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Nazi-Denkmal auf Friedhof mitten in Chur entdeckt

Nazi-Denkmal auf Friedhof mitten in Chur entdeckt – Stadtpräsident hatte keine Ahnung

27.01.2023, 17:06
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Auf einem Friedhof mitten im Bündner Hauptort Chur hat eine Journalistin ein Nazi-Denkmal aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg entdeckt. Der Stadtpräsident reagierte überrascht. Offenbar wusste niemand von der Existenz des Relikts mit dem nazionalsozialistischen Hintergrund.

das nazi-denkmal in chur
Das Denkmal wurde 1938 errichtet und 1955 saniert.Bild: stefanie hablützel/srf

Das Monument sei Teil eines Heldenkults gewesen, mit dem der deutsche Diktator Adolf Hitler den Krieg rechtfertigte, schrieb das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) in einer Mitteilung am Freitag. Der 1938 errichtete, mindestens 13 Tonnen schwere Granitklotz steht unscheinbar auf dem Friedhof Daleu in Chur. Darunter sind internierte deutsche Soldaten begraben, die während des Ersten Weltkriegs in Graubünden starben.

Die SRF-Journalistin Stefanie Hablützel erklärte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, sie habe in einem kunsthistorischen Bericht von der Beteiligung eines Nazis am Auftrag fürs Denkmal gelesen. Daraufhin recherchierte sie und fand heraus, dass der Klotz Teil eines von Hitler geführten Totenkults ist.

Niemand wusste davon

«Wir waren alle völlig überrascht, als man uns damit konfrontierte», sagte der Churer Stadtpräsident Urs Marti auf Anfrage von Keystone-SDA. Offenbar habe niemand von dem Denkmal gewusst. Erst recht nicht von dessen Bedeutung.

Er möchte das bis jetzt denkmalgeschützte Relikt entweder zurückbauen lassen oder als Ort der Aufklärung nutzen. Als erstes möchte er jedoch einen Dialog im Parlament anstreben, um Lösungen zu finden.

Auch der Bündner SP-Nationalrat Jon Pult äusserte sich bereits auf Twitter zum «irritierenden» Fund. Er empfiehlt, im Umfeld des Nazi-Steins ein Mahnmal zu errichten und einen Ort der Erinnerung über die Nazi-Verbrechen und deren Verbindungen zu Kanton und der Stadt Chur zu schaffen.

Der Kanton sollte zudem die Geschichte Graubündens während der Nazi-Zeit von Expertinnen und Experten aufarbeiten lassen. (saw/sda)

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57 Kommentare
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Lol28
27.01.2023 17:37registriert April 2021
Einfach stehen lassen, gerne mit einer Infotafel daneben, damit man erfährt, was es damit auf sich hat. Das trägt mehr zur Aufklärung bei, statt es abbauen zu lassen weil die Existenz vllt unangenehm ist.
Die Strategie "aus den Augen, aus dem Sinn" wäre hier der völlig falsche Ansatz.
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P. Meier
27.01.2023 21:55registriert März 2017
Es ist offensichtlich ein Teil der Churer und Schweizer Geschichte. Daher finde ich die Variante "verschwinden lassen" recht feige und vor allem nicht zielführend. Eine Infotafel dabei nützt dem Geschichtsverständnis wesentlich mehr.
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Minotauro
27.01.2023 17:49registriert August 2022
Bin etwas verwundert. Dieses Monument steht gut sichtbar auf dem Friedhof. Ich wohne in Gehdistanz zum Friedhof und habe als Geschichtsliebhaber des öftern die Gravuren glesen. Interessant, dass weder die Stadt noch die Öffentlichkeit informiert waren.

Geschichte sollte sollte man immer stehen lassen. Als Beispiel odrr als Mahnmal für unsere Fehler.
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