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Ex-Arzt wegen Sterbehilfe für gesunde Rentnerin erneut vor Gericht

Ex-Arzt wegen Sterbehilfe für gesunde Rentnerin erneut vor Gericht

09.03.2024, 10:1709.03.2024, 10:17
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Das Bundesgericht befasst sich am kommenden Mittwoch mit der Beihilfe zum Suizid einer gesunden 86-jährigen Frau. Pierre Beck, ehemaliger Vizepräsident von Exit Westschweiz, wurde im vergangenen Jahr von der Genfer Justiz vom Vorwurf des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft legte Rekurs ein.

Die Erste strafrechtliche Abteilung wird zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren in öffentlicher Sitzung zu diesem Fall tagen. Im Dezember 2021 hob sie die Verurteilung des pensionierten Arztes wegen Verstosses gegen das Gesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte auf, verwies den Fall jedoch zur erneuten Prüfung unter dem Gesichtspunkt des Betäubungsmittelgesetzes an die Genfer Justiz zurück.

Im Februar 2023 sprach das Berufungsgericht des Kantons Genf den ehemaligen Arzt vom Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz frei. Es kam zum Schluss, dass die blosse Tatsache, dass ein Arzt einer gesunden, urteilsfähigen und sterbewilligen Person das Schlafmittel Pentobarbital verschreibe, kein Verhalten darstelle, das nach dem Betäubungsmittelgesetz strafbar sei. Die Richter erinnerten aber gleichzeitig daran, dass ein Arzt im Zusammenhang mit der Beihilfe zum Suizid die Regeln seines Berufsstandes einhalten müsse.

Die Genfer Staatsanwaltschaft legte gegen den Freispruch durch das Berufungsgericht beim Bundesgericht Beschwerde ein.

Ehepaar starb 2017

Beck hatte 2017 einer 86-jährigen Frau Pentobarbital verschrieben. Dabei handelt es sich um ein Barbiturat, das in der Anästhesie und als Schlafmittel verwendet wird. Die betagte, aber gesunde Frau hatte sich entschieden, zusammen mit ihrem schwer kranken Mann zu sterben und sich deshalb an Exit gewandt.

Der Arzt entsprach dem Wunsch der 86-Jährigen und verschrieb ihr das in Überdosen tödlich wirkende ein Schlafmittel. Das Mittel verabreichte sie sich selbst. Das Ehepaar schied am 18. April 2017 aus dem Leben.

In der Vergangenheit hatte sich der frühere Exit-Vizepräsident vor Gericht damit verteidigt, dass die Frau sehr entschlossen gewesen sei. Sie habe mehrmals klar gemacht, dass sich sich auf jeden Fall umbringen werde, wenn ihr nicht erlaubt werde, zusammen mit ihrem Mann zu sterben, sagte er 2019 vor dem Genfer Polizeigericht.

Die Frau habe psychisch sehr gelitten und sich den Entscheid reiflich überlegt, erklärte der Arzt damals. Er bedaure deshalb nicht, was er getan habe und würde in einem ähnlichen Fall vermutlich wieder gleich handeln. (sda)

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Aruma
09.03.2024 10:32registriert Januar 2020
Der Arzt hat niemandem geschadet.

Sollten sich unsere Gerichte nicht besser mit anderen Fällen beschäftigen, sie schneller erledigen?
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Busli
09.03.2024 11:45registriert Mai 2021
Sie wollte nicht mehr Leben. Ich persönlich finde was der Arzt gemacht hat nicht verwerflich.

Es ist doch viel würdevoller, jemandem diesen letzten Wunsch zu erfüllen als dass die Person zu sonst irgendwelchen Mitteln greifen muss, die evtl nicht funktionieren oder einen schmerzhaften Abgang verursachen.
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Rhabarber
09.03.2024 11:50registriert Dezember 2023
Danke an den Arzt für Menschlichkeit und Güte. Hoffentlich wird er dafür nicht bestraft.

Mein Mann und ich haben längst vorgesorgt. Wir sind zwar seit 30 Jahren Exit-Mitglied. Aber wenn die blockieren, gibt's auch andere Wege. Wir haben Plan B, C und D installiert. Wir wollen leben, nicht nur vegetieren und wir werden selbst entscheiden, wann es soweit ist. Diese Entscheidung sehen wir als grundlegendes menschliches Geburtsrecht. Die Einmischung von Regierungen kommt hier einer Entmündigung selbstbestimmungsfähiger Erwachsener gleich und ist amoralisch und verwerflich.
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