Der Spaziergang um den Pfäffikersee gehört für viele Zürcher Oberländer zu einem typischen Wochenende. Und typischerweise tragen sie einen Sack mit sich, gefüllt mit altem Brot. Auch auf den Internetseiten, auf denen Freizeittipps vorgestellt werden, wird auf den Rundgang hingewiesen, der «durch ein schönes Naherholungsgebiet» führt und an dessen Ende ein Highlight wartet: «Am Seequai von Pfäffikon freuen sich dann die zahlreichen Enten und Schwäne über Kinder, die sie gerne füttern.»
Ab kommenden Jahr soll damit Schluss sein. Der Bund hat die Verordnung über die «Wasser- und Zugvogelreservate von internationaler und nationaler Bedeutung» teilrevidiert. Die Vernehmlassung läuft am Freitag ab.
Der Kanton Zürich hat, wie viele weitere angefragte Stellen, grundsätzlich positiv darauf reagiert. Neu sieht die voraussichtlich auf 1. April 2015 in Kraft tretende Verordnung vor, dass in den Zug- und Wasservogelreservaten «das Füttern von wild lebenden Tieren verboten» ist. Im Kanton Zürich sind drei Gebiete betroffen: Der Pfäffikersee, der Greifensee und das Neeracherried sind im massgebenden Bundesinventar als Reservate von nationaler Bedeutung aufgeführt.
Der Leiter der kantonalen Fischerei- und Jagdverwaltung, Urs Philipp, hält es im Grundsatz für gut, dass Wildtiere in diesen Schutzzonen nicht gefüttert werden sollen.
Auch Naturschutzvereine begrüssen das vorgesehene Fütterungsverbot: Aus ökologischer Sicht sei dies sinnvoll, heisst es beispielsweise bei «Birdlife Zürich» auf Anfrage. Das Füttern von Enten und Schwänen schaffe eine künstliche Situation. Weil zu viel Nahrung vorhanden sei, nehme die Schwan- und Entenpopulation übermässig zu.
Das bestätigt Susi Huber, die Präsidentin des Pfäffiker Natur- und Vogelschutzvereins. Zumal viele Spaziergänger ihr altes Brot «gleich sackweise verfüttern oder entsorgen». Eine weitere unliebsame Folge: Herumliegendes Brot lockt laut Huber Ratten an, die auch gleich Nester von gefährdeten Vögeln, die in Schilfnähe brüten, ausnehmen würden.
Werden wild lebende Tiere durch Menschenhand gefüttert, werde «die Populationsdynamik» und «deren Raumverhalten» verändert, begründet auch das zuständige Bundesamt für Umwelt (Bafu) das neu in der Verordnung aufgenommene Verbot. «Die zusätzliche Nahrung führt häufig zur Ankurbelung des Bestandeswachstums». Das kann einerseits vermehrt zu Wildschäden führen. «Durch hohe Bestände und Massierungen von Höckerschwänen werden die umliegenden Wiesen beispielsweise verstärkt verkotet.» Andererseits kommt es zu einer Art Dichtestress auf dem See: Unter den vielen Tieren verbreiten sich Krankheiten schneller und einfacher.
Die Zürcher Natur- und Tierschutzvereine versuchen seit längerem, die Öffentlichkeit für diese Problematik zu sensibilisieren. Nicht nur in den Wasser- und Zugvogelreservaten, in denen nun ein Fütterungsverbot kommen wird, sondern auch entlang anderer Gewässer.
Auf einem Flugblatt weist etwa der Naturschutz Richterswil darauf hin, dass, wer ein Herz für Enten zeigen wolle, diese nur zurückhaltend und höchstens mit ein paar wenigen kleinen Brocken Brot füttern solle («Wenn unsere Enten sackweise Brot erhalten, verfetten sie wie Menschen, die schachtelweise Pralinen essen»). Im See verfaulendes Brot lasse zudem Algen wachsen und entziehe dem Wasser auch Sauerstoff.
Das Fütterungsverbot in den Schutzreservaten dürfte sich nicht einfach umsetzen lassen. Dem ist sich auch das Bafu bewusst: «Es gibt heute beliebte Enten- und Schwanenfütterungsstellen, an welchen das Fütterungsverbot eventuell nicht rasch durchsetzbar ist.» Die Kantone sollen doch, empfiehlt das Bundesamt, solch neuralgische Stellen identifizieren und spezifische Massnahmenpakete erarbeiten. Wie diese aussehen, ist offen.
Urs Philipp denkt an pragmatische Lösungen. Einfach werde es zwar nicht, sagt der Leiter der Zürcher Fischerei- und Jagdverwaltung. «Es gibt aber genügend Gründe, weshalb wir Enten nicht füttern sollen. Wir müssen die Bevölkerung aufklären und informieren.»
Dass Wissensvermittlung der richtige Weg sein könnte, hofft auch Susi Huber vom Naturschutzverein Pfäffikon: «Viele glauben heute, dass sie, wenn sie die Enten und die Schwäne füttern, der Natur helfen.» Dabei sei das Füttern grundsätzlich – auch ausserhalb der Reservate – überflüssig. Die Seen würden den Tieren genügend Nahrung bieten. Auch im Winter. «Finden die Vögel am Pfäffikersee keine Nahrung, fliegen sie zu anderen Seen», sagt Susi Huber.