Das Phänomen bereitet den Schweizer Migrationsbehörden Kopfzerbrechen. Nur etwa ein Prozent der Asylbewerber aus den Maghrebstaaten werden als Flüchtlinge anerkannt. Der Justiz bescheren sie hingegen überproportional viel Arbeit. In der Kriminalitätsstatistik schlägt sich das so nieder: 2144 Asylsuchende aus Algerien, Marokko, Tunesien und Libyen wurden hierzulande letztes Jahr einer Straftat gemäss dem Strafgesetzbuch beschuldigt. Das entspricht einem Drittel der Beschuldigten aus dem Asylbereich. Zum Vergleich: 2024 stellten 4240 Personen aus diesen Ländern ein Asylgesuch.
Oft müssen Täter, die irgendwo vielleicht ein paar hundert Franken stehlen, nach einer Einvernahme wieder freigelassen werden. Exemplarisch dafür steht der Fall eines jungen Algeriers, den das Bezirksgericht Luzern kürzlich zu 22 Monaten Haft verurteilte. Der Mann mit negativem Asylentscheid delinquierte innert eines halben Jahres rund 60 Mal, ehe er im Juni 2023 nach einer tätlichen Auseinandersetzung in Untersuchungshaft geriet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das Staatssekretariat für Migration meldet zwar, dass Ausschaffungen von abgewiesenen Asylsuchenden in die Maghrebstaaten immer besser klappen. Doch der Wegweisungsvollzug bleibt eine Knochenarbeit, Abklärungen zur Identität und die Beschaffung von Papieren benötigen Zeit.
Das Problem lässt sich so zusammenfassen: Asylsuchende mit wenig Aussicht auf ein Bleiberecht, aber viel krimineller Energie schaden der Akzeptanz des Asylwesens und beeinträchtigen das öffentliche Sicherheitsgefühl. Vor allem die SVP bewirtschaftet das Thema.
Sie mache das aber oft mit Vorschlägen, die nicht mit den Grundrechten vereinbar seien, sagt Tiana Angelina Moser. Die Zürcher GLP-Ständerätin schwebt folgendes Rezept für konsequentere Ausschaffungen vor: Der Bundesrat soll die Gesetze so anpassen, dass es einfacher wird, abgewiesene, mehrfach kriminelle Asylbewerber in Ausschaffungshaft zu setzen und diese notfalls zu verlängern.
Vereinfacht gesagt, sollen Fragen wie diese geklärt werden: Kann man munter weiter delinquieren, wenn man nach einem Diebstahl oder Einbruch erwischt wird? Oder landet man nach einer bestimmten Zahl solcher Straftaten in Ausschaffungshaft? Die Kantone würden das unterschiedlich handhaben, kritisiert Moser.
Die GLP-Politikerin will zudem die Gesetze so anpassen, dass der öffentlichen Sicherheit mehr Rechnung getragen werde und die Hürden für die Ausschaffungshaft tiefer werden. Schliesslich sollen die Kantone für genügend Haftplätze sorgen. In einigen Kantonen sind die Gefängnisse allerdings überbelegt. Moser kann sich vorstellen, dass die Kantone die Kapazitäten untereinander stärker koordinieren – und sie hofft, dass die Aussicht auf Ausschaffungshaft präventiv wirkt und die Zahl der Delikte vermindert. Elf Ständerätinnen und Ständeräte haben Mosers Motion mitunterzeichnet – als einziger Linker Daniel Jositsch (SP, ZH).
Mosers Idee stösst jetzt aber bei einem weiteren Sozialdemokraten auf Anklang: bei Asylminister Beat Jans. Der Bundesrat empfiehlt ihren Vorstoss nämlich zur Annahme, wie diese Woche bekannt wurde. Ganz überraschend kommt der Entscheid nicht. Jans hatte sich schon kurz nach Amtsantritt im Februar 2024 bei einem Besuch des Bundesasylzentrums in Chiasso dafür ausgesprochen, die Massnahmen wie Ausschaffungshaft besser auszuschöpfen. Nicht viele Asylsuchende würden kriminell, so Jans. «Aber diese wenigen sind sehr belastend für die Bevölkerung und auch jene Asylsuchenden, die sich an die Regeln halten und unseren Schutz brauchen.» (nib/aargauerzeitung.ch)
Keine Aussicht auf Asyl und mehrfach Straffällig geworden, sollen einfacher in Ausschaffungshaft gesetzt werden können.
Absolut unverständlich, dass dies nicht schon immer normal war!