Grossanlässe wie Oktoberfeste, Olma und Herbstmessen sind angesagt, da werden die Corona-Infektionen nun wohl wieder zunehmen. Deshalb wird durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfohlen, dass sich Personen ab 65 Jahren und alle mit chronischen Krankheiten sowie Schwangere impfen lassen. Mit den neuen, an die JN.1-Variante angepassten Covid-19-Impfstoffen von Moderna und Pfizer, die von Swissmedic zugelassen worden sind.
Der Empfehlung des BAG entsprechend wollte sich ein älteres Ehepaar aus dem Kanton Luzern impfen lassen. Die Suche wurde zur Odyssee. Das Paar fragte zuerst bei seinem Hausarzt nach. Doch der impft nicht und kann auch noch nicht sagen, ob er die Covid-Impfung doch noch irgendwann anbieten wird.
Das Ehepaar machte sich darauf auf die Suche nach Alternativen, was sich aber als schwierig herausstellte: Das Kantonsspital Luzern impft nicht und auf der Homepage des Kantons werden nicht mehr wie früher die Impfmöglichkeiten aufgelistet. «Auch bei den Apotheken in Luzern sieht es schwierig aus. Eine von fünf angefragten gab an, zu impfen – aber erst, wenn sie zehn Anfragen beisammen hätten», erzählt der Sohn der impfwilligen Eltern.
Ähnlich schwierig gestaltete sich die Suche für die Schwiegereltern im Kanton Schwyz, wo es anscheinend viele Anfragen von Leuten gibt, die keine Impfmöglichkeit finden. Laut kantonsärztlichem Dienst sucht man im Kanton Schwyz derzeit impfende Ärzte für eine Liste von Impforten.
Das Luzerner Ehepaar fand im Kanton Schwyz zwar eine Apotheke, in der geimpft wird, diese verlangt aber über 140 Franken dafür, die es selbst hätten berappen müssen. Die Krankenkassen bezahlen nur, wenn die Covid-Impfung beim Arzt ausgeführt wird. Der Sohn wird nun mit seinen Eltern ins französische St. Louis fahren, grenznah bei Basel. Dort kostet die Impfung in der Apotheke rund 11 Euro, gerade recht, um das mit einem Familienausflug zu kombinieren.
Wir haben bei Hausärzten, Apotheken und den Kantonen nachgefragt, wie es um die Covid-Impfung steht.
Es gibt Hausärzte, die gar nicht impfen, und solche, die die Impfung nur ihren eigenen Patienten anbieten. Falls sie diese allen anbieten, muss der Impfwillige je nach Versicherungsstand noch die Komplikationen mit dem Hausarztmodell lösen.
Für den Verband Haus- und Kinderärzte Schweiz sagt Philippe Luchsinger, die Situation mit den Covid-Impfungen habe sich verändert. Noch bis Ende Juni wurden sie vom Bund übernommen, jetzt sind sie auf der Medikamentenliste. Das heisst, die Impfstoffe müssen direkt beim Grossisten bestellt werden. «In den Praxen ist unklar, wie viele Impfungen benötigt werden, wie gross die Nachfrage ist», sagt Luchsinger, der ehemalige Präsident des Hausärzte-Verbands.
Für die ohnehin nicht auf Rosen gebetteten Praxen bedeute jede nicht verimpfte Dosis eine erhebliche finanzielle Belastung.
Es sei jeder Praxis freigestellt, ob sie die Impfungen anbiete oder nicht. Der Verband habe da keinen Einfluss darauf und auch keine entsprechenden Empfehlungen ausgesprochen. Luchsinger nimmt aber an, dass Hausarzt-Praxen, die nicht selbst impfen, zumindest in ihrem Netzwerk wissen, wer diese anbietet.
Bleibt die Frage, ob sich die Gesundheitsämter der Kantone um die Impfwilligen kümmern. David Dürr, Leiter der Dienststelle Gesundheit und Sport des Kantons Luzern, hält fest, dass Hausarztpraxen und Apotheken keine Behandlungspflicht kennen – ausser in Notfällen. Falls die Hausarztpraxis keine Impfung anbiete, bestehe die Möglichkeit, auf einer Webseite von «ihre.apotheke.ch» eine «Impfapotheke» zu suchen. «Wenn das Gespräch mit der Hausärztin oder dem Apotheker nicht weiterhilft, muss man nach einem anderen Anbieter suchen», sagt Dürr.
