Der Basler Grosse Rat hat am Mittwoch ein neues Gleichstellungsgesetz mit einem diversifizierten Geschlechterprinzip beschlossen. In einer emotionalen Debatte blieben Ratsmitglieder, die an den konservativen Grenzen des binären Geschlechterbegriffs mit Mann und Frau festhalten wollten, deutlich in der Unterzahl.
Das neue Basler Gleichstellungsgesetz soll alle erdenklichen Geschlechtervorstellungen sowie Formen der sexuellen Orientierung umfassen und die Betroffenen vor Diskriminierung schützen.
Im Gegensatz zu einem ersten Entwurf der Regierung sollen Frauen und Männer neben den neu genannten Geschlechteridentitäten Nichtbinarität, Transidentität und Intergeschlechtlichkeit explizit im Zweckartikel stehen bleiben. Damit werde das aktuelle Spektrum der gelebten geschlechtlichen Vielfalt sehr gut abgedeckt, sagte die Präsidentin der vorberatenden Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission (JSSK), Barbara Heer (SP).
Kompliziert wurde die Debatte durch den Mitbericht beziehungsweise zwei Mitberichten der Geschäftsprüfungskommission GPK, die sich nicht auf einen Nenner hatte einigen können. Die Kommissionsmehrheit brachte vornehmlich redaktionelle Änderungsvorschläge ein. Die Kommissionsminderheit stellte sich grundsätzlich gegen den Gesetzesentwurf, namentlich «gegen die Aufhebung des binären Konzepts» mit Mann und Frau.
Die emotional geführte Diskussion verlief vornehmlich entlang dieses Gender-Grabens. Die Gegner des Gesetzesentwurfs, allen voran der Mitte-Grossrat Daniel Albietz, beriefen sich auf die Bundes- und Kantonsverfassung, die keine diversifizierten Geschlechterbegriffe kennen würden. Basel-Stadt solle und dürfe das Rad hier mit subjektiven Geschlechterkategorien nicht neu erfinden.
Im Grundsatz war die Opposition gegen das Gesetz offensichtlich von einem konservativen Menschenbild geprägt. Es sei unnötig und nicht angebracht, den gewohnten und bewährten Weg der Geschlechterbinarität zu verlassen, so Albietz. Mit dem Konzept einer Vielfalt der Geschlechter werde vor allem den jungen Menschen, die sich in der Entwicklung zum Mann und zur Frau befinden, der Kopf verdreht.
SVP-Sprecher Beat K. Schaller bezeichnete den Gesetzesentwurf gar als Instrument im Rahmen des «Genderschwachsinns», die von Gott erschaffenen Geschlechtergrenzen zwischen Mann und Frau aufzuheben. Hier würden Fakten durch Gefühle ersetzt, sagte er.
Der zuständige Regierungsrat Lukas Engelberger (Mitte) widersprach mit Vehemenz dem Vorwurf, dass das Basler Gleichstellungsesetz die Verfassung verletze. Die Bundesverfassung verbiete den Kantonen keineswegs, sich auch über die Geschlechterbinarität hinaus für Gleichstellung und gegen Diskriminierung einzusetzen.
Die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen SP, GAB, FDP und der GLP hoben die Stärkung des kantonalen Gleichstellungsauftrags heraus. Es gehe auf der anderen Seite keineswegs darum, die Kategorien Mann und Frau abzuschaffen. Die Mitte/EVP sowie die LDP-Fraktion waren gespalten.
Der Antrag der Minderheit der GPK, auf die Vorlage gar nicht einzutreten, wurde mit 72 zu 19 Stimmen abgelehnt. Mit 74 zu 20 Stimmen scheiterte der Antrag, den Gesetzesentwurf an die Regierung zurückzuweisen. Die zahlreichen Änderungsanträge der GPK-Minderheit und -Mehrheit wurden allesamt abgelehnt.
In der Schlussabstimmung stimmte der Grosse Rat schliesslich mit 69 zu 15 Stimmen bei 2 Enthaltungen dem neuen Gesetz zu. (sda)