Fast sieben Jahre nach dem Vorfall erhielt ein 42-jähriger Mann diese Woche vor dem Basler Strafgericht einen Freispruch: Die Beweise reichten nach Ansicht der drei Richter nicht aus für einen Schuldspruch wegen Vergewaltigung.
Der Vorwurf datiert vom Silvesterabend 2012: Der heute 42-Jährige ging in der Basler Markgräflerstrasse in einen Sexclub und landete nach einem Vorgeplänkel mit einer Prostituierten im Zimmer. Ob er vorher danach gefragt hatte, ob auch Sex ohne Kondom drinliege, blieb unklar. Die Prostituierte sowie ihre Chefin erzählten dies so, er hingegen sprach von einem Missverständnis. Abgemacht waren laut ihm ungeschützter Oralverkehr sowie geschützter Geschlechtsverkehr, dafür zahlte er 100 Franken. Als der Mann wieder weg war, berichtete die sichtlich aufgelöste Frau allerdings ihrer Chefin, der Mann habe sie mit Gewalt zu ungeschütztem Sex gezwungen.
Die Polizei konnte damals den Fingerabdruck des Mannes von einem Bierglas kratzen, doch die Fahndung blieb vorerst erfolglos. Erstaunlicherweise gab es bei einem erneuten Suchlauf im März 2018 einen Treffer: Der Fingerabdruck des 42-Jährigen war wegen einer Schlägerei im Jahr 1998 noch im System. «Ohne diesen Treffer hätte man gar kein Strafverfahren gegen meinen Mandanten eröffnen können», kritisierte Verteidiger Steven Hürlimann diese Woche. «Die Daten hätten längst gelöscht werden müssen.» Das sah nicht nur die Staatsanwaltschaft, sondern auch das Gericht anders. Tatsächlich sieht die Verordnung über die Bearbeitung biometrischer Daten kürzere Löschungsfristen vor. Sie ist aber erst seit 2014 in Kraft. Was vorher gespeichert wurde, wird nur auf expliziten Antrag der betroffenen Personen gelöscht. Der Mann gab indes zu, an jenem Silvesterabend im Club gewesen zu sein.
Für einen Schuldspruch reichten die Anschuldigungen aber nicht. Bereits im Mai 2019 wurde die Verhandlung vorläufig ausgestellt, weil auch das Opfer nicht vor Gericht aussagen wollte oder konnte. Diese Woche nun betonte Gerichtspräsidentin Marcia Stucki, es lägen drei Arztberichte über einen längeren Zeitraum vor, wonach die Frau nicht vernehmungsfähig sei.
Die Frau hatte sich auch geweigert, an einer indirekten Konfrontation teilzunehmen, bei der der Angeklagte im Nebenzimmer warten müsste und lediglich sein Verteidiger Fragen stellen dürfte. Ohne eine solche Konfrontation sind aber die Aussagen des Opfers nicht verwertbar, da sie die eigentlichen Hauptbeweise im gesamten Verfahren wären. Damit blieb für einen Schuldspruch nichts mehr übrig.
Der Verteidiger betonte diese Woche mehrmals, die Prostituierte habe widersprüchliche Angaben zum Ablauf der Tat gemacht. Doch auch Staatsanwältin Alexandra Frank wies auf unglaubhafte Aussagen des Angeklagten hin und hatte eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten für den Mann gefordert. «Er hat den Sex mit Gewalt erzwungen», so Frank. «Die langfristigen Folgen für das Opfer waren verheerend.» Sie kann den Freispruch noch weiterziehen.