Der Ständerat bleibt dabei: Auch Minderjährige abgewiesene Asylsuchende sollen in Ausschaffungshaft gesetzt werden können. Er hat zum zweiten Mal einen Vorstoss abgelehnt, der dies schweizweit verbieten wollte.
Mit einer Standesinitiative wollte der Kanton Genf erreichen, dass in der Schweiz die Ausschaffungshaft für 15- bis 18-jährige Jugendliche verboten wird. Für Kinder unter 15 Jahren besteht bereits ein solches Verbot.
Der Ständerat hatte sich schon im Herbst 2019 gegen ein Verbot ausgesprochen. Weil der Nationalrat dem Vorstoss knapp zustimmte, musste der Ständerat ein zweites Mal das Geschäft beraten.
Die Mehrheit der kleinen Kammer blieb beim Argument, dass bei einer Wegweisung die Kantone zu entscheiden haben, ob Asylsuchende in Ausschaffungshaft genommen werden oder nicht. Der Vorstoss wurde knapp mit 17 zu 16 Stimmen abgelehnt.
In der Diskussion waren sich die Ständerätinnen und Ständeräte einig, dass die Ausschaffungshaft nur in Ausnahmefälle angewendet werden sollte. «Als letztes Mittel und stets verhältnismässig», sagte Philippe Bauer (FDP/NE) für die vorberatende Kommission.
Liza Massone (Grüne/GE) warb für einheitliche Regeln auf nationaler Ebene. «Dass es Alternativen zur Ausschaffungshaft gibt, zeigt der Kanton Genf, der grundsätzlich keine Minderjährige in Ausschaffungshaft nimmt.» Und Hans Stöckli (SP/BE) erinnerte an die Kritik des Uno-Ausschusses für die Rechte von Kindern. Das Uno-Gremium hielt fest, dass der Aufenthaltsstatus kein legitimer Grund darstelle, Minderjährige in Haft zu nehmen.
Eine Mehrheit des Rats folgte schliesslich der Empfehlung seiner vorberatenden Kommission. Mit dem zweiten Nein des Ständerat ist das Geschäft definitiv abgelehnt.
Die Ausschaffungshaft für eine Ausweisung aus der Schweiz oder eine Überstellung in einen Dublin-Staat ist im Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) geregelt. Die Haft soll gewährleisten, dass abgewiesene Asylsuchende die Schweiz verlassen. Die Maximaldauer der Administrativhaft beträgt 18 Monate für Erwachsene und 12 Monate für Minderjährige ab 15 Jahren.
Da die Anwendung des Bundesgesetzes in der Kompetenz der Kantone liegt, fällt die Anwendung nicht einheitlich aus. In den Kantonen Genf und Neuenburg ist die Ausschaffungshaft für Minderjährige in der kantonalen Gesetzgebung verboten. Sechs weitere Kantone (AI, AR, BL, JU, NW, VD) kennen zwar kein ausdrückliches Verbot, verzichten aber grundsätzlich auf die Inhaftierung von unter 18-Jährigen.
Die Diskussion um die Ausschaffungshaft ausgelöst hatte 2006 ein Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N). Der Bericht hielt fest, dass in einigen Kantonen gar Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren inhaftiert werden. (aeg/sda)