Die Schweiz gegen Deutschland. Am Donnerstagnachmittag kommt es im Viertelfinale der Eishockey-Weltmeisterschaft wieder einmal zum Derby der Nachbarländer, die sich abwechslungsweise in den Armen und in den Haaren liegen.
Fast ebenso kalt wie das Eis unter den Kufen der Spieler war es jüngst auf dem politischen Parkett, auf dem sich die Schweiz und Deutschland begegneten. Als Bundespräsident Guy Parmelin der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Scheitern des Rahmenabkommens mitteilen wollte, nahm die Deutsche nicht einmal den Hörer ab. Sie bediente damit einen Komplex der Schweiz: Während hier Deutschland als Rivale gesehen wird, nimmt man in Berlin das kleine Land zum Teil nicht einmal wahr.
Die Schweiz hat für die deutsche Politik längst nicht mehr die Bedeutung wie einst zu Zeiten, als Helmut Kohl das Land regierte und die Drähte zwischen Bonn und Bern heiss liefen. Bern ist eben nicht EU-Territorium und nur schon deshalb weniger bedeutend für Kanzlerin Angela Merkel und ihre Minister. Vermutlich trägt auch die Geschichte dazu bei, dass die Schweiz politisch nicht sehr weit oben auf der Agenda im Kanzleramt steht. Nie marschierten in der Schweiz deutsche Soldaten ein, es gibt für die Politik nicht den Drang einer Wiedergutmachung wie gegenüber anderen kleinen Nachbarn wie Tschechien oder Holland.
Mit der Schweiz ist man befreundet. Von kleineren Ungereimtheiten abgesehen. Medial bläst ein frostiger Wind über die Grenze. «Spiegel» oder «Süddeutsche» zeichnen das Bild von einer «Alpenrepublik», die sich von «fremden Vögten» nicht reinreden lassen will, sich aber gerne weiterhin die Rosinen herauspicken möchte, um ihr Vermögen zu vermehren.
Der Schweizer Sonderweg in Sachen Corona wurde mit einer Mischung aus Mitleid und Entsetzen verfolgt. Die «Frankfurter Allgemeine» schrieb vom «Schweizer Geiz» und vom Versagen des Föderalismus mit tödlichen Folgen. Allerdings deutet einiges darauf hin, dass die veröffentlichte Meinung nicht eins zu eins der öffentlichen entspricht. In den Kommentarspalten unter schweiz-kritischen Artikeln machen deutsche Leser oft klar, dass sie den Sonderweg der Schweiz in der Corona- und Europapolitik bewundern und sich diese helvetische Widerspenstigkeit auch von der eigenen Regierung wünschen.
In der Schweiz wiederum mag man die Deutschen besser als auch schon. Noch 2012 schrieb ein deutscher Journalist über sein Leben in der Schweiz: «Das Gefühl, man müsste sich für seine Anwesenheit entschuldigen, zieht sich durch den Alltag.» Anders klang es, als im vergangenen Sommer der Kölner Severin Dressen Zoo-Chef in Zürich wurde. Er schwärmte in der «Coop-Zeitung»:
In seinem Wohnquartier habe er «in den ersten paar Wochen mehr Nachbarn kennen gelernt als in Wuppertal in vier Jahren». Offenbar war SVP-Mann Christoph Mörgeli doch ziemlich alleine, als er auf Twitter rhetorisch fragte: «Ärgere nur ich mich, dass der neue Direktor des Zoos Züri ein Deutscher sein muss?»
Das war nicht immer so. Im Februar 2007 ging der «Blick» in einer Serie der Frage nach: «Wie viele Deutsche verträgt die Schweiz?» Damals nahm die Zahl der Deutschen in der Schweiz um jährlich rund 30'000 Personen zu, und im Unterschied zu vielen Italienern und Portugiesen kamen die Deutschen nicht als Bauarbeiter oder Coiffeusen, sondern als Architektinnen oder Journalisten, was Widerstände auch in wohlsituierten, eher linksliberalen Kreisen auslöste.
Auf diplomatischer Ebene heizte kurz darauf Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) rhetorisch ein. Er drohte den Schweizern mal mit der Peitsche, mal mit der Kavallerie, als er versuchte, deutsche Steuerflüchtlinge zu überführen. Seine sozialdemokratische Genossin Micheline Calmy-Rey bestellte den deutschen Botschafter in Bern darauf gleich mehrfach ein. Mittlerweile tauschen die Nachbarn Informationen zu Steuerpflichtigen automatisch aus.
Noch nie lebten so viele Deutsche in der Schweiz wie heute. Ende 2020 waren es 311'000. Das Tempo der Zuwanderungen hat sich aber stark verringert. Kamen im Jahr 2007 noch knapp 30'000, waren es 2020 nur noch rund 2000.
In einem Punkt war und ist die Liebe der Schweizer zu den Deutschen grenzenlos. Beim Einkaufen. Als vor gut zwei Wochen nach den coronabedingten Einschränkungen das Shoppen im Norden wieder möglich wurde, schnellte das Volumen des Einkaufstourismus sofort wieder hoch und erreichte beinahe Vor-Krisen-Niveau. Der Lokalpatriotismus, der sich während des Lockdowns schon letztes Jahr gezeigt hatte, erweist sich als weniger stark als der Drang, drüben billig einzukaufen. (aargauerzeitung.ch)
Auch der Titel wird im Artikel widerlegt. DE ist mit der CH befreundet. Niemand ist mit Jmd befreundet den man so Naja findet.
Und was deutsche Zeitungen über den CH Corona-Weg denken, spielt auch keine Rolle.
Ich hätte mir einen gut recherchierten Artikel gewünscht. Das hier ist einfach zusammentragen von Events und Meinungen.
Ein Vorurteil kann ich bestätigen: Du kannst hinfahren wo Du willst, es hat immer Deutsche. Aber allesamt nette und hilfsbereite Menschen, welche mir nie das Gefühl gegeben haben ein unbeliebter Nachbar zu sein.
Meine Erfahrung sagt, dass ein Politikerwort und ein kritischer Journalistentext in dieser Sache oft nicht mit dem gelebten auf der Strasse übereinstimmt.