Jetzt ist es fix: Der Bund wird ab dem 11. Oktober 2021 nicht mehr die Corona-Tests für alle bezahlen. Dies hat der Bundesrat am Freitag beschlossen, um die Kosten zu reduzieren und Anreize für die Impfung zu schaffen. Das neue Testregime sieht eine Ausnahmeregel für Jugendliche unter 16 Jahre und Menschen, die bereits einfach geimpft sind, vor: Ihre Antigen-Schnelltests und Massenspucktests werden bis Ende November vom Bund übernommen. Die Idee dahinter ist: Wer sich jetzt impft oder sich schon einmal impfen liess, soll vom Selbstbezahlen der Tests verschont werden.
Wir haben uns angeschaut, was das nun bedeutet, wen es betrifft und mit welchen Kosten gerechnet werden muss.
Ab Mitte Oktober werden all jene, die ungenesen und ungeimpft sind, für ihre Antigen-Schnelltests und PCR-Tests selbst aufkommen müssen, wenn sie am Wochenende mit einem Covid-Zertifikat feiern wollen. Die Ausnahme für Spätimpfer und Jugendliche haben wir oben erwähnt.
Wie viele Personen von der neuen Regel betroffen sind, kann nicht genau gesagt werden. Eine Annäherung ist aber möglich, wenn man die Impfzahlen und Genesenen-Daten auswertet: Wer vollständig geimpft ist, muss sich in den zwölf Monaten danach nicht mehr testen lassen, um an ein Covid-Zertifikat zu kommen. Für die Genesenen-Zahlen können wir die Daten der PCR-Tests nehmen: Wer Ende Juni positiv getestet wurde, hätte während sechs Monaten bis Ende Dezember das Recht auf ein Genesenen-Zertifikat – und müsste daher sich auch nicht mehr für ein Zertifikat testen lassen.
Schwieriger ist die Rechnung bei den Personen, die sich erst einmal geimpft haben. Ende September gab es rund eine halbe Million Menschen in der Schweiz, die als «unvollständig geimpft» galten. Ein grosser Teil von ihnen dürfte in den nächsten Tagen oder Wochen die zweite Impfung erhalten und wäre damit auch von der neuen Testkosten-Regelung nicht betroffen.
Sprich: Gemäss aktuellstem Stand müssten wohl bald rund zwei Millionen Menschen für Covid-Tests selbst aufkommen. Die Anzahl wird sinken, sobald sich der eine oder die andere Ungeimpfte und Ungenesene zu einem Besuch in einem Impfzentrum überzeugen lässt.
In der Schweiz wurden in diesem Jahr täglich zwischen 20'000 und 40'000 Tests gemacht. Die Übersicht übers ganze Jahr 2021 zeigt, dass es jüngst zwei Höhepunkte gab: Einerseits im Juli kurz vor der Sommerferien-Saison. Andererseits danach, als die Menschen bei warmen Temperaturen die Freizeit intensiver geniessen wollten.
Der «Tages-Anzeiger» lieferte dazu vor einigen Tagen die Story, dass die ausgedehnte Zertifikatspflicht die Menschen in die Test- statt Impfzentren drängte. Diese Aussage stimmt, wenn man sich folgende Grafik anschaut:
Der Anstieg bei der Testhäufigkeit war aber schon vor der Zertifikatspflichts-Ausdehnung spürbar. Er begann, als die Sommerferien zu Ende gingen, und setzte sich fort, als im September nur noch mit gültigem Covid-Zertifikat im Club gefeiert oder im Restaurant gegessen werden konnte. Sobald die Gratis-Zertifikate gestrichen sind, dürfte diese Kurve drastisch abfallen.
Die Ausdehnung der Zertifikatspflicht führte nicht nur zu steigenden Testzahlen, sondern auch zu häufigeren Impfungen. Hier müssen wir zwischen zwei Statistiken unterscheiden. Einerseits zwischen den Daten über die vollständig geimpften Personen: Diese Kurve stieg an, nachdem die Zertifikatspflichts-Ausdehnung kam.