Das Gesundheitsdepartement des Kantons St.Gallen schreibt, dass der Kanton keine Kenntnisse über die Verimpfungen im Kanton habe. «Wir haben jedoch auch keine Hinweise erhalten, dass eine Impfung nicht möglich sei.» Patienten mit Immunschwäche, Autoimmunerkrankungen, Kontraindikationen oder Schwangere sollen sich für die Impfung bei ihrem behandelnden Arzt oder ihrer Ärztin anmelden. Diese Risikopatienten können nicht in der Apotheke geimpft werden.
Die Covid-19-Impfung werde oft in Kombination mit der Grippeimpfung verabreicht. «Der ideale Zeitpunkt für die Grippeimpfung ist ab November. Wir gehen davon aus, dass dann mehr Hausärztinnen und Hausärzte impfen werden», schreibt das St.Galler Gesundheitsdepartement.
Kommunikationsleiter Michel Hassler vom Kanton Aargau sagt, auch sein Kanton verfüge über keine Übersicht, wer die Covid-Impfung anbiete. «Die Kantonsspitäler Aarau und Baden bieten sie via Infektiologie-Fachbereiche aber an», sagt Hassler. Es gebe keine Pflicht für Aargauer Hausärztinnen und Hausärzte, die Impfung anzubieten.
Die Gesundheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft erklärt, die Covid-19-Impfung werde gleich wie andere Impfungen gehandhabt. Impfdosen könnten somit seit dem 1. Juli von Ärzten oder Apothekern direkt über den regulären Grosshandel bestellt werden. «Der Kanton Basel-Landschaft hat seine Tätigkeiten in Bezug auf die zentrale Bestellung von Covid-Impfstoffen und deren Verteilung innerhalb des Kantons eingestellt. Ebenfalls sistiert wurde die kantonale Vergütung der Impftätigkeit an die Ärzte- und Apothekerschaft.»
Anna Tschudin vom Kanton Basel-Stadt rät Interessierten, sich bei ihrer Apotheke oder ihrer Hausarztpraxis über die Möglichkeit zu erkundigen. «In Basel hat es beispielsweise Apotheken an gut frequentierter Lage in der Innenstadt, welche die Covid-19-Impfung anbieten.»
Auch Rahel Haag vom Kanton Thurgau erklärt, Ärztinnen oder Apotheker unterlägen keinem Zwang. «Eine Übersicht, welche Thurgauer Apotheken die Covid-Impfung anbieten, wird in den nächsten Tagen auf der Website des Amtes für Gesundheit aufgeschaltet.» Eine diesbezügliche Umfrage bei den Impfapotheken laufe gerade.
«Nicht alle Kantone erlauben, dass die Apotheker weiterhin gegen Covid impfen», sagt Martina Tschan vom Schweizerischen Apothekerverband pharmaSuisse (siehe Grafik). Die Apotheken sind nicht dazu verpflichtet, Impfungen anzubieten, die «leider in der Apotheke selbst bezahlt werden müssen. Diese Impfung ist sehr teuer, und viele Leute wollen diese nicht selbst bezahlen, was die Impfungen in der Apotheke blockiert».
Zusätzlich gebe es Lieferschwierigkeiten bei den Impfungen. «Es ist nur möglich, eine Packung mit 10 Dosen zu bestellen. Es gibt leider keine Einzelpackungen. Die Apotheke, die sie bestellt, muss sicher sein, dass sie alle Dosen brauchen kann», sagt Tschan. Der hohe Preis für eine Impfung habe vor allem mit dem Impfstoff selbst zu tun, der teuer sei.
Hinzu kommt der Preis für die Verabreichung der Impfung und die anschliessende Überwachung der geimpften Person. «Den Preis dafür können die Apotheken selbst bestimmen», sagt Tschan. Ob damit in der Schweiz eine genügende Absicherung gegen Covid-19 hergestellt werden könne, sei im Moment unmöglich zu sagen.
Damit die Krankenkassen Impfungen in den Apotheken bezahlen, müsste das Krankenversicherungsgesetz KVG angepasst werden. «Diese Gesetzrevision ist leider schon sehr lange auf dem Tisch des Parlaments.» Bei einer ärztlich verordneten und gemäss BAG empfohlenen Impfung werde die Impfung aber ebenfalls in der Apotheke bezahlt. (aargauerzeitung.ch)