Der Medikamentenengpass in der Schweiz besteht schon seit längerem, doch Grippe, Coronavirus und Co. haben die Lage jüngst weiter verschärft. So fehlen beispielsweise fiebersenkender Sirup für Kinder, aber auch Antibiotika sind wegen Problemen in China nicht uneingeschränkt verfügbar.
Enea Martinelli, Chefapotheker der Berner Spitäler Frutigen, Meiringen und Interlaken sowie Vizepräsident des Apothekerverbands Pharmasuisse, führt auf seiner Webseite drugshortage.ch eine eigene Liste aller Medikamente, die im Moment in der Schweiz knapp sind – es sind 987 an der Zahl. Eine kurzfristige Besserung der Situation erwartet er nicht, wie er im Interview mit CH Media sagt.
Deshalb sei auf kurze Frist eine administrative Entlastung vom Bund wichtig, so Martinelli. Die Kantone sollen nicht weiterhin zuständig für die Versorgung mit Medikamenten sein, forderte Martinelli zudem im Gespräch mit Tamedia. «Das funktioniert nicht.»
Bislang kümmere sich das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung nur um lebenswichtige Medikamente und die Akutversorgung. Mittelfristig brauche es ein umfassenderes Monitoring, sagte Martinelli zu CH Media. «Epilepsie- oder Parkinson-Medikamente beispielsweise, sind heute nicht meldepflichtig, dabei brauchen sie die Patienten täglich.»
Den Grund für den Engpass an Medikamenten sieht Martinelli bei zu tiefen Preisen. Günstige Medikamente seien für den Hersteller uninteressant. Das Herzmedikament Digoxin sei in der Schweiz halb so teuer wie im Ausland, «und es wird in der Schweiz nun nicht mehr angeboten», sagte er zu Tamedia beispielhaft.
Firmen würden beim Bundesamt für Gesundheit kein Gesuch zur Preiserhöhung stellen, weil der Aufwand zu gross und der Markt zu klein sei.
Der Bundesrat stufte die Lage am Mittwoch neu als «problematisch» ein. Eine Expertengruppe unter der Leitung des Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung, Kurt Rohrbach, soll nun Massnahmen finden, welche die Engpässe rasch lindern.
Mittel- und langfristige Massnahmen seien bereits in Gang gesetzt worden, hiess es vom Bundesrat weiter. Sie zielen demnach darauf ab, Produktions- und Lieferengpässe früher und breiter zu erfassen. Zudem soll der Umgang mit Engpässen erleichtert werden. Daneben sollen die Marktbedingungen verbessert werden. (con/sda)
mrmikech
Dann ENDLICH parallelimport!!! Viele länder machen das schon immer und dort sind die preise noch viel tiefer!
Aber klar sagt der Vizepräsident des Apothekerverbands Pharmasuisse so etwas, er will auch verdienen, und ist deswegen nicht an tiefe preise interesssiert!
Allkreis
c_meier
vereinzelt wurde in Presse-Artikeln gesagt, wichtige Stoffe sollten auch in Europa produziert werden, aber da hat sich wohl leider nichts getan...