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Bundesratswahlen: Programm, Regeln, Zeitpunkt und Ablauf

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Zeitplan, Kandidierende, Departementsverteilung: So läuft eine Bundesratswahl ab

Unsere Exekutive ist in ihrer Form weltweit einzigartig. Hier erfährst du, wie und wann der Schweizer Bundesrat gewählt wird und was nach der Wahl mit den Departementen geschieht.
11.03.2025, 11:4711.03.2025, 16:48
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Hast du gewusst, dass vielleicht auch du dich als Bundesratskandidat oder -kandidatin aufstellen lassen kannst – theoretisch? Oder, dass am Ende niemand erfahren muss, wer für welche Person abgestimmt hat?

Bundesratswahlen erfolgen nach einem strengen Ablauf. Dieser ist zwar klar, aber gar nicht mal so unkompliziert. Wir erklären dir, was vor, während und nach einer Bundesratswahl alles geschieht.

Wann wird ein Bundesrat gewählt?

Hier gilt es zu unterscheiden zwischen den Gesamterneuerungswahlen des Bundesrates und den Ersatzwahlen zur Besetzung von Vakanzen.

Gesamterneuerungswahlen: Alle sieben Bundesratsmitglieder müssen sich alle vier Jahre zur Wiederwahl stellen. Normalerweise gibt es hier keine zusätzlichen Kandidatinnen und Kandidaten, es stellen sich lediglich die Bundesräte zur Wiederwahl.

Hierbei können aber auch neue Mitglieder in den Bundesrat gewählt werden, und zwar dann, wenn ein bestehendes Mitglied regulär, also per Ende seiner Amtsperiode, abtritt.

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Diese Gesamterneuerung des Bundesrates findet jeweils in der Session nach den Nationalratswahlen statt, traditionsgemäss am Mittwoch der zweiten Sessionswoche. Das ist das nächste Mal im Dezember 2027 wieder der Fall.

Ersatzwahl: Tritt ein Bundesratsmitglied während seiner Amtszeit ab, erfolgt die Neuwahl in der ersten Parlamentssession nach dem offiziellen Rücktritt dieses Mitglieds. Hier wird lediglich einmal gewählt, und zwar um den Nachfolger, die Nachfolgerin des abtretenden Bundesratsmitglieds zu bestimmen.

Gut zu wissen
Ein Bundesratsmitglied wird entweder gemeinsam mit den sechs anderen Mitgliedern im Rahmen der Gesamterneuerungswahlen gewählt – oder bei einer Ersatzwahl, wenn ein vorheriger Bundesrat vorzeitig abtritt.

Wer kann gewählt werden?

Jede und jeder! Nein, nicht ganz, aber: Bist du stimmberechtigter Schweizer, bist du rein theoretisch absolut im Recht, als Bundesrat zu kandidieren – und gewählt zu werden. Gefragt sind weder eine vorgängige Kandidatur noch eine Mitgliedschaft im Parlament.

Ist jemand einmal Bundesrätin, darf sie keine andere Funktion oder kein anderes politisches Amt mehr ausüben. Und auch Nebenverdienste sind nicht erlaubt: Neben dem Amt als Bundesrätin darf keine andere Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt werden, auch Verwaltungsrats- oder ähnliche Mandate müssen abgelegt werden.

Ueli Maurer, SVP-ZH, wird als Bundesrat vereidigt, kurz nach seiner Wahl an der Sitzung der Vereinigten Bundesversammlung, am Mittwoch, 10. Dezember 2008, im Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/POOL BUNDESH ...
Der Schwur vor der Vereinigten Bundesversammlung.Bild: POOL BUNDESHAUSFOTOGRAFEN
Gut zu wissen
Ein Bundesrat, eine Bundesrätin muss gesetzlich kein Merkmal erfüllen – er oder sie muss lediglich in der Schweiz stimmberechtigt sein.

Wer entscheidet über das «Ticket» bei einem neuen Bundesrat?

Im Vorfeld der Wahl berät sich die Partei (oder die Parteien, wenn es gleich mehrere sind) deren Bundesrat zurücktritt, darüber, wen und wie viele Kandidierende sie zur Wahl nominieren will. Ist das sogenannte Ticket entschieden, wird dieses von der Partei mit genügend zeitlichem Abstand vor den Wahlen kommuniziert.

Wichtig ist, dass es sich dabei lediglich um Empfehlungen handelt. Es können bei der Wahl also auch Personen gewählt werden, die nicht von den Parteien aufgestellt wurden. Nur so konnte beispielsweise Altbundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf – anstelle von Christoph Blocher – gewählt werden. Ein solcher (sehr seltener) Fall wird auch als «wilde Wahl» bezeichnet.

Gut zu wissen
Das Bundesratsticket enthält Personen, über die die jeweilige Partei vorgängig abgestimmt hat und die sie als neuen Bundesrat vorschlägt. Die Bundesversammlung ist jedoch nicht verpflichtet, jemanden auf diesem Ticket zu wählen.

Wer wählt den Bundesrat?

Die Vereinigte Bundesversammlung, also alle 246 Mitglieder des vom Volk gewählten Stände- und Nationalrats.

Gesamtabstimmung des Plenums zur Volksinitiative "Ernaehrungssicherheit" am Mittwoch, 9. Maerz 2016 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Lukas Lehmann)
Bild: KEYSTONE

Welche Regeln gelten bei der Wahl?

