Zwischen dem 22. und 25. Mai wird in den 28 Mitgliedstaaten der EU das Europaparlament neu gewählt. Dabei gilt es insgesamt 751 Sitze zu besetzen. Im Zentrum des Interesses werden zwei Fragen stehen:
Die zweite Frage hat nicht zuletzt nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative, die europaweit Wellen geschlagen hat, an Brisanz gewonnen. Auch wenn die Schweiz nicht EU-Mitglied ist, wäre es interessant zu wissen, wie sich die Schweizer Parteien im Verhältnis zu den Parteien unserer europäischer Nachbarn verorten lassen.
Eine aktuelle Studie des Politikforschungsnetzwerkes Politools, dass auch die Online-Wahlhilfe smartvote betreibt, liefert dazu einige Antworten. Dazu wurden auf der Basis von 27 Sachfragen der europäischen Online-Wahlhilfen EU and I und EUvox 46 Parteien aus sieben EU-Mitgliedsstaaten im politischen Raum positioniert. Zudem wurden die sieben grössten Schweizer Parteien innerhalb desselben Analyserasters verortet. Somit können die Positionen der Schweizer und der europäischen Parteien direkt verglichen werden.
Die SVP sowie die SP und die Grünen nehmen nicht nur in der Schweiz die Extrempositionen im politischen Spektrum ein. Zumindest auf der Links-rechts-Achse gehören sie auch im europäischen Kontext zu den Polparteien. Während die SVP den rechten Pol markiert, gehören SP und Grüne auch gesamteuropäisch zum linken Rand des politischen Spektrums. Nur die französischen Grünen (EELV) sind noch klarer links positioniert. Bekannte Parteien in ihrer Nachbarschaft sind die französischen Sozialisten (PS), die deutschen Grünen sowie Die Linke.
Ziemlich genau in der politischen Mitte lässt sich die GLP verorten. Sie kann sich ebenfalls über illustre Nachbarn freuen: Knapp links von ihr finden sich die britische Labour Party, die holländischen D66 und die österreichischen NEOS. Die Links-rechts-Position der CVP lässt sich mit derjenigen ihrer christdemokratischen Schwestern wie zum Beispiel die deutsche CDU oder die österreichische ÖVP vergleichen. Die BDP befindet sich auf der Höhe der bayrischen CSU, während die FDP eine Nähe zu den britischen Konservativen (Con) aufweist, jedoch deutlich rechts von der deutschen FDP positioniert ist.
Am rechten Rand kommt einzig die United Kingdom Independence Party der SVP einigermassen nahe. Insgesamt fällt auf, dass die Schweiz über eines der am stärksten polarisierten Parteisysteme in Europa verfügt. Hinzu kommt noch, dass die Pole nicht wie in anderen Ländern von kleineren Parteien sondern von den beiden wählerstärksten Parteien besetzt werden.
Bei der zweiten Achse – der Unterstützung – beziehungsweise der Ablehnung der europäischen Integration fällt auf, dass die Unterschiede zwischen den Schweizer Parteien im europäischen Massstab eher gering ausfallen. Zwar ist die SP unter den Schweizer Parteien nach wie vor am integrationsfreundlichsten und die SVP am kritischsten, doch die europäischen Parteien vergiessen bei der Integrationsfrage sehr viel mehr Herzblut. Die Haltungen zur europäischen Integration unterscheiden zum Beispiel die schweizerischen Grünen deutlich von ihrer deutschen Schwesterpartei oder auch die CVP von der CDU.
Die Schweizer FDP kommt auf dieser Achse ungefähr auf der Position der als besonders europakritisch geltenden AfD zu liegen und die SP ist bezüglicher Integrationsachse der Schweizer FDP ein Vielfaches näher als die deutsche FDP. Die SVP befindet sich auf dieser Achse wie erwartet in der Gesellschaft von Lega Nord (LN), Geert Wilders' PVV in den Niederlanden und wiederum der UKIP. Im Gegensatz zur stark von wirtschaftlichen Themen geprägten Links-rechts-Achse stellt die SVP bei der Integrationsachse nicht mehr Pol dar. Deutlich integrationskritischer als die SVP sind zum Beispiel die dänische Volkspartei (DF) oder der Front National (FN).
Die maximal lauwarme in der Regel eher frostige europapolitische Haltung aller Schweizer Parteien hängt sicher auch mit den Fragen zusammen, dass ein EU-Beitritt selbst in links-grünen Kreisen alles andere als unbestritten ist und dass seit der Euro-Krise der Abschied vom Schweizer Franken noch schwerer fallen dürfte als früher. Auch zeigen sich Unterschiede in der politischen Kultur.
Eine Frage, die für die Positionierung der Parteien verwendet worden ist, bezieht sich auf die Forderung, dass neue EU-Verträge dem Volk vorgelegt werden müssen. In der Schweiz dürfte dies von allen Parteien angesichts unserer direktdemokratischen Traditionen als selbstverständlich beurteilt werden. Ganz anders im übrigen Europa gilt dort doch diese Forderung bereits als ein klares Indiz für eine klar europakritische Haltung.
Das ist nicht mitte Rechts!!