Die Einschränkung der Pressearbeit durch Einsatzkräfte der Kantonspolizei Bern bei einer unbewilligten Flüchtlings-Demonstration hat nun auch politische Konsequenzen. Die beiden Berner Grossrätinnen Christa Ammann (Alternative Linke) und Tanja Bauer (SP) haben vergangene Woche zwei Vorstösse eingereicht, in der sie Antworten vom Regierungsrat fordern.
Anlass der Interpellationen war die «Stopp Isolation»-Demonstration von vorletzter Woche, bei der mehrere Journalistinnen und Journalisten bei der Ausübung ihrer Medienarbeit behindert oder gehindert wurden, darunter auch ein Reporter von watson.
Schweizer Gerichte haben mehrfach die Pressefreiheit verteidigt und anerkannten, dass Medienschaffende Polizeieinsätze dokumentieren dürfen, wenn sie die Arbeit der Ordnungshüter nicht behindern. An dieses Gebot hielten sich die Journalistinnen und Journalisten, nachdem die Kantonspolizei die Demonstrierenden auf dem Waisenhausplatz in einer Barrikade-Formation vom Gang zum Bundesplatz hinderte.
Wie sieht es bei @PoliceBern eigentlich bezüglich Verhältnismässigkeit und Wahrung der #Pressefreiheit aus?!
— SPBE (@spkantonbern) October 1, 2020
Unsere Grossrätin @TanjaBauer19 und Christa Ammann (AL) haben da nach der vergangenen #StopIsolation-Demo noch ein paar Fragen... 🧐 https://t.co/EqzKEfTeCC
Die Medienschaffenden wurden dennoch von Polizeikräften weggedrückt, weggeschickt und in einem Fall formell für 24 Stunden vom Waisenhausplatz weggewiesen. In einem Fall drückte ein Polizist seine Hand auf die Kameralinse einer Videojournalistin, die eine eskalierende Situation filmen wollte. watson-Informationen zufolge wurden wegen diesem Einsatz zwei Beschwerden von Medienschaffenden bei der Kantonspolizei eingereicht.
Der zuständige Berner Regierungsrat Philippe Müller stellt sich im schriftlichen Gespräch mit watson auf den Standpunkt, dass «Medienschaffende, die sich korrekt verhalten, nicht bei ihrer Arbeit behindert werden dürfen und sollen». Ihre «korrekte Arbeit» diene allen. Eine polizeiliche Wegweisung gelte auch für Medienschaffende, die Freiheiten seien hier nicht grenzenlos.
Der Regierungsrat wird sich nun auch auf zwei Interpellationen der beiden Grossrätinnen zum Polizeieinsatz äussern müssen. Den ersten Vorstoss begründen die beiden linken Politikerinnen, dass Journalistinnen und Journalisten die «Rahmenbedingungen» der Polizeiarbeit kennen müssten, um ihre Arbeit machen zu können. Sie wollen deshalb unter anderem wissen, ob es interne polizeiliche Richtlinien gebe und wie «Medienarbeit im Sinne der Pressefreiheit» während eines laufenden Polizeieinsatzes sichergestellt werden könne.
Ein zweiter Vorstoss will zudem die gewalttätigen Ausschreitungen thematisieren. Nachdem der Demonstrationszug in Richtung Bollwerk weitermarschiert war, kam es zu Scharmützeln zwischen gewaltbereiten und friedlichen Demonstrierenden sowie Polizeikräften. Die beiden Grossrätinnen kritisieren, dass «Pfefferspray, Gummischrot, Wasserwerfer und die gefährlichen GL06-Werfer aus nächster Nähe» und «zum Teil ohne Vorwarnung» eingesetzt wurden.
Bei der Demonstration wurden laut Polizeiangaben je ein Demonstrant sowie ein Polizist verletzt. Beide mussten hospitalisiert werden. (red)
freeLCT
Das ist Gewaltenteilung und ein Grundsatz für einen Rechtsstaat.
mMn hat der Journalismus auch nicht Rahmenbedinungen von der Polizei zu kennen, um mit der Kamera draufzuhalten.
Dies sollte situationsunabhängig immer möglich sein, wenn ein öffentliches Interesse daran besteht.
Edward Espe Brown
darkz0ne
Mehr kann man nicht mehr dazu sagen. Recht hat er.