Gewählt ist die Person, die das absolute Mehr der Stimmen erhält, also: eine Stimme mehr als die Hälfte aller gültigen Stimmen. Geschieht dies nicht bereits im ersten Wahlgang, zählen folgende Regeln:

  • In den ersten beiden Wahlgängen dürfen theoretisch beliebige Personen gewählt werden (solange es sich um stimmberechtigte Schweizer handelt).
  • Wer nach zwei Wahlgängen weniger als zehn Stimmen erhalten hat, scheidet als Kandidat aus. Das gilt danach für alle weiteren Wahlgänge.
  • Ab dem dritten Wahlgang sind keine neuen Personen mehr wählbar. Das heisst, es sind nur noch solche Personen wählbar, die bereits in den ersten beiden Wahlgängen Stimmen erhalten haben.
  • Haben alle mehr als zehn Stimmen erhalten, scheidet ab dem dritten Wahlgang ausserdem der Kandidat mit den wenigsten Stimmen aus. Auch das gilt ab hier für alle weiteren Wahlgänge.
  • Dieses Prozedere wird so lange wiederholt, bis eine Kandidatin oder ein Kandidat das absolute Mehr erreicht und somit zum nächsten Bundesratsmitglied gewählt wird.
Gut zu wissen
Um als Bundesrat gewählt zu werden, benötigt ein Kandidat, eine Kandidatin das absolute Mehr – also eine Stimme mehr als die Hälfte aller gültigen Stimmen.

Worauf wird bei der Wahl geachtet?

Die Mitglieder der Bundesversammlung sollen bei der Wahl der Person darauf achten, dass die Regionen und Sprachgemeinschaften der Schweiz «angemessen im Bundesrat vertreten» sind – so steht es in der Bundesverfassung. Genaue Regeln dazu, wie das erreicht wird, gibt es allerdings keine.

Die Stände- und Nationalräte wählen das neue Bundesratsmitglied in einer geheimen Wahl. Das heisst, es darf theoretisch ein beliebiger Name auf den Stimmzettel geschrieben werden und die Stimme ist nicht öffentlich einsehbar.

Eine weitere Frage ist die nach der Partei. Normalerweise stellen diejenigen Parteien ein Kandidierenden-Ticket auf, die gemäss der sogenannten Zauberformel einen Anspruch auf mindestens einen Bundesratssitz haben. Die 1959 installierte Zauberformel beschreibt den Verteilschlüssel von 2:2:2:1: Im Bundesrat Einsitz nehmen dürfen die drei grössten Parteien mit je zwei Sitzen sowie die viertgrösste Partei mit einem.

Mit wenigen Ausnahmen war bislang jeder Bundesrat so zusammengestellt. Es gibt jedoch immer wieder Kritik an der Zauberformel, die übrigens nicht gesetzlich verankert ist. Kritisiert wird vor allem, dass ein (je nach Legislatur) relativ grosser Teil der Bevölkerung nicht im Bundesrat abgebildet ist, und dass dafür einige Bundesratsparteien übervertreten sind.

Gut zu wissen
Die Mitglieder der Bundesversammlung sind theoretisch komplett frei in ihrer Wahl eines Bundesrats, werden aber gemäss Bundesverfassung dazu angehalten, Regionen und Sprachgemeinschaften im Gremium «angemessen vertreten» zu lassen.

Was geschieht nach der Wahl?

Ist ein Bundesratsmitglied neu gewählt, muss es vor der Vereinigten Bundesversammlung erklären, ob es die Wahl annimmt. Wahlweise kann dafür eine Eides- oder eine Gelübdeformel abgelegt werden.

  • Eidesformel: «Ich schwöre vor Gott dem Allmächtigen, die Verfassung und die Gesetze zu beachten und die Pflichten meines Amtes gewissenhaft zu erfüllen.»
  • Gelübdeformel: «Ich gelobe, die Verfassung und die Gesetze zu beachten und die Pflichten meines Amtes gewissenhaft zu erfüllen.»
Karin Keller-Sutter, rechts, und Viola Amherd, werden zwischen den Ratsweibeln vereidigt nach ihrer Wahl in den Bundesrat durch die Vereinigte Bundesversammlung, am Mittwoch, 5. Dezember 2018 im Natio ...
Viola Amherd und Karin Keller-Sutter bei ihrer Vereidigung am 5. Dezember 2018. Bild: KEYSTONE

Das neu gewählte Mitglied tritt sein Amt spätestens zwei Monate nach der Wahl an. Üblicherweise ist das am 1. Januar des nächsten Jahres der Fall.

In der Regel ist ein Bundesrat oder eine Bundesrätin für vier Jahre gewählt. Füllt ein Mitglied allerdings eine Vakanz, dann muss es sich bei den nächsten ordentlichen Bundesratswahlen gemeinsam mit den anderen Mitgliedern erneut wählen lassen.

Gut zu wissen
Eine reguläre Amtszeit dauert vier Jahre. In der Regel werden Bundesräte wiedergewählt und bleiben so lange im Amt, bis sie abtreten.

Wie werden die Departemente verteilt?

Gibt es eine Änderung in der Zusammensetzung des Bundesrats, gibt es in jedem Fall eine geheime Sitzung mit allen sieben Mitgliedern, in der theoretisch alle Departemente neu vergeben werden können. Das gilt auch für eine Ersatzwahl, in der lediglich ein Mitglied neu gewählt wurde.

Welcher Bundesrat Vorsteher von welchem Departement wird, macht der Gesamtbundesrat demokratisch unter sich aus. Jede Bundesrätin muss dabei das ihr zugewiesene Departement übernehmen.

Bei der Verteilung kommt das sogenannte Anciennitätsprinzip zum Tragen: Wer schon am längsten Bundesrat ist, äusserst seinen Wunsch zuerst, der oder die Neuling(e) zuletzt. Können sich die sieben Bundesräte nicht einigen, kommt es zur Abstimmung.

Gut zu wissen
Welcher Bundesrat welches Departement zugewiesen bekommt, machen die sieben Bundesräte in einer geheimen Sitzung unter sich aus.
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