Die Kommunikationsabteilungen des Bundes umfassen rund 400 Vollzeitstellen, eine Hundertschaft mehr als vor fünf Jahren, aber keiner der Informationsprofis hatte offenbar die Zeit, die Website des Eidgenössischen Personalamts zu aktualisieren. Unter der Rubrik «Das Bundespersonal in Zahlen» liest man dort, die Verwaltung zähle 35779 Vollzeitstellen und 39504 Köpfe; das sei der Jahresdurchschnitt des vergangenen Jahres, wird präzisiert. Doch wie sieht es im Moment aus?
Das Personalamt teilt auf Anfrage von CH Media mit: «Der Istbestand im Juni 2021 beläuft sich auf 37895 Vollzeitstellen.» Das sind gut 2000 Stellen mehr als auf der Website ausgewiesen. In Köpfen ausgedrückt, hat die Schweiz nun mehr als 40'000 Bundesangestellte.
Das Stellenwachstum ist ein langfristiger Trend, der sich in gewissen Ämtern während der Coronapandemie noch beschleunigt hat. Im Jahr 2015 beschloss das Parlament eine Obergrenze von 35'000 Vollzeitstellen, doch dieser Plafond wurde später vom Parlament wieder aufgehoben, und so liegt nun der aktuelle Etat um 2795 Stellen über dem damals beschlossenen Ziel.
Eine Wende ist nicht absehbar: Im ersten Halbjahr 2021 legte die Verwaltung um netto 206 Stellen zu, und für nächstes Jahr sind gemäss Voranschlag 425 zusätzliche Stellen geplant – in der Bundesverwaltung, den Gerichten und den Parlamentsdiensten.
Die richtigen Leute zu finden, ist für den Bund gar nicht immer einfach, trotz vergleichsweise hoher Löhne – der monatliche Medianlohn beträgt in der Bundesverwaltung gut 9600 Franken. «Der Fachkräftemangel betrifft auch die Bundesverwaltung», sagt Anand Jagtap, Leiter Stab und Kommunikation beim Personalamt, wenn auch nicht für alle Berufsgruppen im gleichen Mass. Generell schwierig sei die Besetzung von Jobs im IT- und Medizinalbereich oder auch von spezialisierten Funktionen, die es praktisch nur beim Staat gibt.
Liberale und Staatskritiker ziehen angesichts der neuen Zahlen die Notbremse. Peter Grünenfelder von der Wirtschaftsdenkfabrik Avenir Suisse sagt:
Wiederholt scheiterte die SVP mit Vorstössen für eine schlankere Verwaltung. Fraktionschef Thomas Aeschi betont, der Stellenplafond sei gegen den Willen seiner Partei aufgehoben worden. Er sagt: «Die SVP fordert vom Bundesrat eine Rückkehr auf den 2015 beschlossenen Stellenplafond von 35'000 Vollzeitstellen.» Es gehe darum, dass der Bund die Steuergelder verantwortungsvoll einsetze, so Aeschi.
Allerdings ist die Stellenentwicklung in den Departementen sehr unterschiedlich. Im Innendepartement (EDI) von SP-Bundesrat Alain Berset zeigt die Kurve in der jüngeren Vergangenheit und auch für die nächstes Jahr gemäss Voranschlag besonders steil nach oben. Seit Berset 2012 Departementschef wurde, stieg die Zahl der Arbeitsplätze um rund 500 Vollzeitstellen oder 24 Prozent:
Deutlich stärker nahm die Stellenzahl seit 2012 nur im Aussendepartement zu, allerdings wegen einer Strukturveränderung; seit 2016 und auch für die kommenden zwei Jahre ist keine Zunahme mehr feststellbar:
Dass im Innendepartement der Trend aktuell stark steigend ist, dürfte naheliegenderweise mit der Coronapandemie zusammenhängen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG), das Teil des EDI ist, schreibt dazu, der Stellenetat des BAG sei aufgrund der Krise nicht dauerhaft erhöht worden. «Jedoch ist der Stellenetat vorübergehend höher infolge Beschäftigungsgraderhöhungen und befristete Anstellungen (im Rahmen von insgesamt 22 Stellen).» Seit Anfang 2020 würden bis zu 250 Mitarbeitende, darunter viele Temporäre, für die Krisenbewältigung unterstützend eingesetzt.
Auf die Frage, ob nach Bewältigung der Krise die Stellenzahl wieder sinke, antwortet Daniel Dauwalder von der Abteilung Kommunikation und Kampagnen des BAG:
Für das generelle Wachstum in der Bundesverwaltung machen dort viele das Parlament verantwortlich, das immer mehr Regulierungen beschliesse, die der Verwaltung neue Aufgaben aufbürden. Peter Grünenfelder lässt diesen Grund nur bedingt gelten. Oft sei es so, dass neue Aufgaben auf den bestehenden Stellenetat «aufgepfropft» würden und nicht hinterfragt werde, ob alte Aufgaben noch nötig seien. Dieses Phänomen sehe man nicht nur beim Bund.
Im November wird in Kantons- und Stadtparlamenten über das Budget verhandelt, vielerorts ist ein Ausbau vorgesehen. Zürich, die grösste Schweizer Stadt, plant mit Hunderten zusätzlicher Stellen. Doch im rot-grünen Zürich mehrte sich zuletzt die Kritik an der «aufgeblähten» Verwaltung. Selbst Linke sprachen kürzlich im Gemeinderat von Doppelspurigkeiten und Ineffizienz. Der «Tages-Anzeiger» protokollierte: «Die Bürgerlichen konnten nur noch staunen und nicken.»
Tokyo
Bisschen mehr Tiefgang wäre wünschenswert
ujay