Schweiz
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ZDF: Michael Kessler erklärt die Schweiz

«Cheibe choge gääch» – ZDF erklärt Deutschen die Schweiz

11.09.2022, 12:14
Mehr «Schweiz»

«Chuchichäschtli» für Küchenschränkchen: Warum heisst es in Deutschland eigentlich «deutschsprachige Schweiz» und Deutsche verstehen dann in Bern, Basel, Zürich oder Grindelwald doch kaum ein Wort?

Fragen wie diesen geht Schauspieler und Comedian Michael Kessler in der Doku «Ziemlich beste Nachbarn – Wir und die Schweizer» nach. Ausgestrahlt wird die Sendung am Dienstagabend, sie ist aber heute schon vorab in der Mediathek verfügbar (Link am Ende des Artikels).

Die Sendung beginnt zwar mit einem dem Rheinfall – zum Reinfall wurde die Dokumentation aber nicht. Im Gegenteil: Die Klischees werden mit historischen Einordnungen «cheibe choge gääch» verpackt, ohne zu salopp zu wirken. Doch was lernen die Deutschen genau über uns?

Schweizerdeutsch existiert gar nicht

Im Gespräch mit Mundart-Experte André Perler lernt Kessler (55) zum Beispiel, dass es «das» sogenannte Schweizerdeutsch eigentlich gar nicht gibt, sondern dass mehr als 100 Dialekte existieren.

«Ich frage mich, wieso sich ein Teil ‹Deutschschweizer› nennt, obwohl man sie nicht versteht.»
Comedian Michael Kessler
Schweizer und Deutsche wetteifern und streiten seit Jahrhunderten miteinander. Verbunden sind wir vor allem durch die gemeinsame Sprache – zumindest zum Teil. Kulturell und politisch gibt es aber Unte ...
Der Komiker besuchte Bern und verstand nichts.Bild: zdf

«Die Deutschen sind natürlich schlagfertiger, also da sind wir neidisch», sagt der Kabarettist und Autor Emil Steinberger in der Doku über Sprache und Sprechen. «Sie können reden, sie finden die Wörter, und alles geht ruckruck, zackzack. Und wir Schweizer brauchen wahrscheinlich mehr Zeit zum Denken zwischen den Wörtern», sagt der 89-Jährige - freundlicherweise in Hochdeutsch.

Seine Frau Niccel Steinberger stammt aus Deutschland, ist aber inzwischen Schweizerin. Verschmitzt ergänzt Emil allgemein über den Unterschied zwischen Schweiz und Deutschland, vielleicht komme ja etwas Positiveres raus, «als wenn man schnell spricht und gewisse Elemente vergisst beim Sprechen».

Klischee-Bombe: Bankgeheimnis, Minigolf und Käsefondue

«Wer spricht denn am langsamsten?» – «Die Berner.»
Dialog aus der Sendung

Zitiert wird in der ZDF-Doku eine Studie, nach der etwa die Berner tatsächlich langsamer laufen als etwa die hastigen Berliner. Ausserdem glauben einer zitierten Umfrage zufolge 58 Prozent der Schweizer, Wilhelm Tell habe wirklich gelebt. In Deutschland gehörte das 1804 von Friedrich Schiller veröffentlichte Schauspiel über den Freiheitskämpfer jahrzehntelang zum Bildungskanon («Durch diese hohle Gasse muss er kommen. Es führt kein anderer Weg nach Küssnacht.»).

Den ZDF-Zuschauerinnen und -Zuschauern wird auch etwas über die Geschichte des legendären Bankgeheimnisses und die Erfindung des Minigolfs durch einen Schweizer erklärt. Mit dem TV-Koch René Schudel bereitet Kessler ein Käsefondue mit viel Weisswein zu und erörtert die Frage, ob und – wenn ja – wie der Schnaps nun dazugehöre.

Abstimmungsresultate schätzen statt zählen

Kessler besuchte die Landsgemeinde.
Kessler besuchte die Landsgemeinde.bild: ZDF

Fasziniert besucht Kessler die Wiese des Rütlischwurs und befasst sich anerkennend mit der Geschichte und Politik der Schweiz. Er wohnt etwa der Landsgemeinde auf dem Zaunplatz in Glarus bei, der gesetzgebenden Versammlung des Kantons Glarus, einer Versammlung aller stimmberechtigten Bürger, bei der Landammann Benjamin Mühlemann (der Vorsitzende der Kantonsregierung) unanfechtbar die Mehrheiten durch Abschätzen der hochgehaltenen Stimmrechtsausweise festhält.

Der Schweizer Wirtschaftswissenschaftler und Glücksforscher Bruno S. Frey sagt: «Die Schweizer macht glücklich, dass sie sich wirklich an politischen Entscheidungen beteiligen können bei Volksabstimmungen und bei Landsgemeinden. Die Regierung ist nicht so wichtig und das Parlament auch nicht, sondern am Schluss steht eine Volksabstimmung, und da muss die Regierung tun, was entschieden wurde.»

Kessler erklärt nicht nur die Schweiz

Die Reihe mit Kesslers Länderporträts aus deutscher Sicht startete 2019 als Dreiteiler. Damals hiess es zunächst «Wir und die Russen», «Wir und die Briten» und «Wir und die Italiener».

Es bleibt ein kleines Geheimnis, warum das Zweite Deutsche Fernsehen die Reihe auch schon vor drei Jahren «Ziemlich beste Nachbarn» taufte - denn die Länder waren keine direkten Nachbarn Deutschlands, es liegen Staaten dazwischen, die das seltsam auffassen könnten.

In der neuen Staffel von 2022 werden nun echte Nachbarländer und ihre Bewohner mit den Deutschen verglichen: die Franzosen (6.9.), die Niederländer (20.9.) und eben die Schweizer (13.9.). Die neuen Filme stehen alle schon seit 5. September in der ZDF-Mediathek. (sda/dpa)

» Hier geht’s zur ZDF-Mediathek: Ziemlich beste Nachbarn – Wir und die Schweizer.

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42 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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brathering
11.09.2022 13:20registriert März 2021
10 Dinge die sie nicht tun sollten…
… wenn sie in der Schweiz sind
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Palpatine
11.09.2022 14:00registriert August 2018
Vor dem EM2004 gab es schon etwas Ähnliches. Da wurde auf ARD oder ZDF ebenfalls die Schweiz vorgestellt.
In einem Teil der Sendung lief der deutsche Journalist mit einem Schweizer dem See entlang. Es ging darum, dass man in der Schweiz bei einem Spaziergang auch Fremden "Guten Tag" sagt. Der Deutsche so: "Und diese alte Frau, die uns da entgegenläuft, die grüsst uns, obwohl sie uns nicht kennt?" Er war dann ganz verwundert, dass sie tatsächlich gegrüsst hat.

Und bis dahin dachte ich, dieses Grüssen sei normal und würde man auch so in D machen. Falsch gedacht... :-)
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maljian
11.09.2022 13:48registriert Januar 2016
Hab es mir eben angeschaut. Schade, dass Bern als Hauptstadt bezeichnet wurde, ansonsten ist die Doku recht gut gelungen.

Ich stimme dem Punkt mit dem Glücklichsein und der direkten Demokratie zu. In der momentanen politischen Situation wäre ich in Deutschland sehr frustriert.
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