Die Weigerung der Bubendörfer Bürger, den Kosovaren Hamdi Halili einzubürgern, sorgt kurz vor Weihnachten im Baselbiet für viel Gesprächsstoff. Ein Teilnehmer der Bürgergemeindeversammlung, der anonym bleiben möchte, sagt auf Anfrage: «Ich habe an der Versammlung keine neuen und keine sachlichen Argumente gehört, die gegen eine Einbürgerung sprechen.»
Vor Jahresfrist hiess das Baselbieter Kantonsgericht eine Beschwerde Halilis gegen den abschlägigen Entscheid von 2016 gut. Die Begründung der Bürgergemeinde zur Ablehnung sei nicht haltbar, betonte das Gericht damals.
Auch das Nein im zweiten Anlauf sei rein emotional erfolgt, kritisiert der Versammlungsteilnehmer. «Die Behauptung, Hamdi Halili sei schlecht integriert, ist schlicht falsch.» Deshalb habe das Gericht die Bürgergemeinde ja angewiesen, nochmals über den Fall abzustimmen, sagt der Teilnehmer. Ein Sohn und die Ehefrau Halilis wurden im Zuge des Beschwerdeverfahrens von 2016 eingebürgert; ein zweiter Sohn sogar direkt vom Regierungsrat.
Im Falle von Hamdi Halili wird die Bubendörfer Bürgergemeinde ihren negativen Entscheid ebenfalls gegenüber dem Kanton begründen müssen. Ob letzterer die Gründe akzeptiert, darf nach der Vorgeschichte zumindest bezweifelt werden.
Adrian Baumgartner, Sprecher der Sicherheitsdirektion, äussert sich vorerst zurückhaltend: Man habe aus den Medien Kenntnis genommen vom Entscheid der Bürgergemeinde. Man werde diese nun kontaktieren und erörtern, was genau passiert sei. «Je nach Ergebnis ergibt sich daraus Handlungsbedarf», sagt Baumgartner.
Der Bubendörfer SP-Landrat Thomas Noack wird deutlicher: «Ich finde es sehr fragwürdig, dass jemand, der formal sämtliche Bedingungen erfüllt, gleich zwei Mal ohne Angabe von Gründen abgelehnt wird.»
Die heutige Einbürgerungspraxis halte rechtsstaatlichen Prinzipien nicht stand. «Ich bin der Meinung, dass der Kanton nun grundsätzlich über die Bücher gehen und das Verfahren versachlichen muss.» Er könne sich vorstellen, im Parlament einen Vorstoss zu lancieren.
Um die Einbürgerungsregeln tobt in der Schweiz seit Jahren eine Kontroverse. 2003 qualifizierte das Bundesgericht Einbürgerungen als Verwaltungsakt. Demnach muss ein negativer Entscheid sachlich begründet werden, zudem kann Beschwerde erhoben werden. Die Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren beissen sich teilweise mit der Einbürgerungsdemokratie.
Die damalige Baselbieter Grünen-Landrätin Marie-Theres Beeler forderte 2016, dass Einbürgerungsentscheide nur noch vom Bürger- oder Gemeinderat als zuständige Behörde vorgenommen werden. Beelers Vorstoss wurde vom Landrat aber mit 29 zu 46 Stimmen abgelehnt. Im aktuellen Bürgerrechtsgesetz ist eine Kann-Formulierung verankert. Davon Gebrauch macht bislang nur Birsfelden.
Der Bubendörfer Bürgergemeindepräsident Roger Frey will an den demokratischen Kompetenzen der Bürgergemeinden festhalten. Er bringt aber eine überraschende Idee zur Entschärfung des Konflikts ins Spiel: Demnach soll die Bürgergemeinde das Recht behalten, Schweizer bei sich einzubürgern. Hingegen sollen Ausländer auf Kantonsebene im Rahmen eines Verwaltungsaktes eingebürgert werden. Ob dies rechtlich möglich ist, konnte gestern nicht in Erfahrung gebracht werden.
Kritik gabs auch an der Durchführung der Versammlung. So enthielt sich der Bürgerrat am Samstag in corpore der Stimme, obwohl er in den Unterlagen noch betont hatte, dass Halili die Voraussetzungen zur Aufnahme ins Gemeindebürgerrecht erfülle. «Wir haben vom Gericht den Auftrag erhalten, Herrn Halili nochmals einzuladen – nicht mehr und nicht weniger», sagt Roger Frey.
Dass er die Frau und die beiden Söhne Halilis, die als Bürger an sich stimmberechtigt sind, aus dem Saal schickte, kommentiert Frey so: «Das entspricht seit Jahren unserer Praxis: Direkte Angehörige lassen wir bei Einbürgerungen nicht abstimmen.» Dies gelte auch für Schweizer, die hier das Gemeindebürgerrecht beantragen.
Die Enthaltung des Bürgerrats aber auch der Entscheid, die Familie von Halili nicht an der Abstimmung teilnehmen zu lassen, hatten massgeblichen Einfluss auf das Ergebnis: Das Nein zur Einbürgerung fiel mit 23 zu 21 Stimmen bei 22 Enthaltungen denkbar knapp aus. Hätten die Halilis und/oder der Bürgerrat mitgestimmt, hätte das Ergebnis kippen können.
Es widerspricht meinem demokratischen Verständnis, ein politisches Gremium über eine Einbürgerung entscheiden darf. Da wird dann der Name, die Hautfarbe, ein dichter Schnauz oder irgend ein emotionales Statement im Parlament zum Entscheidkriterium.
Aus meiner Sicht einer modernen Demokratie absolut unwürdig.