Einen direkten Zusammenhang dürfte das aber nicht haben. Wer Anfang September neu vollständig geimpft war, wird sich in der Regel bereits Anfang August einmal haben impfen lassen.
Bestätigt wird diese These durch die Statistik über die mindestens einmal geimpften Personen. Darin sind alle Menschen enthalten, die sich wegen durchgemachter Covid-Erkrankung nur einmal impfen lassen müssen. Aber auch jene, die den «ersten Shot» erhalten haben.
Im August sieht man hier gut, dass die Kurve kurz nach der Sommerferien-Rückkehr in der Monatsmitte anstieg. Der Anstieg verstärkte sich im September, als die Zertifikatspflichts-Ausdehnung in Kraft trat. Und sinkt seither merklich. Dieser Rückgang muss mit Vorsicht interpretiert werden: Er könnte mit Meldeverspätungen zusammenhängen.
Das weiss noch niemand so recht. Die Preise für die PCR- und Antigen-Tests wurden bislang rechtlich in einer Verordnung festgelegt. Sobald die automatische Kostenübernahme des Bundes wegfällt, wird der Markt nach kapitalistischen Regeln spielen: Wie gross ist die Testnachfrage? Wer kann die Kosten noch mehr drücken?
In den vergangenen Tagen zeigte sich, in welche Richtung das gehen könnte. So berichtete die Berner Zeitung über die Firma Medica Care, die 11 Franken pro Test verlangen wird. Die Schwyzer Firma Medtechswiss will laut Tages-Anzeiger an der Ostschweizer Messe «Olma» den Test und das Zertifikat für 26.50 Franken anbieten.
Die Zeit wird zeigen, wie sich die Preise einpendeln werden, um auch die effektiven Kosten decken zu können. Der Bund verrechnete bei der Kosten-Übernahme bislang 39.50 Franken für den Test, 7.50 Franken kamen zusätzlich für die Bürokratie (Meldung ans BAG, Abrechnungskosten) hinzu.
Unklar ist ebenfalls, wie sich die Kosten für den PCR-Test entwickeln werden. Dieser Test gilt als genauer und ist notwendig, wenn man nach einer bestätigten Infektion ein Genesenenzertifikat will. Hier gab es jetzt schon einen Preiskampf, bei dem Spitäler, Kliniken und Apotheken zwischen 130 und 190 Franken verrechneten, wenn sich jemand symptomfrei aufgrund der Ferien testen lassen wollte. Es kann erwartet werden, dass die Preise in diesem Bereich bleiben.
Kurz gesagt: Die Gratis-Tests waren richtig teuer. Der Bund rechnete vor ein paar Tagen vor, dass bei rund einer Million Tests pro Woche im kommenden Winter jeden Monat rund 190 Millionen Franken Kosten für den Steuerzahler entstehen.
Der Bund begründete seinen Entscheid zur Abschaffung der kostenlosen Covid-Tests damit, dass sie teuer sind. Das sind sie nicht nur in der Summe, sondern auch im Vergleich zu den Kosten einer Impfung: Während eine ungeimpfte und nicht-erkrankte Person sich bislang auf Steuerkosten mehrmals pro Monat für je 47 Franken pro Antigen-Schnelltest «zertifizieren» lassen konnte, kostete eine vollständige Impfung den Bund nur gerade mal einmal 39 Franken.
Was zum Rechenbeispiel führt: Angenommen, eine Person hätte sich während sechs Monaten jeden Monat vier Mal testen lassen. Für den Bund bedeutete dies Kosten von über 1100 Franken, während eine geimpfte Person mit zwei Injektionen nur 39 Franken Steuerkosten verursachte.
*für diejenigen, die sich immer noch impfen lassen wollen.