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Ausschaffungshaft: Gefängnis muss Zugang zu Internet gewähren

Ausschaffungshaft: Gefängnis muss Zugang zu Internet gewähren

21.10.2022, 12:0021.10.2022, 11:57
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Ausschaffungshäftlinge im Regionalgefängnis Moutier BE müssen Zugang zum Internet erhalten. Zudem ist die tägliche Einschliessung von 18 Stunden in der Zelle bei nicht arbeitenden Häftlingen zu lang. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Es hat die Beschwerde eines Betroffenen in diesen Punkten gutgeheissen.

Im konkreten Fall legte ein 33-jähriger Mann, der mutmasslich aus Burkina Faso stammt, eine Beschwerde gegen die Verlängerung seiner Ausschaffungshaft ein. Die Haft wurde am 21. März angeordnet. Die Grundlage dafür bildete eine strafrechtliche Landesverweisung, die im Rahmen einer Verurteilung im September 2017 wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz angeordnet wurde.

Die Strafe hat der abgewiesene Asylbewerber längst abgesessen. Nach zweimaligem Untertauchen wurde er im Rahmen des Dublin-Verfahrens von Frankreich in die Schweiz überstellt und zwecks Ausschaffung inhaftiert. Die Verhältnismässigkeit dieser Haft kritisiert der Beschwerdeführer, wie aus einem am Freitag veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervor geht.

Haftbedingungen zu restriktiv

Die Bundesrichter bestätigen den vorinstanzlichen Berner Entscheid, wonach die Ausschaffungshaft als solche derzeit noch zweckmässig und erforderlich sei. Es bestehe nach wie vor eine reelle Möglichkeit, dass der Mann an sein Heimatland überstellt werden könne.

Allerdings gibt es dem Beschwerdeführer insofern recht, als die geltenden Haftbedingungen im Regionalgefängnis Moutier in Bezug auf Ausschaffungshäftlinge zu restriktiv sind. Das Bundesgericht führt dazu aus, dass das Haftregime für Straftäter sich von jenem für Ausschaffungshäftlinge unterscheiden müsse, da es sich bei letzteren um eine administrative Massnahme handle.

Deshalb dürften grundrechtliche Einschränkungen bei Ausschaffungshäftlingen nur so weit gehen, wie sie für einen geordneten Betrieb notwendig seien. Grundsätzlich erfülle das Regionalgefängnis Moutier diese Bedingungen.

Bei den Punkten Internet und Einschliessung in die Zelle besteht laut Bundesgericht jedoch Handlungsbedarf. So liesse sich der Zugang zu gewissen Zeiten zum Internet innerhalb des Haftbetriebs realisieren. Aus sicherheitstechnischer Sicht spreche nichts dagegen. Allfällige Missbräuche könnten unterbunden werden.

Mit einem Zugang zum Internet verliere gemäss Bundesgericht auch die Forderung des Beschwerdeführers an Bedeutung, das eigene Handy benützen zu dürfen.

Unzulässig bei der Administrativhaft ist auch die lange Einschlusszeit von 18 Stunden in den Zellen, wenn ein Ausschaffungshäftling keine der Arbeits- und Erwerbsmöglichkeiten innerhalb der Haftanstalt nütze. Diese Zeit sei auf ein Minimum zu begrenzen und solle wenn immer möglich auf die Nacht beschränkt werden. (Urteil 2C_765/2022 vom 13.10.2022) (aeg/sda)

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pummelfee
21.10.2022 19:49registriert Mai 2020
Dagegen könnte der Insasse ganz einfach angehen, indem er freiwillig in sein Heimatland zurückkehrt. Alle Papiere wegwerfen, die beweisen könnten, woher du kommst, garantiert eben nicht, Asyl zu bekommen.
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Bärner728
21.10.2022 21:06registriert Juni 2020
Das Gericht hat nichts davon gesagt, wie schnell das Internet sein muss. 14.4 Kbit/s sollten reichen.
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Noturno
21.10.2022 18:00registriert August 2022
"Landesverweisung, die im Rahmen einer Verurteilung im September 2017 wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz angeordnet wurde"
Und schon ist Ende 2022.
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Scroll dich durch den Stauporn – und du wirst schneller (vorwärts-)kommen
Sie ist fast so bekannt (und zuverlässig) wie das Schweizer Sackmesser: die Blechlawine vor dem Gotthard an Festtagen im Frühling. Und das schon seit Jahren. Eine kurze Zeitreise gegen die Langeweile.

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