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Ständerat berät die Abschaffung des Eigenmietwerts

Ständerat berät die Abschaffung des Eigenmietwerts

21.09.2021, 07:3021.09.2021, 15:46
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Im Schweizer Steuersystem soll es zu einem grundsätzlichen Wechsel kommen: Die Besteuerung des Eigenmietwerts soll auf Bundes- und Kantonsebene abgeschafft werden. Der Ständerat hat einer entsprechenden Vorlage als Erstrat mit 20 zu 17 Stimmen bei 2 Enthaltungen zugestimmt.

Staenderaetin Johanna Gapany, FDP-FR, spricht an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 20. September 2021, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Was entscheidet der Ständerat – hier Johanna Gapany, (FDP/FR) – heute?Bild: keystone

Zwei Mal ist die Idee an der Urne gescheitert und mehrfach im Parlament. Am Dienstag hat der Ständerat einen neuen Anlauf genommen, den umstrittenen Eigenmietwert abzuschaffen.

Selbstbewohnte Zweitliegenschaften sollen sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene wie bis anhin versteuert werden, ebenso die Einnahmen aus vermieteten oder verpachteten Liegenschaften. Der Bundesrat und eine Minderheit wollten den Eigenmietwert auch bei selbstbewohnten Zweitliegenschaften abschaffen.

Zudem soll der Abzug von Schuldzinsen unter bestimmten Bedingungen weiterhin möglich sein. Mit 28 zu 15 Stimmen hat sich der Rat dagegen ausgesprochen, alle Abzüge zu streichen. So sollen nach dem Willen einer Mehrheit Schuldzinsen, die Gewinnungskosten darstellen, weiterhin abzugsfähig sein. Der Schuldzinsenabzug soll im Umfang von 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge weiterhin erlaubt sein.

Eine Mehrheit der vorberatenden Kommission wollte gar keine Schuldzinsabzüge mehr zulassen, um die hohe Privatverschuldung zu reduzieren, die vor allem auf Hypothekarschulden zurückzuführen sei.

Eine unverständliche Steuer

Im Rat waren die Mehrheiten klar. Die SP wehrte sich gegen die Abschaffung, FDP, SVP und Mitte argumentierten dafür.

«Der Eigenmietwert wird nicht verstanden», sagte Pirmin Bischof (Mitte/SO) für die Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S), die die Vorlage ausarbeitete. «Der Eigenmietwert ist ein Einkommen, das versteuert werden muss, nicht aber eine teure Yacht oder eine teure Kunstsammlung.» Das verstehe niemand.

Gleichzeitig sei die Schweiz eines der am stärksten verschuldeten Länder Europas, sagte Bischof. Nicht was den Staat betreffe, sondern bei der privaten Verschuldung. «Wenn Sie Schulden machen, werden Sie vom Staat belohnt – wenn Sie keine Schulden machen, werden Sie dafür bestraft.»

«Der Eigenmietwert wird als Druck und Ungerechtigkeit empfunden», argumentierte Hannes Germann (SVP/SH), «gerade wenn das Haus abbezahlt ist. Man versteht die Steuer einfach nicht.»

FDP-Ständerat Josef Dittli (UR) erklärte, er empfehle, auf die Vorlage einzutreten, man dürfe nun aber nicht den Fehler machen, die Vorlage zu überladen. Auch eine zu radikale Änderung müsse verhindert werden.

Eigenmietwert schafft Steuergerechtigkeit

«Was lange gedauert hat, ist trotzdem nicht gut», sagte hingegen Paul Rechsteiner (SG). «Die missratene Vorlage widerspricht der Steuergerechtigkeit diametral – und sie würde zu starken Mindereinnahmen für Bund und Kantone führen.»

Hauseigentümer würden gegenüber Mieterinnen und Mietern viel besser fahren. Die Preise für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser seien stark gestiegen, sagte Rechsteiner. «In den vergangenen zwanzig Jahren haben die Eigentümer von starken Wertsteigerungen profitiert, davon können alle anderen nur träumen.» Der Eigenmietwert schaffe den Ausgleich von Eigentümern gegenüber den Mieterinnen und Mietern.

«Der Eigenmietwert mag als ungerecht erscheinen, er schafft aber Gerechtigkeit.» Die Finanzdirektoren der Kantone verlangen eindringlich, nicht auf die Vorlage einzutreten. Dieser gewichtigen Stimme solle der Rat folgen, meinte Rechsteiner.

«Wir beschäftigen uns hier mit einem Projekt, das vor dem Volk nie bestehen wird», ergänzte SP-Ständerat Christian Levrat (FR). Die Vorlage sei ein «bricolage» – ein Gebastel. Wenn 21 Kantone gegen die Vorlage seien, sei das Gesetz schon heute gescheitert. Auch SP-Ständerätin Eva Herzog (BS) sprach von einem «ausgewogenen System», das heute gelte.

Anders als seine SP-Kolleginnen und Kollegen unterstützte Roberto Zanetti (SP/SO) ein Eintreten auf die Vorlage. Er habe die «einfachen Leute» vor Augen, die diesen Eigenmietwert nicht verstehen würden. «Wenn wir dieses Ärgernis beseitigen können, dann schaffen wir mehr Klarheit im Steuersystem.»

Der Teufel und das Detail

Der Bundesrat habe sich immer offen gezeigt für eine Abschaffung des Eigenmietwerts, sagte Finanzminister Ueli Maurer. Dass es vier Jahre gebraucht habe, eine Vorlage zu erarbeiten, zeige, dass die Vorlage komplex sei.

«Auch bei dieser Vorlage wird der Teufel wohl im Detail liegen.» Es gehe darum, eine nachvollziehbare Vorlage zu verabschieden, damit sie auch eine Volksabstimmung bestehen könne.

Als nächstes ist der Nationalrat am Zug. (sda)

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108 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ELMatador
21.09.2021 10:01registriert Februar 2020
Eine Änderung des Eigenmietwert für Erstliegenschaften könnte noch diskutiert werden, sofern Vermögen höher besteuert wird. Dass aber Zweitliegenschaften ebenfalls befreit werden sollten, ist ein Hohn gegenüber all jene, die sich nicht ein Mal eine Erstliegenschaft leisten können.

Es ist schon jetzt der Fall, dass ein Mieter im Jahr mehr an Miete zahlen muss als alle Ausgaben eines Liegenschaftbesitzers für ein ähnliches Objekt. Eine gesetzliche Änderung würde dieses Ungleichgewicht nur noch mehr stärken.

Und es ist ja nicht so, dass Mieter nicht gerne Besitzen würden.
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Amaranth17
21.09.2021 13:52registriert April 2015
Ich weiss nicht, was am Eigenmietwert so schwer zu verstehen ist. Es ist ein Naturalertrag (Ertrag nicht in Form von Geld).

Wird die Liegenschaft vermietet, werden die Mieteinnahmen versteuert. Wird das Geld in Wertschriften investiert, wird der Ertag besteuert. Nur weil ich selbst drin wohne, soll das nicht gelten?

Ich sehe die Ungleichbehandlung nur beim steuerfreien Kapitalgewinn. Während der Wertzuwachs auf Wertpapieren steuerfrei ist, gibt es bei den Liegenschaften die Grundstücksgewinnsteuer. Deshalb sollten Kapitalgewinne längst auch steuerbar werden.
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