Schweiz
Bundesrat

Fehler bei Impfstoff-Beschaffung? Krisensitzung der Finanzkommission

Fehler bei Impfstoff-Beschaffung? Finanzpolitiker werden zu Krisensitzung aufgeboten

Die Finanzkommission des Nationalrates trifft sich am Mittwochmorgen zu einer Krisensitzung. Es geht um mögliche Fehlentscheide bei der Impfstoffbeschaffung der Schweiz.
07.06.2022, 20:4807.06.2022, 21:03
Mehr «Schweiz»

Die Schweiz hat in den vergangenen beiden Pandemiejahren in grösseren Mengen Impfstoffe gegen Covid-19 eingekauft. Dabei ist es möglicherweise zu erheblichen Fehlentscheiden getroffen. Zu diesem Schluss kamen Politikerinnen und Politiker während der Budgetdebatte der letzten Tage im Parlament. Seither wird im Bundeshaus jedes Dokument, das irgendwie mit der Impfstoffbeschaffung zu tun haben könnte, doppelt und dreifach im Rahmen einer Administrativuntersuchung durchleuchtet.

Erste Ergebnisse dazu wird es am Mittwochmorgen geben. Nationalrätinnen und Nationalräte der Finanzkommission wurden kurzfristig zu einer Sitzung um 6 Uhr ins Bundeshaus aufgeboten. Erwartet wird, dass ihnen die ersten Ergebnisse in Grundzügen erläutert werden: Um welche Gelder geht es? Welche Verpflichtungen ist die Schweiz überhaupt eingegangen?

Gemäss bislang bekannten Fakten geht es um die entscheidende Frage, wer im Land bei Finanzfragen das Sagen hat und vor allem bestimmen darf, wie viele Steuergelder wofür gesprochen werden.

Ueli Maurer: Nachtragskredit durfte nicht gekürzt werden

Diese sogenannte «Finanzhoheit» liegt auf Bundesebene beim Parlament: National- und Ständerat beschliessen für jedes Jahr ein Budget, mit dem der Bundesrat und die Bundesverwaltung handeln dürfen. Werden unerwartete Mehrausgaben erwartet – so wie es im Fall der Impfstoffbeschaffung war – können sogenannte «Nachtragskredite» gesprochen werden, womit staatliche Ausgaben nachträglich bewilligt werden.

Hier ist es vermutlich zu Fehlentscheiden gekommen: Im Raum steht die Befürchtung, dass ein Bundesamt Verträge unterzeichnet hat, obwohl weder Budget, noch Kredite dafür bewilligt wurden. Publik wurden sie durch Finanzminister Ueli Maurer: Er verriet vergangene Woche während der Ständeratsdebatte, dass «einer dieser Verträge durch das BAG abgeschlossen wurde, ohne die Bestätigung des Parlaments vorzubehalten». Gemäss seinem damaligen Wissensstand hätte das Parlament daher beantragte Kredite nicht kürzen dürfen, wie es ein Antrag vergangene Woche verlangte.

Video: watson/parlament

Seither sind Juristinnen und Buchhalter am rotieren. Das federführende Innendepartement von Bundesrat Alain Berset spricht offiziell von «möglichen Versäumnissen». Sollten sich die Vermutungen bewahrheiten, so wäre die Budgethoheit des Parlaments verletzt.

Die Frage nach möglichen Konsequenzen ist spekulativ, da noch keine Details bekannt sind. Unklar ist zudem, wer überhaupt allfällige Fehler begangen hat: Das Eidgenössische Innendepartement unter Bundesrat Berset leitete zwar die Untersuchung ein, dieses dürfte auch die Arbeit des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) untersuchen. Möglich ist aber auch, dass ein weiteres Bundesamt eines anderen Departements den Vertrag abnahm oder ein Beratungsunternehmen eine rechtlich inkorrekte Empfehlung abgab, die zu befürchteten «Versäumnissen» führten.

Erwartet wird, dass diese Fragen beim Abschluss der Administrativuntersuchung beantwortet werden. Bis dies der Fall ist, dürften noch weitere Wochen verstreichen. Für morgen Mittwoch wird erwartet, dass zumindest die finanzpolitische Dimension der Untersuchung in ersten Zügen bekannt werden. Die Finanzkommission des Nationalrates kündigte für morgen 8 Uhr den Gang an die Medien an.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
31 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Sam1984
07.06.2022 22:13registriert Dezember 2014
Einfach schauen, dass die Aufarbeitung am Schluss nicht teurer wird als der potentielle Fehlentscheid selber
3912
Melden
Zum Kommentar
avatar
weissauchnicht
07.06.2022 22:39registriert März 2019
🤔 Sind es dieselben, die vor einem Jahr schimpften, dass der Bundesrat zu wenig und zu langsam Impfstoff besorgte, wie diejenigen, die jetzt kritisieren, dass der Vorbehalt eines Parlamentsentscheides fehlte?
2510
Melden
Zum Kommentar
31
Kispi-Präsident begründet Mehrkosten mit Teuerung und Verzögerung

Der Präsident des Kinderspitals Zürich, Martin Vollenwyder, begründet die Mehrkosten des Neubaus mit teureren Materialkosten und dem verzögerten Umzugstermin. Er wies die Kritik zurück, wonach der Neubau wegen des Star-Architekturbüros teurer als geplant ausfalle.

Zur Story