Weil «Edelfeder» Simone Meier immer noch in den Ferien weilt, wird sie beim Bachelor-Happening erneut vertreten. Unser Toggi konnte sich ja bereits letzten Montag austoben, diese Woche stritten sich sämtliche Redaktionsmitglieder um die Aufgabe, die Sternstunden des Schweizer TVs zu besprechen. Ich habe mit sehr harten Bandagen gekämpft und mich durchgesetzt. Es ist mein erstes Mal, also habt Nachsicht. Herzlich willkommen!
In der ersten Folge hat Toggi ja bereits die Intelligenz und den Charakter von Kenny und seinen Ladies analysiert. Ich finde, das kann man ohne Widerrede so stehen lassen und widme mich stattdessen dem Analysieren der Originalität von 3+.
Und da muss jetzt einfach mal gesagt sein: Elf Staffeln «Der Bachelor» gibt es nun schon. Elf!!! Und noch immer kramt 3+ das Drehbuch der allerersten Staffel hervor. Obwohl die meisten Seiten vermutlich schon Eselsohren haben und übersät sind mit Flecken des Kaffees, der dringend benötigt wurde, als man nächtelang um Kreativität ringend die Köpfe zusammensteckte, um am Ende eine Sendung zu produzieren, in der es doch eigentlich viel spannender wäre, die Protagonisten auch einfach mal machen zu lassen und Menschen bei echter Konversation zuzuhören. Das würde sich auch insofern lohnen, als die Sendung Protagonistinnen und Protagonisten mit mehr Herz und weniger Plastik anziehen würde (meine These).
Ich selbst weiss zum Beispiel, dass 3+ das eigentlich besser kann. Ich schaue seit Jahren mit viel Freude «Bauer, ledig, sucht ...». Ich weiss, ich weiss, auch dort sind einige Szenen gescriptet und die meisten Bauern würden selbst nicht auf die Idee kommen, eine Melk-Challenge für ihre Hofdamen zu organisieren.
Trotzdem: Diese Bauern (und einige Bäuerinnen) sind authentisch. Und herzig. Und liebevoll. Und: Man kann ihnen mit Herzchen in den Augen beim Verlieben zuschauen – wirklich! «BLS» hat nämlich schon mindestens 10 Hochzeiten und noch mehr Kinder hervorgebracht. Das kann der Bachelor nicht annähernd von sich behaupten. Soweit ich weiss, ist kein einziges Paar noch in love (korrigiert mich, wenn ich falsch liege).
Aber egal. Wir schauen jetzt grosszügig über die eigentliche Substanzlosigkeit der Sendung hinweg und widmen uns der zweiten Bachelor-Folge mit Kenny Leemann. Es geht los mit dem Partyboot. Natürlich (siehe Seite 4 im Skript, Absatz 3: «Das Partyboot»).
Auf besagtem Boot übertrifft sich der Sender dann selbst. Es gibt nämlich ein «Problem». Die «Crew» ist «ausgefallen». Kenny macht das Partyboot deshalb kurzerhand zur Zweiklassengesellschaft und ernennt einige Ladies zu Crewmitgliedern, die unter anderem Drinks mixen und den Boden schrubben (!!!) dürfen. Im passenden Outfit, versteht sich.
Die Produzenten haben hier dem Skript eine neue Seite hinzugefügt, weil der Kampf um die Zimmer mit dem dazugehörigen Koffer-in-den-Pool-Schmeissen dem Publikum wohl verdächtig iterativ vorkam, weshalb ein neuer Schauplatz für den «Zickenkrieg» hermusste.
Kenny machts wieder gut, indem die Crew-Ladies mit ihm den restlichen Tag auf dem Partyboot verbringen dürfen. Dabei reiben «Kenwittchen und die sieben Twerkerinnen» (O-Ton des 3+-Sprechers, der einzige Originelle in dieser Sendung) alles aneinander, was ihnen zum Reiben so zur Verfügung steht.
