In Zürich ist das Referendum bereits Realität. Gestern Abend wurde es von der Jungen SVP gegen den 20-Millionen-Kredit der Stadt ergriffen. Das teilte die Jungpartei am Dienstagabend in einem Communiqué mit. Sie argumentiert, der Kredit für «einen derart umstrittenen Grossanlass» sei in keiner Weise gerechtfertigt. Es sei befremdend, dass öffentliche Gelder eine Veranstaltung unterstützen, die für politische Statements missbraucht werde.
Dabei nennt die Junge SVP die Einführung eines dritten Geschlechts und «offenkundigen Antisemitismus». Am ESC in Malmö seien Antisemitismus und Diskriminierung unreflektiert geduldet worden. Die Junge SVP ergreife das Referendum, um ihr «Verständnis einer freien und toleranten Gesellschaft zu stärken» und das Ansehen der Stadt Zürich zu wahren.
In Zürich, wo das Stadtparlament vergangene Woche einen 20-Millionen-Franken-Kredit genehmigte, will sich auch der Bund der Steuerzahler gegen den ESC wehren. Am Mittwochabend will die SVP-nahe Organisation das Referendum offiziell beschliessen.
Der Gesangswettbewerb hätte zwar das Potenzial zu einem fröhlichen Volksfest, habe sich aber in den letzten Jahren «in eine andere Richtung» entwickelt, findet auch die EDU.
Zuletzt hätten sich antisemitische Vorfälle gehäuft. Die Demonstrationen gegen die israelische Sängerin Eden Golan liessen zudem befürchten, dass die Durchführung des ESC in der Schweiz ein erhebliches Sicherheitsrisiko mit sich bringen könnte.
Zudem gebe es immer mehr Auftritte, in denen Satanismus und Okkultismus zelebriert werde. Ein zumindest optisches Beispiel dafür war der diesjährige Auftritt von Bambie Thug aus Irland.
Die rechtskonservative und christlich ausgerichtete EDU fordert, dass alle Kredite für die Durchführung des ESC dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden. Wie sie am Dienstag mitteilte, will sie deshalb das Referendum gegen die verschiedenen ESC-Kredite in den Bewerberstädten ergreifen.
Im Rennen um die Austragung sind Zürich, Genf, Basel und Bern/Biel. Die geschätzten Kosten von über 40 Millionen Franken würden zum grössten Teil aus Steuergeldern finanziert, kritisiert die Partei.
Referendumsdrohungen stehen auch in Bern im Raum. Im Stadtberner Parlament war ein Antrag gescheitert, den Beitrag der Stadt von sieben Millionen Franken freiwillig dem Volk zu unterbreiten. Exponenten der SVP und der Grün-Alternativen Partei haben mittlerweile den Referendumsbogen zur Vorprüfung eingereicht.
Auf kantonaler Ebene drohen SVP und EDU mit dem Referendum gegen den Kredit von knapp 30 Millionen Franken, den die Kantonsregierung vorlegte. Mit dem Geld sollen vor allem Sicherheitskosten gedeckt werden.
SVP-Präsident Marcel Dettling fand gegenüber dem Tagesanzeiger klare Worte:
Bundesrat Albert Rösti (SVP) äusserte sich nun ebenfalls zum Streit um den ESC: 180 Millionen Zuschauer: Das ist ein riesiger Anlass und eine grosse Chance für die Schweiz», sagte er dem «Tagesanzeiger» zufolge am Rand des Medienevents am Oeschinensee.
Für den Widerstand konservativer Gruppen wie der EDU findet er klare Worte: «Das ist Ideologie – wir sind eine offene Schweiz.» Trotzdem verstehe er die Bedenken, dass Steuergelder den Anlass mitfinanzieren sollen. Er schlägt vor, dass sich eventuell «private Sponsoren beteiligen» könnten.
Was meint die queer-freundliche JUSO zu solchen Aussagen? Dettling und seine SVP würden wie immer jede Gelegenheit nutzen, um gegen Minderheiten zu hetzen, sagt die JUSO auf Anfrage von watson. In Dettlings Aussagen sieht sie eine Problematik, die über die Debatte um den ESC hinausgeht:
Die Debatte um den ESC werde für diese Motive missbraucht. Die weiteren Begründungen, wonach Steuersenkungen oder anderweitige Benützung der Gelder besser wäre, lässt die JUSO nicht gelten:
Die JUSO ist damit auf einer Linie mit der Stadt Zürich, die in ihrer Medienmitteilung vom 27. Juni schreibt:
Dass die SVP nun gegen diesen Anlass poltert, empfindet die JUSO als Rosinenpickerei. Denn:
Eine Anfrage um eine Stellungnahme zu diesen Aussagen liess Marcel Dettling unbeantwortet.
Die Diskussion um Beiträge gingen im Zürcher Kantonsrat allerdings auch nicht ohne Misstöne über die Bühne.
Der Zürcher Kantonsrat hat am Montagnachmittag einen Beitrag von 5 Millionen Franken aus dem Gemeinnützigen Fonds für die Kandidatur der Stadt Zürich als Austragungsort für den Eurovision Song Contest (ESC) 2025 bewilligt. Dem Entscheid ging eine längere Diskussion voraus.
Der Kantonsrat stimmte dem Beitrag für die ESC-Kandidatur Zürichs mit 105 zu 62 Stimmen bei einer Enthaltung zu. Die Kritik im Kantonsrat richtete sich sowohl gegen den Anlass selber, als auch gegen den Umstand, dass der Beitrag des Kantons dem gemeinnützigen Fonds entnommen werden soll.
Die SVP bezweifelte, dass es sich beim ESC überhaupt um einen gemeinnützigen Anlass handelt, und lehnte den Beitrag deshalb ab. «Es ist schlicht nicht vereinbar mit den Bedingungen, die für Beiträge aus dem gemeinnützigen Fonds gelten», sagte Elisabeth Pflugshaupt (SVP, Gossau).
Tatsächlich schliessen die Vorgaben unter anderem Beiträge an «Aufführungen, andere Produktionen, Wettbewerbe und Preisverleihungen» ein. Gleichzeitig gibt es aber eine Ausnahmeklausel.
Auch die SP stimmte nur «zähneknirschend» zu, wie Hannah Pfalzgraf (SP, Zürich) sagte. Eigentlich handle es sich um eine Wirtschaftsförderungsmassnahme, die ins ordentliche Budget gehöre.
Teilweise wurde auch der Anlass selber als Grund angeführt, um den Beitrag abzulehnen. So kritisierten verschiedene Rednerinnen und Redner, dass der ESC instrumentalisiert oder für politische Zwecke missbraucht werde. «Im Umfeld des ESC ist Judenhass salonfähig geworden», sagte Hans Egli (EDU, Steinmaur) mit Blick auf die Proteste im schwedischen Malmö gegen die Teilnahme Israels an der diesjährigen Veranstaltung. (saw/sda)