In der Schweiz soll die Anti-Rassismus-Strafnorm neu auch vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung schützen. Die Delegierten der FDP Schweiz haben am Samstag in Schindellegi SZ zu dieser Vorlage mit 208 zu 54 Stimmen die Ja-Parole gefasst.
Abgestimmt werden muss am 9. Februar, weil die vom Parlament beschlossene Änderung des Strafgesetzbuchs mit dem Referendum bekämpft wird. Ergriffen worden war dieses von der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) und von der Jungen SVP.
Wer als Individuum wegen seiner sexuellen Orientierung verbal oder physisch angegriffen wird, kann sich schon heute strafrechtlich wehren. Der Aufruf zu Hass gegen beispielsweise «die Homosexuellen» bleibt aber straflos. Hass und Hetze seien keine Meinungen, sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter vor den Delegierten.
Marco Baumann von der freisinnigen LGBTI-Fachgruppe Radigal sagte, Schwulenwitze am Stammtisch seien trotz der ausgedehnten Strafnorm möglich. Verboten würden öffentliche Hassreden. Auf verbale folge oft physische Gewalt. Dieser müsse der Nährboden entzogen werden.
Anian Liebrand vom Referendumskomitee dagegen bezeichnete die neue Strafnorm vor den Delegierten als «Zensurgesetz». Noch nie sei eine Gesellschaft an zu viel Meinungsfreiheit gescheitert.
Mit der Erweiterung der #Rassismusstrafnorm zeigen wir, dass Aufrufe zu Hass und Hetze gegenüber Homosexuellen in unserer Gemeinschaft keinen Platz haben und nicht hingenommen werden. Die Delegierten sagen mit 208:54 Stimmen Ja zur Gesetzeserweiterung.#DVFDP pic.twitter.com/7YYgZiUUtl
— FDP Schweiz (@FDP_Liberalen) January 11, 2020
Gegen Hasskriminalität und Diskriminierung gegen LGBTI-Personen biete das Strafrecht schon heute Handhabe, sagte Liebrand. Es sei falsch, gewissen Gruppen einen besonderen Schutz zukommen zu lassen. Liebrand sagte aber auch, Angriffe auf Homosexuelle und Bisexuelle seien ein Armutszeugnis für die Schweiz.
Vor der FDP hatten bereits SP, Grüne, Grünliberale, CVP und BDP die Ja-Parole beschlossen. Die SVP sprach sich gegen den erweiterten Diskriminierungsschutz aus, die EVP entschied sich für Stimmfreigabe.
Zur Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» beschloss die Delegiertenversammlung der FDP mit 328 zu 1 Stimme die Nein-Parole.
Das ist eine klare Absage: Die Delegierten lehnen die #Kündigungsinitiative mit 299:3 ab. Diese wäre das Ende der Personenfreizügigkeit und der Bilateralen I, die für Wohlstand und Arbeitsplätze in der Schweiz enorm wichtig sind. #BGInein #BGI #DVFDP pic.twitter.com/ImrUmIEL0n
— FDP Schweiz (@FDP_Liberalen) January 11, 2020
Zudem bekannten sich die FDP-Delegierten zum freien Personenverkehr: Mit 299 zu 3 Stimmen sagten sie Nein zur Begrenzungsinitiative der SVP. Dieses Volksbegehren kommt voraussichtlich im Mai an die Urne. Bei einem Ja droht ein Ende der Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU sowie der Bilateralen I.
In ihrer Rede vor den Delegierten sagte Parteipräsidentin Petra Gössi, sie wolle dass die Freisinnigen kämpferischer und emotionaler werden. Sie forderte eine stärkere Mobilisierung und vermehrte Mitgliederbefragungen und Referenden, um die Diskussionen zu fördern.
Die Delegierten der FDP Schweiz trafen sich am Samstag in Schindellegi SZ zum ersten Mal in der neuen Legislatur. Die FDP habe im Herbst verloren, sagte Gössi vor den rund 330 Delegierten. Mit der Stärkung der Umwelt- und Klimapolitik habe die Partei aber Schlimmeres verhindern können. Der FDP sei es indes nicht gelungen, im Wahlkampf eigene Themen zu setzen.
Bei den eidgenössischen Wahlen am 20. Oktober schrumpfte der Wähleranteil der FDP um 1,3 Prozentpunkte. Hatte sie 2015 noch 16,4 Prozent geholt, waren es im Herbst 2019 noch 15,1 Prozent.
Eine der Lehren, die Gössi aus den Wahlen zieht, lautet, dass die Partei stärker auf Mobilisierung getrimmt werden müsse. Parteimitglieder und Sympathisanten müssten motiviert werden, sich als Kämpfer für liberale Werte zu verstehen. Die Parteimitglieder müssten zu den Menschen auf die Strasse gehen, forderte Gössi.
Parteimitglieder sollen gemäss Gössi mehr Möglichkeiten erhalten, sich einzubringen. Mitgliederbefragungen und Referenden seien in den letzten Jahrzehnten die Ausnahme gewesen, sagte sie. Sie persönlich finde, sie sollten die Regel werden.
Die FDP soll die Wählerschaft auch emotionaler ansprechen. Sie müsse unmissverständlich klar machen, dass es nichts Wertvolleres gebe als die Freiheit als selbstbestimmte Bürger sowie ein liberales Wirtschaftsverständnis, das auf Leistung baue, aber nicht wegschaue, wenn jemand auf Unterstützung angewiesen sei. 2020 solle das Jahr des kämpferischen Liberalismus werden, sagte Gössi.
Inhaltlich will Gössi auf die Themen Wirtschaftsstandort Schweiz, Sozialversicherungen und Gesundheitswesen sowie Klima- und Umweltpolitik setzen. Der Wohlstand, den die Schweiz geniesse, sei kein Geschenk des Himmels, sagte sie. Die Zeichen stünden auf Sturm.
Gössi beklagte eine Fragmentierung und Polarisierung der Parteienlandschaft. Die «Sozialisten» setzten auf gescheiterte Wirtschaftsmodelle, die Grünen auf Intervention statt Innovationen, die Konservativen pflegten ein Bild einer Heimat, die es so nie gegeben habe. Die Mitte erweise sich als Windfahne.
Kommunikativ soll sich die FDP neu ausrichten. Die Partei müsse ihre eigenen Kommunikationskanäle ausbauen, weil die klassischen Medien Zuschauer und Zuhörer verlören, sagte Gössi. (cbe/sda)
- Rasse, Ethnie und Religion werden heute bereits heute im Artikel erwähnt
- "sexuelle Orientierung" umfasst nicht nur Homosexualität, auch Heterosexualität
- Witze und eigene Meinungen sind nicht betroffen, es geht um öffentliche Hasstiraden und Diskriminierung
Wenn man gegen die Initiative stimmt müsste man auch gegen den heutigen Artikel sein. Wie man sieht funktioniert es heute problemlos und wir es auch mit dem Zusatz. Danke FDP für euren gesunden Menschenverstand!