Der abtretende Bundespräsident Ueli Maurer hat auf seiner Jahresend-Medienkonferenz seine zahlreichen Auslandreisen ins Zentrum gestellt. «Praktisch alle Besuche dienten dem Ziel, Verbündete zu finden in Sachen Steuerreformprojekt der OECD», sagte Maurer.
«Wir haben nun ein Netzwerk aufgebaut, das es uns erlaubt, etwas auf dieses Thema einzuwirken», bilanzierte Maurer am Freitag in einem neuen Verwaltungsgebäude des Bundes in der Stadt Bern. Er habe alle Finanzminister Europas ein- bis fünfmal getroffen, sagte Maurer weiter. Es brauche aber weitere Anstrengungen um zu einer vernünftigen Lösung zu kommen.
Bis Ende 2020 wollen sich über 130 Staaten im Rahmen der OECD auf neue Regeln zur Besteuerung multinationaler Unternehmen einigen. Das Projekt besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil sieht vor, dass Konzerngewinne auch dort besteuert werden, wo Konzerne ohne physische Präsenz am Markt teilnehmen. Mit dem zweiten Teil soll eine Mindestbesteuerung von Konzernen sichergestellt werden.
Maurer hat kürzlich die der Schweiz drohenden Steuerausfälle in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» auf 0.5 bis 5 Milliarden Franken geschätzt, eventuell gar mehr. Er setzte seine Reisen auch in einen Zusammenhang mit der grauen Liste der EU für Steueroasen, auf welcher die Schweiz wegen ihrer Steuerprivilegien für ausländische Unternehmen stand.
Nach dem Ja des Schweizervolks zur AHV-Steuervorlage am 19. Mai und der Inkraftsetzung des neuen Steuergesetzes sei die Schweiz ja nun nicht mehr auf dieser Liste, so Maurer. Bei den Reisen sei es teilweise auch um gute Dienste der Schweiz gegangen.
Für die kommenden Jahre sieht Maurer Chancen für die Schweiz bei nachhaltigen Finanzanlagen und bei der Regulierung von künstlicher Intelligenz. Bei der Regulierung der Blockchain habe die Schweiz bewiesen, dass sie Spitze sei – die erste Blockchain-Gesetzgebung weltweit habe international Beachtung gefunden.
Bei der vom Internetgiganten Facebook geplanten Digitalwährung Libra will Maurer «auf keinen Fall», dass die Schweiz in Verdacht gerät, wieder eine Grauzone zu schaffen. Dass das Libra-Konsortium nach Genf gekommen sei, zeige aber die Bedeutung der hiesigen Stabilität.
In Sachen Verhältnis der Schweiz zur EU geht Maurer davon aus, dass es zuerst den Brexit braucht, bevor neue Dynamik einsetzt. Dass mit Ursula von der Leyen eine neue Kommissionspräsidentin am Ruder sei, sei sicher positiv. Man dürfe aber nicht zu viele Hoffnungen in eine Einzelperson setzen.
Maurer bezeichnete die vergangene Legislatur im Weiteren als «sehr gut». Es sei gelungen, in zahlreichen Bereichen langjährige Gesetzesprojekte abzuschliessen. Als Beispiel nannte Maurer den nationalen Finanzausgleich und den Automatischen Informationsaustausch mit inzwischen gegen hundert Staaten.
Um erfolgreich zu bleiben, brauche die Schweiz international ein gutes Netzwerk und sie müsse rasch reagieren können. (sda)