Schweiz
Daten

Nationalrat schwächt Datenschutzgesetz ab

Nationalrat schwächt Datenschutzgesetz ab

25.09.2019, 11:1025.09.2019, 11:11
Bundesrätin Karin Keller-Sutter machte den Nationalrat darauf aufmerksam, dass punkto Datenschutz noch einige Differenzen zur EU bestünden.
Justizministerin Karin Keller-SutterBild: KEYSTONE

Der Nationalrat brütet weiter über der Vorlage, die dem Schweizer Datenschutzrecht ein Update verpassen will. Bei den allgemeinen Bestimmungen im Gesetz ist die grosse Kammer mehrheitlich ihrer Kommission gefolgt und damit unter den heute geltenden Schutz gegangen.

Im zweiten und dritten von vier Beratungsblöcken ging es insbesondere um die allgemeinen Informationspflichten für Datenbearbeiter sowie die Rechte für betroffene Personen. Im Zentrum stand die Frage: Welche Infos kriegen Privatpersonen, wenn sie ein Auskunftsgesuch stellen?

Keine Daten von verstorbenen Personen

Entgegen dem Entwurf des Bundesrats hat der Nationalrat beispielsweise beschlossen, keine gesonderte Regelung für den Umgang mit den Daten verstorbener Personen vorzusehen. Dieser Entscheid fiel mit 134 zu 63 Stimmen.

In den Augen einer Mehrheit existieren bereits Möglichkeiten zur Lösung der Probleme, die in diesem Zusammenhang entstehen können, beispielsweise im Erbrecht. Weitere Regeln im Datenschutzgesetz seien «unnötig», sagte Kommissionssprecher Matthias Jauslin (FDP/AG).

Eine Minderheit war hingegen der Auffassung, dass es einer Sonderregelung bedarf, namentlich was den digitalen Tod angeht. «Wir möchten, dass Hinterbliebene die Löschung von Daten oder die Einsichtnahme in Daten im Ausland bei den Unternehmen veranlassen können», sagte Beat Flach (GLP/AG).

Nationalrat für Datenportabilität

Dafür hat der Nationalrat in Ergänzung der bundesrätlichen Vorlage ein Recht auf Datenportabilität eingeführt. Dieses sieht vor, dass jede Person von einem Dienstleister verlangen kann, die sie betreffenden Personendaten in einem gängigen Format an sie herauszugeben, um diese Daten einem anderen Dienstleister übergeben zu können.

Das fördert nach Ansicht der Mehrheit den Wettbewerb und ermöglicht neue Geschäftsmodelle, wie Kommissionssprecher Jauslin sagte. Eine linke Minderheit wollte, dass dieses Recht für alle Personendaten gilt und nicht nur für diejenigen, welche die Person bekanntgegeben hat. Dieser Vorschlag scheiterte aber wie die meisten Anträge links der Mitte deutlich.

Ausnahmen für KMU

Weiter hat der Nationalrat entschieden, dass Unternehmen, die Daten bearbeiten, ein Verzeichnis ihrer Tätigkeiten führen müssen. Der Bundesrat wollte Ausnahmen vorsehen für KMU mit weniger als fünfzig Mitarbeitenden - falls diese nicht brisante Daten bearbeiten.

Die grosse Kammer hat diese Ausnahmebestimmung nun verschärft, im Sinne einer Angleichung ans europäische Datenschutzrecht. Ausnahmen sollen demnach für Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden gelten. Der Bundesrat ist einverstanden damit.

Offener Ausgang

Die Beratung über das Datenschutzgesetz geht in den kommenden Stunden weiter. Ob die Linke das Gesetz in der Gesamtabstimmung zumindest vorerst absegnen wird, ist angesichts der vielen abgelehnten Minderheitsanträge offen.

Die Partei knüpft ihre Zustimmung in der Gesamtabstimmung an verschiedene Bedingungen. Kurz gesagt, will die Partei das aktuell gültige Datenschutzniveau «nicht unnötigerweise unterschreiten». Sonst sei eine allfällige Referendumsabstimmung nicht zu gewinnen.

Die SVP lehnt das Gesetz grundsätzlich ab. «Wir haben langsam genug davon, jeden Unsinn von der EU zu übernehmen», sagte Gregor Rutz (SVP/ZH) am Dienstag. Sein Fraktionskollege Andreas Glarner (AG) bezeichnete die Vorlage als «Minenfeld für KMU» und «Konjunkturprogramm für Anwälte». (aeg/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Diese 16 Bilder soll(t)en uns zum Nachdenken anregen
1 / 16
Diese 16 Bilder soll(t)en uns zum Nachdenken anregen
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Social Media soll für unter 18-Jährige reguliert werden
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
2 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Nik G.
26.09.2019 08:15registriert Januar 2017
Das Problem bei diesen Themen ist, dass Personen darüber entscheiden die vom Internet, Datenschutz usw. überhaupt keine Ahnung haben. Das wäre so wie wenn ich über Wirtschaftsvorgaben bestimmen müsste (ich habe fast keine Ahnung von Wirtschaft)
711
Melden
Zum Kommentar
2
Zentrales IT-System des Bundes versagt bei Krisenübung – die Sonntagsnews
Bei einer Krisenübung des Bundes hat das zentrale IT-System versagt und im AKW Gösgen besteht seit 1979 eine Sicherheitslücke: Das findet sich in den Sonntagszeitungen.
Die Geschäftsprüfungskommission GPK will laut «SonntagsBlick» den Zolldeal zwischen den USA und der Schweiz weiter aufarbeiten. Die Kommission habe ihr Mandat ausgeweitet und untersuche nun auch den Zeitraum vom 7. August bis zum 14. November 2025, nachdem bisher nur die Abläufe bis August 2025 geprüft worden seien. Die Erweiterung ermögliche es, bei den nächsten Anhörungen weitere Fragen zur Verhandlungsführung der Bundesbehörden anzusprechen und dazu Unterlagen anzufordern, teilte ein GPK-Mitglied aus dem Ständerat der Zeitung mit. In diesem Zusammenhang solle auch Partners-Group-Mitgründer Alfred Gantner vorgeladen werden. Hintergrund seien Zweifel an der Rolle von Gantner, der zusammen mit weiteren Wirtschaftsvertretern im Weissen Haus war und dort zur Senkung der Strafzölle beigetragen habe, während sich Schweizer Firmen zu Investitionen von 200 Milliarden Franken verpflichteten.
Zur Story