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Diese Impfung könnte endlich Corona komplett abwehren

Diese Impfung könnte endlich Corona komplett abwehren

Ein Forscher der Uni Basel präsentiert nun eine vielversprechende Impfung: Sein Team hat sozusagen eine Geheimwaffe des Virus gefunden und unschädlich gemacht.
23.05.2023, 19:08
Sabine Kuster / ch media
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Nasenspray
So einfach wie ein Nasenspray: Das wäre nicht der einzige Vorteil einer nasalen Impfung.Bild: shutterstock.com

Die bisherigen Covid-Impfungen haben weltweit schon nur im ersten Jahr rund 20 Millionen Tote verhindert und in Europa allein eine Million Tote. Doch auch Geimpfte erkranken an neuen Varianten von Sars-CoV-2 und einige trotzdem recht heftig. Das ständige Boostern kann derweil gegen eine Infektion kaum noch etwas ausrichten, und meist ist bereits eine andere Variante im Umlauf, wenn ein angepasster mRNA-Impfstoff auf den Markt kommt.

Nur eine Nasen-Impfung könnte dies ändern: Eine solche baut die Abwehr schon in der Nasenschleimhaut auf und könnte eine Infektion verhindern. China und Indien haben bereits nasale Impfstoffe auf der Basis des Vektor-Prinzipes entwickelt: Einem harmlosen Virus wird genetisches Material eingepflanzt. Der Nachteil: Wie bei den mRNA-Impfstoffen wird dem Körper nicht das ganze Virus präsentiert und die Immunantwort fällt dadurch schwächer aus.

Nun aber präsentieren Forschende um den Virologen Thomas Klimkait der Universität Basel eine andere, clevere Methode: Sein Team hat mit dem Basler Start-up Rocketvax eine Art unschädlicher Lebendimpfstoff entwickelt: Also jene Art von Impfung mit der meist besten Immunantwort - die aber für immungeschwächte Personen erhebliche Risiken birgt, wenn der Lebendimpfstoff nur abgeschwächt wird.

Premiere: Virus kann sich nicht verbreiten

Doch Klimkait hat das Virus genetisch so verändert, dass es zwar in eine menschliche Zelle eindringen kann, diese aber keine Nachbarzellen anstecken kann. Dazu entfernten die Forschenden Gene aus dem Bauplan für die Virushülle und Zusatzfunktionen - deshalb können keine neuen Viruspartikel entstehen.

Das ist gerade für eine nasale Impfung wichtig: Denn die Nase ist ein heikler Ort. Wenn es dort zu einer Infektion kommt, besteht die Gefahr, dass sie sich via der naheliegenden Hirnnerven ins Zentralnervensystem ausbreitet. Auch wegen dieser Sorge hatten nasale Impfstoffe bisher wenig Erfolg. In der Schweiz ist seit letztem Jahr erst eine nasale Grippeimpfung für Kinder zugelassen.

Klimkait hat weniger Bedenken: «Es gibt in der Nase gerade in der Nähe zum Gehirn einen sehr guten Schutzmechanismus.» Es sei ihnen gelungen, einen sicheren Lebendimpfstoff zu entwickeln.

Geimpfte Hamster steckten keine anderen Tiere an

Auch das Bundesamt für Gesundheit stuft diesen Impfstoff mit der Sicherheitsstufe 2 als nicht besonders gefährlich ein. Die Ergebnisse sind noch nicht begutachtet und in keinem Fachjournal erschienen, aber hier einsehbar.

Im Labor entwickelten mit dem Basler Impfstoff geimpfte Hamster nicht nur keine Symptome, sie steckten auch keine anderen Tiere an: eine sogenannte sterile Immunität. Wie lange der Schutz andauert, ist noch nicht klar. Die Forschenden gehen davon aus, dass der Impfstoff gegen neue Varianten ähnlich gut wirkt wie bei aktuellen. Zumindest haben sie eine Reaktion gegen alle bestehenden Sars-CoV-2-Varianten beobachtet.

Die Forschenden haben mit ihrem Impfstoff offenbar auch Labor-Experten überrascht: Noch nie habe man einen nicht vermehrungsfähigen Lebendimpfstoff gesehen, der die Infektion anderer Individuen vollständig verhindern konnte, berichtet Klimkait.

Forscher fanden die Geheimwaffen des Virus

Der Impfstoff hat eben noch ein weiteres cleveres Feature. Bekannt ist, dass Sars-CoV-2 die Interferon-Antwort, also die Abwehr des Menschen, sehr gut umgeht. Klimkait vermutete dahinter vier Virus-Gene, welche die menschlichen Interferonabwehr bekämpfen. Drei davon wurden deshalb entfernt. Dadurch kann der Körper auf den Impfstoff noch besser reagieren.

Ein weiterer Vorteil der Impfung: Sie kann einfach produziert und unkompliziert gelagert werden. Klimkaits Ansicht nach könnte der Stoff sehr bald in einer ersten klinischen Studie an Menschen getestet werden. Doch der Partner und Biotech-Start-up Rocktvax sieht den Zeitpunkt für eine weitere Entwicklung als noch nicht reif an.

Drei nasale Impfungen sind am Start

Möglich ist, dass es auch um eine Priorisierung anderer nasaler Impfstoffprojekte geht: Rocketvax ist gleich bei dreien dabei. Ein weiteres ist jenes des Virologen Volker Thiel der Uni Bern, das dritte eines von Berliner Wissenschaftern, darunter der Schweizer Emanuel Wyler (Links dazu hier und hier). Letzteres ist offenbar am weitesten fortgeschritten. Beide setzen auf ein abgeschwächtes Virus, das sich zwar schlecht - aber immer noch - im Menschen vermehren kann.

Roketvax-CEO Vladimir Cmiljanovic sagt darauf angesprochen, gleich drei nasale Impfstoffprojekte seien kein Problem: «Im Gegenteil. Es erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass wenigstens einer - besser natürlich alle - der Impfstoffe zum Fliegen kommt.» Solange die Zwischenergebnisse erfolgversprechend seien, werde man an allen festhalten.

Wessen nasale Impfung auch immer zuerst zugelassen wird - so oder so kommen die Projekte eigentlich zu spät: Die Bevölkerung ist, wenn auch nicht komplett durchgeimpft, doch fast komplett durchseucht. Und auch bei einer neuen Pandemie hätte die mRNA-Technik vermutlich die Nase vorn, da kein anderer Impfstoff bis jetzt so schnell entwickelt werden konnte. Dass der Basler Impfstoff ebenso schnell angepasst werden könnte, will das Forschungsteam mit seinen anderen Forschungsarbeiten nun zeigen.

Eine Impfung, welche die Corona-Infektionen verhindert, wäre aber trotzdem wünschenswert, speziell für Immungeschwächte. Und gerade bei Long-Covid-Patienten führen Re-Infektionen oft zu einer Verschlechterung der Symptome. Ausserdem braucht die Basler Impfung keine Spritze und kommt damit Leuten entgegen, die sich vor Nadeln fürchten. (aargauerzeitung.ch)

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