Aber, to be fair, einmal geschieht auch Interessantes. Wir erfahren nämlich, was passiert, wenn man sich durch Ausziehen nicht mehr weiter profilieren kann: Man zeigt Haut! Und zwar diese am Gesicht!!! Ivana, deren Haut normalerweise nicht allzu viel Sauerstoff kriegen dürfte, schminkt sich ab und zeigt sich dem Bachelor «nackt». «Isch doch schön», sagt er und schenkt ihr den Gewinn der Challenge, einen Kuss.
Zurück an Land kriegt Lea, die gemäss Toggi länger im Rennen bleiben dürfte, das erste Einzeldate. Kenny schwitzt, Lea erzählt von ihrem Job bei Ochsner Sport. Später legen sich die beiden hin und sie fragt: «Bisch bequem? Willsch keis Chüssi?» Seine Antwort: «Es Chüssi nöd, aber villicht es Küssli?» Nicht nur die Zuschauer, auch Lea ist sichtlich erstaunt, dass das Skript bereits in der zweiten Folge einen längeren Kuss vorsieht und fragt: «Jetzt scho?! Okay.»
3+ setzt in dieser Folge gewohnt alles daran, dass der Eindruck eines Zickenkrieges entsteht. So müssen die Ladies am nächsten Tag zum «Kickboxen». Finanzberaterin Mari aus Zürich ist schon mal gespannt, «wem ich cha e Fuscht verteile». Sie wird enttäuscht werden, denn das Kickboxen verkommt zum real gewordenen feuchten Traum eines jeden (Klischee-)Mannes – vielleicht gehört Kenny auch dazu –: Es gibt eine Kissenschlacht. Originell. Das Schlimmste, was dabei passiert: Mari verschluckt sich an den Federn.
Letzte Woche haben es die Adleraugen unter euch bereits bemerkt: Es sind nur 14 Ladies! Wie ebenfalls von einigen antizipiert, liess das natürlich Platz für zickige Neuankömmlinge. Und tatsächlich, diesmal sind es deren sogar drei. Und natürlich sind sie in der thailändischen Villa nicht willkommen.
Ehrlich gesagt: Neben den ganz kleinen Abweichungen des bekannten Skripts verläuft der Rest der Sendung wieder genau nach Schema F. Die Ladies sprechen über das Date von Lea (die mit dem Chüssi und dem Küssli) und sind eifersüchtig. Es gibt noch ein Date, bei dem Regisha (eine der Neuen) gecrasht wird von Jennifer. Jenny und Kenny führen tiefe Gespräche, die anderen sind eifersüchtig.
Übrigens: Ich glaube ja, Toggi hatte da schon letzte Woche den richtigen Riecher. Jennifer wird das Rennen machen. Die Frau aus Luzern ist die natürlichste und – mutmasslich – intelligenteste Kandidatin dieser Staffel. Wenn man beim Date zwischen Kenny und Jenny ganz, ganz gut zuhörte und sich krass konzentrierte, konnte man sogar eine gewisse Chemie erahnen.
Nicht nur das Skript, auch die Nacht der Rosen hält derweil keine Überraschungen mehr bereit. Die flippige Nila, eigentlich noch sympa, und Finanzberaterin Mari, die sich glücklicherweise sämtlicher Federn in ihrem Hals entledigen konnte, haben beim Bachelor das Zeitliche gesegnet und sind raus.
So, und raus bin auch ich. Aber nicht ohne einen wichtigen Appell: 3+, habt doch bitte den Mut, bei Reality-TV etwas mehr «Reality» zu zeigen. Startet eine Revolution, lasst das Skript im Keller und den Bachelor und die Ladies selbst sprechen. Vielleicht wäre dann die Pärchen-Quote auch mal über null.
Und an Kenny und die Ladies: Nehmt euch ein Vorbild an den Schweizer Bäuerinnen und Bauern: weniger Schminke, Outfit und Muskeln, mehr Herz. Aber was sage ich erbärmliche Romantikerin da ... meine Hoffnungen wird wohl dasselbe Schicksal ereilen wie die Sonne jetzt im Herbst: ziemlich schnell untergehen.
PS: Die neuste Staffel «Bauer, ledig, sucht ...» hat vor wenigen Wochen angefangen, sie läuft jeweils am Donnerstag um 20.15 Uhr. Nur so.