats damit befassen. In der schriftlichen Antwort hält das Verteidigungsdepartement fest, die Armee toleriere keine Form von Diskriminierung. «Alle Armeeangehörigen müssen die Menschenrechte und Menschenwürde in ihrer Vielfalt und ohne Diskriminierung wahren.» Unter Amherds Ägide schuf die Armee sogar eigens eine Fachstelle Diversity. Armeechef Thomas Süssli betont, es liege in der Verantwortung der Armee, eine Kultur zu schaffen, in der bewusst, respektvoll und gewinnbringend mit Vielfalt umgegangen werde.
Wie ist es möglich, dass bei so viel Sensibilisierung Kartonzielscheiben aufgestellt werden, auf denen Menschen dargestellt werden, die Maghrebiner darstellen, wie zumindest Crottaz moniert?
Eine Spurensuche führt ins Ausland. Die von der Armee verwendeten Kartonzielscheiben werden von der belgischen Firma PJL hergestellt. Die von der Armee verwendeten Übungsscheiben stammen von genau dieser Firma. Ein Klick auf ihre Homepage zeigt: Auf den Kartonzielscheiben werden bewaffnete Menschen dargestellt, die aus allen Kontinenten stammen könnten. Kultiviert die Schweizer Armee also doch keine stereotypen Bilder? «Sie verwendet Standard-Kartonzielscheiben, die international von Sicherheitskräften für ihre Trainings verwendet werden», schreibt Armeesprecher Stefan Hofer.
Bei der Grossübung von Anfang Mai simulierte die Armee ein Szenario mit einer terroristischen und paramilitärischen Bedrohung. Die Scheiben seien unterschiedlich gestaltet - manchmal mit bewaffneten, manchmal mit unbewaffneten Personen, sagt Hofer. «Sie bezwecken, dass die Armeeangehörigen nicht einfach schiessen, wenn sie eine Scheibe sehen.» Und das Verteidigungsdepartement erklärt Crottaz: «Im vorliegenden Fall ist nicht das Erscheinungsbild der Person entscheidend, sondern einzig und allein, ob sie bewaffnet ist oder nicht.» Es gehe darum, dass der Schütze übe, unter Zeitdruck gut zu reagieren. (aargauerzeitung.ch)
Schiesst die Armee NUR auf solche Scheiben: Problem.
Schiesst die Armee nicht mehr auf diese Scheiben wegen Rassismusgefahr: Problem.
🤷♂️