Ein 29-Jähriger hat in einer Nacht im Dezember 2021 in der Stadt Zürich mit seinem Auto eine auf der Strasse liegende betrunkene Frau überfahren. Das Bezirksgericht Zürich hat ihn nun am Dienstag vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen.
Es sei unfassbar, was in jener Nacht vor fast genau zwei Jahren passiert sei, sagte der Beschuldigte am Dienstag vor dem Zürcher Bezirksgericht. Er wünsche sich, dass er damals einen anderen Weg zu seiner Freundin genommen hätte.
Denn auf seinem gewählten Weg kam es zum Unfall: Gegen 22.20 Uhr überrollte er auf der geraden Wallisellerstrasse in Schwamendingen eine Frau. Die 28-Jährige, die 3.05 Promille und Cannabis intus hatte, hatte sich nach einem Streit mit ihrem Partner aus unbekannten Gründen auf die Strasse gelegt oder war dort ohnmächtig zusammengebrochen. Sie starb noch am Unfallort.
Für die Anklage und die Rechtsanwältin der Opferfamilie war klar, dass der Autofahrer in jener Nacht seine Sorgfaltspflicht verletzt hatte. Die Frau sei nicht unvermittelt auf die Strasse gesprungen, brachte die Rechtsanwältin vor Gericht vor. Der Lenker hätte die auf der gut ausgeleuchteten Strasse liegende reglose Frau sehen müssen.
Doch sei der Fahrer wohl abgelenkt gewesen oder habe zumindest nicht auf die Fahrbahn geblickt. «Bei genügender Aufmerksamkeit hätte er anhalten und den Unfall vermeiden können.»
Die Staatsanwaltschaft forderte deshalb eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung. Sie beantragte eine für eine Probezeit von zwei Jahren bedingt aufgeschobene Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 120 Franken.
Die Verteidigerin des Autofahrers, der sich vor Gericht nicht mehr weiter zum Unfall äussern wollte, verlangte hingegen einen Freispruch. Die Frau, dunkel gekleidet und mit dunklen Haaren, sei in jener regnerischen Nacht gar nicht sichtbar gewesen.
In seiner Einvernahme habe ihr Mandant ja auch ausgesagt, plötzlich einen weissen Gegenstand gesehen und deshalb ein Ausweichmanöver eingeleitet zu haben. Dies deute darauf hin, dass er bloss eine Hand oder ein Schmuckstück gesehen habe, nicht aber die Konturen der Frau.
Zudem sei er im Tempo-50-Bereich nur 40 km/h gefahren und damit angemessen. Der 29-Jährige habe nicht mit einer mitten auf der Fahrbahn liegenden Person rechnen müssen.
Dies sah auch der zuständige Einzelrichter so, der zu einem Freispruch gelangte. Im Strassenverkehr dürfe jeder darauf vertrauen, dass sich die anderen ordnungsgemäss verhielten, hielt er in der mündlichen Urteilsbegründung fest.
An jener Stelle ohne Zebrastreifen hätten Velo- und Autofahrer mitten in der Nacht nicht mit vielen Passanten zu rechnen, schon gar nicht mit liegenden. Eine tiefere Geschwindigkeit oder ständige Bremsbereitschaft sei in dieser Situation, anders als etwa in Schulhausnähe um 9 Uhr vormittags, nicht zu fordern.
Für eine pflichtwidrige Sorgfaltspflichtverletzung - beispielsweise durch eine allfällige Ablenkung - gebe es keine Beweise, meinte der Richter weiter. Zudem bliebe vieles unklar, etwa wie die Frau auf die Fahrbahn gelangt sei und wie lange sie dort gelegen habe. Mit ihrem Verhalten habe sie, auch wenn sie stark betrunken und bekifft gewesen sei, auch in höchstem Grad selbstgefährdend gehandelt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann vors Zürcher Obergericht gezogen werden. (sda)
Eine Frechheit der Familie, auch noch das Leben des Fahrers ruinieren zu wollen.